Auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern ging es hitzig zur Sache. Als "die schlimmste Veranstaltung, die ich je beim FC Bayern erlebt habe", bezeichnete Ehrenpräsident Uli Hoeneß die JHV. Dabei war es insbesondere das herablassende Verhalten der FCB-Bosse, dass bei den Mitgliedern nicht gut ankam.
Großer Applaus brandete im Audi Dome für Michael Ott auf.
Das Mitglied des FC Bayern hatte auf der JHV seinen Antrag zur Beendigung des Sponsorenvertrags mit Qatar Airways vorgelesen. Dieser fand hörbar große Zustimmung bei den Fans, was den Bayern-Bossen so gar nicht gefiel.
"Der FC Bayern München e.V. wirkt unter Nutzung sämtlicher ihm zur Verfügung stehenden erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Einflussmöglichkeiten dahingehend auf die FC Bayern München AG ein, dass Sponsoring-Verträge mit Qatar Airways oder anderen mehrheitlich im Eigentum des Emirats Katar stehenden Unternehmen zum nächstmöglichen Zeitpunkt auslaufenden gelassen und nicht verlängert oder neu abgeschlossen werden", hieß es im Antrag von Ott.
Bayern-Bosse kanzeln Wortmeldungen ab
Auf die Einreichung des Antrags am 22. Oktober hatte das FCB-Mitglied laut eigener Aussage im Vorfeld der JHV erst nach dreieinhalb Wochen die Antwort bekommen, dass die Verantwortlichen bisher noch keine Zeit zur Bearbeitung jenes gekommen sei.
Anschließend habe Ott keine weitere Reaktion mehr erhalten. Auf der JHV hoffte er am Rednerpult dann auf einen Diskurs mit den Bossen.
Zum Durchklicken: So turbulent lief es auf früheren JHVs der Bayern ab
"Ich weiß schon, dass ich heute nicht der Liebling des Abends werde, aber es ist auch nicht meine Aufgabe, Everybody's Darling zu sein", unterbrach ihn Vizepräsident Prof. Dr. Dieter Mayer harsch und bekam daraufhin lautstarke Buhrufe von den Mitgliedern zu hören. Mayer und auch Präsident Herbert Hainer versprachen Ott, dass am Ende der Veranstaltung noch über Katar gesprochen werde.
Doch dazu kam es nicht. Obwohl noch zahlreiche Wortmeldungen ausstanden und der Diskurs über die brisante Katar-Thematik ausstand, schloss Hainer die Rednerliste ohne Stellung zum Thema zu beziehen oder Ott noch einmal zu Wort kommen zu lassen. "Es hat mich fassungslos gemacht", meinte Ott einen Tag später im exklusiven Interview mit Sky Sport News.
Ott-Antrag als "unzulässig" abgewunken
Lediglich zu Beginn der JHV sprach der Ex-Adidas-Chef das Thema kurz an. Vizepräsident Mayer hatte danach in einem kurzen Statement auf die Entscheidung des Landgerichts München I hingewiesen, das wenige Stunden vor der JHV einen Antrag zur Beendigung des Katar-Sponsorings zurückwies. Dieser sollte daher im Audi Dome nicht zur Debatte stehen. Mayer bezeichnete den Vorstoß Otts daher als "unzulässig".
"Der FC Bayern hat Michael Ott juristisch ausgetrickst. So geht man einfach nicht um mit Mitgliedern. Das wird Herbert Hainer vor die Füße fallen", meinte Sky Bayern-Reporter Uli Köhler zum Ablauf der Katar-Debatte. Der gesamte FCB-Vorstand hatte die Diskussionen um Katar und die Bedeutung des Antrags für die Fans des deutschen Rekordmeisters offensichtlich unterschätzt.
Die Reaktionen der Bosse wirkten herablassend und arrogant. Dass das Katar-Thema einfach hinten vom Tisch fiel, sorgte für Unverständnis. "Hainer hat auf der Versammlung gesagt, man würde sich jedem Diskurs stellen. Auch der Prof. Dr. Mayer hat mir gesagt, man würde sich argumentativ mit dem Thema auseinandersetzen. Aber danach wurde mir jede Redemöglichkeit untersagt, das hat mich dann schon überrascht", kritisierte Ott.
Versprochener Diskurs findet nicht statt
Dabei wollen die Bayern-Verantwortlichen schon seit Jahren in Diskussionen mit ihren Anhängern treten. Doch trotz aller Versprechungen warten die Fans noch immer auf einen Dialog. Die Reaktion der Mitglieder: Die ausgearbeitete Satzungsneufassung der Bayern-Bosse wurde auf der JHV mit deutlicher Mehrheit abgeschmettert. Zudem wurde gegen den Willen des Präsidiums ein Fan-Antrag zur Aufnahme der UN-Menschenrechtskonvention in die Satzung aufgenommen.
Es wirkt längst so, als haben die Bayern-Bosse durch ihr Verhalten den Verein gespaltet und die eigenen Mitglieder gegen sich aufgebracht. Statt sich auf Diskurse mit den Anhängern einzulassen, werden unangenehme Themen lieber auf öffentlichen Kriegsschauplätzen ausgetragen. Im Notfall werden die Mitglieder bis vor das Gericht getrieben.
"Ich habe noch mit zahlreichen Mitgliedern nach der JHV geredet. Es war eigentlich jeder schockiert oder fassungslos, wie die Versammlung so ablaufen konnte. Im Endeffekt muss man sagen, es war eine Musteranleitung, wie sich der Fußball von seinen Fans entfremden kann. Es war sehr enttäuschend", meinte Ott zum Auftreten der FCB-Führungsspitze.
Kommunikationsdefizite bei der Führungsspitze
Ott sei während der Veranstaltung "fast schon verzweifelt, unzählige Male zum Schalter für Wortmeldungen gelaufen, um mein Redeinteresse zum Ausdruck zu bringen, aber das wurde eben alles ignoriert." Die Meinungen der Mitglieder scheinen den Bossen egal zu sein. Ihre Positionen dürfen die Anhänger nicht einmal mehr zum Ausdruck bringen.
"Es wurde den Bossen zu viel. Aber sie sitzen dem FC Bayern vor und müssen daher diese Dinge auch aushalten können. Die Bosse sind schon seit Jahren keine guten Kommunikatoren", kritisierte auch Sky Reporter Köhler und Bayern-Insider das Verhalten. Dadurch verspielt die Führungsspitze nicht nur nach und nach ihre Sympathien, sondern auch das Vertrauen in sie.
"Es müssen beide Seiten austüfteln, damit es einen besseren Rahmen geben kann, um über dieses Thema zu diskutieren. Wenn man mit seinem Partner einen Streit ausfechtet, ist es auch besser, wenn man das nicht am Marienplatz macht, sondern in einer etwas privateren Atmosphäre. Vielleicht auch mit einem Mediator", äußerte sich FCB-Trainer Julian Nagelsmann auf der Pressekonferenz vor dem Ligaspiel gegen Arminia Bielefeld (Samstag, ab 18.30 Uhr live auf Sky) zu den Diskussionen.
FC Bayern gibt gespaltenes Bild ab
Bis es dazu kommt, will Ott erst einmal die "offenen Wunden verheilen lassen". Im Anschluss sei ein Gespräch aber weiterhin auf jeden Fall "sinnvoll". Denn so gibt der FC Bayern in der Öffentlichkeit kein gutes Bild ab. Die Risse innerhalb des Vereins sind klar erkennbar. Dass sich etwas am Auftreten der Bosse ändern muss, ist nicht erst seit den Pfiffen und "Hainer-raus-Rufen" im Audi Dome deutlich geworden.
"Diese Jahreshauptversammlung wird noch länger nachhallen. Das hat schon ein sehr klares Zeichen gesetzt. Das wird auch angekommen sein bei den Bossen", ist sich Ott sicher. Ob die Stimmen der Mitglieder zur Bayern-Führungsspitze dieses Mal durchdringen, bleibt jedoch abzuwarten.
Für den FC Bayern wäre es vor allem auch aus sportlicher Sicht allerdings sinnvoll, wenn Bosse und Mitglieder aufeinander zu gehen würden und das Kriegsbeil begraben. Ein konstruktiver Diskurs würde dabei guttun.
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