Selten war Fußball-Deutschland so gespannt auf ein Länderspiel nach einem Turnier wie auf die Partie gegen Frankreich. Das Spiel gegen den Weltmeister bot zwar kein Tore, dafür aber einige erste Erkenntnisse.
Joshua Kimmich auf der Sechs mit einer starken Leistung, Marco Reus im Sturmzentrum ohne Durchschlagskraft, und eine Viererkette mit vier Innenverteidigern: Das sind die wichtigsten Erkenntnisse der Nullnummer der deutschen Nationalmannschaft gegen Weltmeister Frankreich:
1. Kimmich: Sechser-Kandidat mit Zukunft
Nach dem Verzicht auf Sami Khedira war die Sechserposition vakant. Löw überraschte mit dem Einsatz des eigentlichen Rechtsverteidigers Kimmich. "Nach der WM war das ein Gedanke, dass ich im taktischen Bereich Maßnahmen ergreifen muss. Jo Kimmich hat das in seiner Jugend schon einige Male gespielt. Er hat das sehr gut gemacht", sagte Löw.
Kimmich war präsent, zweikampfstark, ballsicher. Der 23-Jährige sei, so der Bundestrainer, auf Dauer "sicherlich eine gute Lösung". Löw macht durch die Versetzung des Münchners aber rechts hinten eine neue Baustelle auf, auch wenn Matthias Ginter dort solide spielte.
2. Viererkette mit vier Innenverteidigern ist keine Dauerlösung
In Brasilien 2014 setzte Löw einige Male vier Innenverteidiger in der Viererkette ein - nun wiederholte er das Experiment, um die Defensive zu stärken. Es soll eine Ausnahme bleiben.
"Gegen Frankreich war das das Richtige (...). Dauerhaft ist das nicht die richtige Lösung", sagte Löw. Er will grundsätzlich nicht nur in der Abwehrkette künftig variabler auf den jeweiligen Gegner reagieren. Ein Problem bleibt aber: Bis auf Kimmich gibt es auf den defensiven Außen wenig Klasse.
3. Im Angriff fehlt weiter die Durchschlagskraft
Seit dem Rücktritt von Miroslav Klose 2014 ist Löw im Sturmzentrum auf der Suche. Mario Gomez füllte die Lücke bis zu seinem Rücktritt im Sommer nur bedingt. Timo Werner startete furios und gilt weiter als großes Versprechen.
Inzwischen agiert der junge Leipziger aber auf dem Flügel, um dort seine Schnelligkeit besser auszuspielen. Gegen Frankreich durfte sich Marco Reus vorne austoben - ohne Wucht. Ein gefährlicher Torabschluss, das war's. Löw muss weiter fahnden.
4. Die Fans sind zur Versöhnung bereit
Das Münchner Publikum empfing die Mannschaft mit einem großen Herz und verabschiedete sie mit freundlichem Applaus. "Trotz dieser WM haben uns die Fans unterstützt und angefeuert, das ist erfreulich", sagte Löw.
Die Anhänger honorierten den Willen der Mannschaft zur Wiedergutmachung. "Das hat uns allen sehr gut getan und war so nicht unbedingt zu erwarten. Ein Riesenkompliment", sagte Reus.
5. Es war nur ein erster Schritt zu alter Stärke
Er könne mit Ergebnis und Spiel "sehr gut leben", sagte Löw, fügte aber an: "Wir glauben jetzt nicht, dass mit einem einzigen Spiel alles vergessen ist. Wir müssen weiterhin gute Ergebnisse erzielen."
Nach dem Länderspiel am Sonntag gegen Peru wird es für die DFB-Elf im Oktober in der Nations League in den Niederlanden und in Frankreich wieder ernst. Einen Rückfall sollte die DFB-Elf vermeiden. (sid)