Amin Younes ist einer der Spieler der Stunde und spätestens nach seinem Traumtor gegen die Bayern in aller Munde.
Im ersten Teil des großen Exklusiv-Interviews mit Sky Sport spricht der 27 Jahre alte Offensivspieler über den Höhenflug von Eintracht Frankfurt in der Bundesliga. Zudem äußert er sich zu seiner bemerkenswerten Jubel-Geste für die Opfer von Hanau und die Nationalmannschaft.
Sky Sport: Frankfurt befindet sich im Höhenflug, Sie sind der Spieler der Stunde. Vom Bundestrainer hat es viel Lob gegeben, auch von ihrem Trainer Adi Hütter. Wie geht es Ihnen damit?
Amin Younes: Lob und Bestätigung sind immer schön. Gerade von solchen Persönlichkeiten. Ich bin aber auch im Hier und Jetzt, sehe die tägliche Arbeit und bin froh über die gesamte Entwicklung. Was ich möchte, ist, dass es so weitergeht und ich bin einer, der alle mit einbeziehen möchte. Ich stehe nicht alleine da, von wegen Spieler der Stunde. Ich habe den Menschen hier viel zu verdanken. Ich muss auch dem Trainer danken und dem ganzen Staff. Ich hab mich hier von Tag eins an wohlgefühlt. Das trägt viel dazu bei, dass ich auch so aufspielen kann.
Sky Sport: Man sieht es. Auch die Art und Weise, wie Sie das Tor gegen Manuel Neuer erzielt haben. Die Gewissheit, sich vor niemandem verstecken zu müssen - ist das das Grundgefühl, mit dem Sie auf den Platz gehen?
Younes: Ja, definitiv. Man muss aber auch sagen, dass alles zum richtigen Zeitpunkt kommt. Vorher waren auch gute Spiele dabei, in denen man viel Selbstvertrauen tanken konnte. Und das konnte man gegen Bayern mitnehmen. Trotzdem ist es hier in Deutschland und auch anderswo so, dass vor allem über die Jungs geredet wird, die letztendlich die Treffer oder schöne Tore machen. Wenn ich dann aber sehe, wie Martin (Hinteregger) hinten gegen Lewandowski spielt, den momentan besten Spieler der Welt, dann relativiert das vieles und erklärt, warum ich so aufspielen kann. Weil die Jungs da hinten wie Tuta, N'Dicka, Hasebe oder Rode die "Drecksarbeit" machen und wir dadurch unsere Leichtigkeit haben können. Das ist einfach so und ist auch nicht dahergeredet. Das ist Fakt.
Sky Sport: Die Leichtigkeit, die Sie ansprechen, war nicht immer da. Ihre Mannschaft hat sich in vielen Spielen der ersten Saisonhälfte schwer getan und viele Punkte liegen lassen. Was ist da im Dezember passiert? Die letzte Niederlage gab es am 11.12. gegen Wolfsburg ...
Younes: Klar, wenn du so eine Serie mit vielen Unentschieden hast, ist es auch normal, dass du nicht dieses Selbstvertrauen hast, das wir uns gerade erarbeiten. Aber auch in diesen Spielen war nicht alles schlecht. Es waren viele unglückliche Momente dabei. Ich denke da an das Spiel gegen Union Berlin, das ist gefühlt noch nicht mal richtig losgegangen und wir waren schon 0:2 hinten. Wir haben es noch mal rumgerissen und dann im letzten Moment noch ein Gegentor bekommen. Jetzt ist das Quäntchen Glück öfter mal auf unserer Seite. Die Bayern haben zum Beispiel eine super zweite Halbzeit gespielt. Die hätten auch nochmal ein Tor schießen können. Aber wir haben momentan das Selbstvertrauen und manchmal auch das Glück, dass so etwas nicht passiert. Dazu sind wir in den entscheidenden Momenten des Spiels präsent und machen die richtigen Dinge. Ich finde, wir haben schon beim 3:3 gegen Gladbach ein gutes Spiel gemacht. Gegen Augsburg ist dann der Knoten geplatzt. Dann ging es einfach los. Es kam ins Rollen.
"Ganz viel Spaß auf dem Platz"
Sky Sport: Sie stehen sinnbildlich für den Aufschwung. Trotzdem haben sie eine gewisse Eingewöhnungszeit gebraucht und jetzt spielen Sie auf einem sehr hohen Niveau. In erster Linie ist es natürlich ihre eigene Leistung, aber wie Sie gesagt haben, gehört auch ein funktionierendes Team und ein Trainer dazu. Können Sie noch ein bisschen ins Detail gehen?
Younes: Wie gesagt, ich bin nach Frankfurt gekommen, hatte tolle Gespräche und jeder hat an mich geglaubt. Und ich habe die nötige Zeit bekommen. Ich glaube, der Verein hat auch schnell erkannt, wo Defizite sind und wo ich noch etwas aufholen muss. Mir wurde das Gefühl gegeben: "Wir gehen das jetzt von Schritt zu Schritt an. Wir gucken, dass du die Spiel-Fitness bekommst, dass wir dich auf ein gutes Niveau wieder kriegen", auch mit der Achillessehnenverletzung, die ich hatte. Das ist so ein bisschen das Geheimnis.
Der Trainer vertraut mir, wofür ich sehr dankbar bin, und tagtäglich wird von jedem Einzelnen gute Arbeit geleistet - das ist fantastisch. Das macht Spaß und gibt mir ein Riesen-Vertrauen. Das möchte ich dann auch zurückzahlen. Vielleicht habe ich ein Element mitgebracht, dass der Mannschaft bis dahin gefehlt hat. Vielleicht ein Element, dass das Puzzle komplett gemacht hat. Ich bin einfach sehr froh, dass ich mit meiner Art Fußball zu spielen, der Mannschaft so helfen kann.
Sky Sport: Sie stehen mit der Eintracht aktuell auf einem Champions-League-Platz. Ist das der Antrieb, im kommenden Sommer im Konzert der ganz großen mitzuspielen - hoffentlich dann mit Fans?
Younes: Definitiv. Auch wenn ich mir die Reaktion im Netz ansehe. Für mich ist es auch kein Zufall, was gerade passiert. Abgesehen davon, dass es eine Siegesserie ist: Es ist die Art und Weise, wie wir die Spiele gewinnen, die einfach auch überzeugend ist. Das muss ich ganz klar sagen. Das Gefühl auf dem Platz ist, dass es ganz viel Spaß macht, diese Spiele zu spielen. Ich glaube, dass die anderen Mannschaften zwar keine Angst vor uns haben, aber schon das Gefühl haben, da kommt eine richtig gute Truppe. Das ist ein schönes Gefühl.
Die Leute haben gerade in dieser Zeit der Pandemie, Spaß und Freude an uns. Ich bin überglücklich, dass wir ihnen das bieten können. Letztendlich ist Fußball auch Entertainment und Zuschauer-Sport. Deswegen ist es umso schlimmer, dass die Leute nicht im Stadion sein können. Ich hoffe, dass sich die Situation bald ändert. Ich bin mir auch sicher, dass wir mit den Fans dann auch noch das eine oder andere Tor mehr schießen.
"Das letzte Mal in der Jugend Zehner gespielt"
Sky Sport: Inwieweit könnte es ein Schlüssel für Sie persönlich aber auch für das Team gewesen sein, Sie auf der Doppel-Zehn einzusetzen?
Younes: Es fällt mir echt schwer, über so etwas zu reden. Als Filip Kostic verletzt war, habe ich auch öfter mal auf der linken Seite gespielt. Das war auch nicht verkehrt oder schlecht. Ich finde das schon ziemlich bemerkenswert, dass Eintracht Frankfurt und die Trainer das erkannt haben. Ich habe das letzte Mal in der Jugend Zehner gespielt. Jetzt mit den zwei Zehnern, das finde ich fantastisch. Die Mischung mit Daichi Kamada daneben ist gut.
Aber auch wenn Aymen Barkok dort spielt, ist die Mischung sehr gut. Es gibt einen Freiraum. Ich finde, dieses System, wie wir es taktisch spielen, passt sehr, sehr gut zu uns. Dennoch bin ich ein Spieler, der auch sehr variabel und flexibel sein kann. Bei Ajax habe ich im 4-3-3 sehr viel Linksaußen gespielt. Es ist doch für mich überraschend, dass es mit diesem System so gut klappt, weil ich es selbst vorher auch nie so gespielt habe. Aber umso schöner für mich und noch eine Option mehr.
Sky Sport: Sie haben mit 27 Jahren schon einiges in Ihrer Karriere erlebt. Ist das aktuell der beste Amin Younes aller Zeiten?
Younes: Da tue ich mich auch wieder schwer. Ich habe auch bei Ajax eine sehr, sehr gute Zeit gehabt. Auch in Gladbach damals unter Lucien Favre. Ich bin einfach auch reifer geworden und jetzt in einem guten Fußballer-Alter. Ich habe vieles lernen dürfen, ich habe gute Trainer gehabt. Aber momentan würde ich schon sagen, dass ich in einer sehr, sehr guten Form bin und gefühlt auch in der bisher besten Form meiner Karriere.
Das Interview führte Alexander Bonengel.
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