Die deutsche Nationalmannschaft hat ihr letztes Testspiel vor der WM 2018 gewonnen. Gegen "Fußballzwerg" Saudi-Arabien gab's allerdings statt des erwarteten Kantersiegs nur ein mühsames 2:1 (2:0). Zudem sorgte die "Erdogan-Affäre" um Ilkay Gündogan und Mesut Özil erneut für Unmut.
Timo Werner (8.) und ein Eigentor von Omar Othman (43.) ließen zur Pause kaum einen Zweifel am ersten deutschen Sieg nach fünf Spielen aufkommen. Die Mannschaft zeigte sich nach dem enttäuschenden 1:2 in Österreich bemüht, Wiedergutmachung zu leisten, und hätte höher gewinnen können. Der Abwehrverbund aber zeigte gegen die Nummer 67 der Welt eindeutig zu viele Wackler.
Reus bewahrt die Ruhe
So gelang dem Gast noch das Anschlusstor: Taiseer Al-Jassim (85.) verkürzte per Nachschuss nach Foulelfmeter auf 1:2. Der für Manuel Neuer zur Pause eingewechselte Marc-Andre ter Stegen hatte zuvor den Strafstoß von Mohammed Al-Sahlawi nach Foul von Sami Khedira pariert.
"Es gibt keine kleinen Mannschaften mehr", sagte Reus in der ARD: "Wir haben es aber in einigen Bereichen nicht gut gemacht. Wir sind in viele Konter gelaufen, die Lücken waren zu groß. Aber wir sind eine Turniermannschaft, wir haben noch eine Woche Zeit. Deutschland muss sich keine Sorgen machen."
Pfiffe gegen Gündogan
Mehr als manche Unkonzentriertheit ärgerte Löw, dass Gündogan bei seiner Einwechslung (57.) und jedem Ballkontakt ausgepfiffen wurde. Verzweifelt versuchte der Bundestrainer, das Publikum umzustimmen - vergeblich. Gündogan hatte an der Seite von Mesut Özil den umstrittenen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen und damit für Wirbel gesorgt. Der angeschlagene Özil (Knieprellung) saß auf der Bank.
Doch es gab auch positive Erkenntnisse: Kapitän Neuer strahlte in seinem zweiten Länderspiel nach überstandener Fußverletzung abermals Ruhe und Souveränität aus. Mit Wiederbeginn wurde er von Stellvertreter ter Stegen ersetzt. Boateng, der nach seiner Adduktorenverletzung sechs Wochen nicht gespielt hatte, bekam ebenfalls nur 45 Minuten. Anfangs war ihm die fehlende Praxis anzumerken, aber er gewann an Sicherheit.
Löw mit der besten Elf
Vier Tage vor dem Abflug nach Moskau legte Löw die Karten auf den Tisch: Die Elf, die 30.210 Zuschauer in der ausverkauften BayArena sahen, dürfte auch zum WM-Auftakt am 17. Juni (17:00 Uhr) gegen Mexiko auflaufen. Einzig Weltmeister Özil könnte noch ins Team rücken, sofern er fit wird.
Und was die Fans zu sehen bekamen, war zunächst durchaus ansprechend. Gegen körperlich schwache Saudis machte das DFB-Team sofort Druck, Positionswechsel sorgten für Unruhe. Besonders auffällig: Reus, der Werner das 1:0 nach einem langen Pass von Joshua Kimmich auflegte. Kurz darauf traf der Dortmunder den Pfosten (11.).
Stammspieler zurück im Team
Wie für Boateng war die Partie auch für Toni Kroos sowie Mats Hummels und Thomas Müller ein Härtetest. Alle drei Spieler hatten beim enttäuschenden 1:2 in Österreich noch gefehlt, ihre Rückkehr tat dem deutschen Spiel gut. Die "grünen Falken", die am Donnerstag gegen Gastgeber Russland das WM-Eröffnungsspiel bestreiten, kamen nur selten über die Mittellinie. Ihre spielerische Unterlegenheit versuchten sie bisweilen, mit Härte wettzumachen. Kroos (20.) und Kimmich (23.) bekamen dies schmerzlich zu spüren.
Dies zusammen mit der Führung und der schwülen Witterung führte zu einem Bruch im deutschen Spiel. Im Angriff ging die Zielstrebigkeit verloren, in der Defensivarbeit häuften sich die Nachlässigkeiten. Neuer oder Boateng schimpften immer wieder über mannschaftstaktische Fehler.
Müller-Tor wird aberkannt
Werner (32.) und Sami Khedira (37.) per Direktabnahme nach einer Reus-Flanke verpassten das 2:0. Einem regulären Treffer von Müller wurde die Anerkennung versagt (41.), ehe Othman einen Hackenball des Bayern-Profis unglücklich ins eigene Netz verlängerte.
In der zweiten Hälfte hatten Draxler (50.) und Müller (55.) weitere Treffer auf dem Fuß. Löw nutzte die zweiten 45 Minuten zu weiteren personellen Experimenten, wodurch der Spielfluss gehemmt wurde. In der Schlussphase musste die deutsche Mannschaft gar um den Sieg bangen. (sid)