DFB-Team im Aufschwung: Fünf Lehren nach dem Weltmeister-Duell

Deutschland nach dem WM-Debakel

Selten war Fußball-Deutschland so gespannt auf ein Länderspiel nach einem Turnier wie auf die Partie gegen Frankreich. Das Spiel gegen den Weltmeister bot zwar kein Tore, dafür aber einige erste Erkenntnisse.

Joshua Kimmich auf der Sechs mit einer starken Leistung, Marco Reus im Sturmzentrum ohne Durchschlagskraft, und eine Viererkette mit vier Innenverteidigern: Das sind die wichtigsten Erkenntnisse der Nullnummer der deutschen Nationalmannschaft gegen Weltmeister Frankreich:

Löws Maßnahmen wecken Hoffnung für die Zukunft

War das 0:0 gegen Frankreich ein gelungener Neustart? Sky Reporter Uli Köhler mit einem Kommentar.

1. Kimmich: Sechser-Kandidat mit Zukunft

Nach dem Verzicht auf Sami Khedira war die Sechserposition vakant. Löw überraschte mit dem Einsatz des eigentlichen Rechtsverteidigers Kimmich. "Nach der WM war das ein Gedanke, dass ich im taktischen Bereich Maßnahmen ergreifen muss. Jo Kimmich hat das in seiner Jugend schon einige Male gespielt. Er hat das sehr gut gemacht", sagte Löw.

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Kimmich war präsent, zweikampfstark, ballsicher. Der 23-Jährige sei, so der Bundestrainer, auf Dauer "sicherlich eine gute Lösung". Löw macht durch die Versetzung des Münchners aber rechts hinten eine neue Baustelle auf, auch wenn Matthias Ginter dort solide spielte.

Manuel Neuer: Hätte bis zur 35. Minute in der Kabine bleiben können und war dann bei den Chancen von Giroud und Griezmann zur Stelle. Hielt tadellos seinen Kasten sauber - NOTE: 2
Matthias Ginter: Mit dem Gladbacher hätte kaum jemand in der Startelf gerechnet. Machte rechts ein gutes Spiel und wäre fast mit einem Kopfball erfolgreich gewesen. Nur seine Flanken waren so harmlos wie ein Yogakurs ... NOTE: 3
Mats Hummels: Dürfte mit der Rückwärtsbewegung seiner Kollegen deutlich zufriedener gewesen sein als noch bei der WM. Vereitelte mit seinem Stellungsspiel gute Chancen und hatte vorne nach einem Konter sogar die Führung auf dem Fuß. NOTE: 2
Jerome Boateng: Ließ in der Innenverteidigung im Verbund mit Hummels nicht viele Chancen zu. Lieferte über 90 Minuten eine konzentrierte Vorstellung ab, seine Pässe im Spielaufbau kamen aber zu selten an. NOTE: 3
Antonio Rüdiger: Der neue ''Höwedes'' komplettierte die Ochsenabwehr und feierte links seinen Einstand. Wirkt in seinen Aktionen oftmals immer noch zu ungestüm und verpasste Pavard mit seinen Stollen ein schmerzhaftes Andenken. NOTE: 3
Joshua Kimmich: Von der rechten Seite ins Zentrum - der FCB-Star fügte sich in seiner neuen Rolle als Staubsauger gut ein. Sorgte für Stabilität und bestimmte den Rhythmus. Ein Modell mit Zukunft. NOTE: 2
Toni Kroos: Die Absicherung durch Kimmich wirkte sich positiv auf sein Spiel aus. Überzeugte mit einer enorm hohen Passquote und nimmt einen Pokal mit nach Hause, denn vor dem Anpfiff wurde er als ''Fußballer des Jahres'' ausgezeichnet. NOTE: 3
Leon Goretzka: Er machte es sich in seinem neuen Wohnzimmer gemütlich und agierte sehr unauffällig. Seine Läufe in die Tiefe blieben wirkungslos und er hatte bis zu seiner Auswechslung in der 65. Minute die wenigsten Ballkontakte. NOTE: 5
Thomas Müller: In Russland hing er an der Ladestation, jetzt ist sein Akku wieder voll. Er war die Fleißbiene, sprühte vor Ehrgeiz und bestritt die meisten Zweikämpfen. Jetzt muss es nur noch wieder ''müllern''. NOTE: 3
Timo Werner: Gewohnt lauffreudig wechselte der Angreifer mit Müller häufig die Seiten. Sorgte mit seinen Antritten für ordentlich Betrieb, aber kam selbst zu selten zum Abschluss. NOTE: 3
Marco Reus: Der ''Rolls Reus'' war bis zur 64. Minute nur im zweiten Gang unterwegs und hatte dann die größte Chance des Spiels. Scheiterte mit seinem Schuss an Areola und bereitete die Chance von Hummels vor. In der 83. Minute war Schluss - NOTE: 4
Ilkay Gündogan: Neue Frisur für den Neustart. Kam in der 65. Minute für Goretzka (es gab vereinzelte Pfiffe) und traute sich mit zwei Schusschancen immerhin endlich mal wieder etwas zu. Blieb ansonsten unauffällig. NOTE: 4
Leroy Sane: Kam in der 83. Minute für Reus und konnte bei seinem Kurzeinsatz keine Akzente mehr setzen. NOTE: -

2. Viererkette mit vier Innenverteidigern ist keine Dauerlösung

In Brasilien 2014 setzte Löw einige Male vier Innenverteidiger in der Viererkette ein - nun wiederholte er das Experiment, um die Defensive zu stärken. Es soll eine Ausnahme bleiben.

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"Gegen Frankreich war das das Richtige (...). Dauerhaft ist das nicht die richtige Lösung", sagte Löw. Er will grundsätzlich nicht nur in der Abwehrkette künftig variabler auf den jeweiligen Gegner reagieren. Ein Problem bleibt aber: Bis auf Kimmich gibt es auf den defensiven Außen wenig Klasse.

Die Stimmen zum Spiel im Überblick

Das sagen Bundestrainer Joachim Löw, Mats Hummels, Toni Kroos, Joshua Kimmich und Co. zum Spiel gegen Frankreich.

3. Im Angriff fehlt weiter die Durchschlagskraft

Seit dem Rücktritt von Miroslav Klose 2014 ist Löw im Sturmzentrum auf der Suche. Mario Gomez füllte die Lücke bis zu seinem Rücktritt im Sommer nur bedingt. Timo Werner startete furios und gilt weiter als großes Versprechen.

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Inzwischen agiert der junge Leipziger aber auf dem Flügel, um dort seine Schnelligkeit besser auszuspielen. Gegen Frankreich durfte sich Marco Reus vorne austoben - ohne Wucht. Ein gefährlicher Torabschluss, das war's. Löw muss weiter fahnden.

4. Die Fans sind zur Versöhnung bereit

Das Münchner Publikum empfing die Mannschaft mit einem großen Herz und verabschiedete sie mit freundlichem Applaus. "Trotz dieser WM haben uns die Fans unterstützt und angefeuert, das ist erfreulich", sagte Löw.

Boateng: Gab keinen Grund zum Pfeifen

Die Anhänger honorierten den Willen der Mannschaft zur Wiedergutmachung. "Das hat uns allen sehr gut getan und war so nicht unbedingt zu erwarten. Ein Riesenkompliment", sagte Reus.

5. Es war nur ein erster Schritt zu alter Stärke

Er könne mit Ergebnis und Spiel "sehr gut leben", sagte Löw, fügte aber an: "Wir glauben jetzt nicht, dass mit einem einzigen Spiel alles vergessen ist. Wir müssen weiterhin gute Ergebnisse erzielen."

Nach dem Länderspiel am Sonntag gegen Peru wird es für die DFB-Elf im Oktober in der Nations League in den Niederlanden und in Frankreich wieder ernst. Einen Rückfall sollte die DFB-Elf vermeiden. (sid)

Müller scherzt: Nur positive Fragen?