Der FC Bayern hat die Pflichtaufgabe gegen Arminia Bielefeld erfüllt und die Tabellenspitze zurückerobert. Dennoch sollte das mühsame 1:0 gegen den Tabellenvorletzten Warnung genug gewesen sein. Denn den Bayern fehlt aktuell die gewisse Leichtigkeit und Balance im Spiel, auch wenn Trainer Julian Nagelsmann Fortschritte zur peinlichen Augsburg-Pleite gesehen hat.
In der 71. Minute war der Bann endlich gebrochen. Jamal Musiala steckte den Ball wunderbar auf Thomas Müller durch, der nur noch querlegen musste, um den freistehenden Leroy Sane in eine exzellente Abschlussposition zu bringen. Letztgenannter hatte dann keine Probleme mehr, den an diesem Abend bärenstarken Bielefelder Schlussmann Stefan Ortega zu überwinden.
Parallelen zu Augsburg-Blamage erkennbar
Ein erlösender Treffer, der dem deutschen Rekordmeister am Ende die drei Punkte sicherte und dafür sorgte, dass sich die Münchner wieder vor den BVB geschoben haben, der am Nachmittag bereits in Wolfsburg mit einem 3:1-Sieg vorgelegt hatte.
So groß die Erleichterung auch gewesen sein mag, so darf auch nicht unterschlagen werden, dass sich die Bayern erneut - wie schon am vergangenen Spieltag in Augsburg - sehr schwer getan und die gewisse Leichtigkeit vermissen lassen haben. Gewisse Parallelen waren durchaus zu erkennen.
Dem FCB fehlten gerade im letzten Drittel Ideen, um die tiefstehenden Bielefelder in Bedrängnis zu bringen. Zwar erspielten sich Sane & Co. deutlich mehr Chancen, als es noch eine Woche zuvor beim FCA der Fall gewesen war, dennoch ließen die Bayern ihre Galligkeit und Konsequenz im Abschluss vermissen, um den Treffer zu erzwingen.
Auch die Balance im Bayern-Spiel hatte noch Luft nach oben. Der Underdog aus Bielefeld kam zwar kaum gefährlich vor das Tor von Manuel Neuer, doch die Münchner machten sich durch zu viele Ballverluste das Leben selbst schwer und ließen die Arminen damit am Leben, auch wenn die daraus kein Kapital schlagen konnten.
Neuer sieht ''maximalen Minimalsieg''
In dieselbe Kerbe schlägt auch Sky Experte Lothar Matthäus, der viele Schwächen in der Defensive gesehen hat. ''Zwar zu Null gespielt, aber man lässt einfach zu viel zu'', betonte der ehemalige Bayern-Spieler und ergänzte: ''Die Geschwindigkeit hat in Laufduellen gefehlt, und auch die Kompaktheit. Im Aufbauspiel hat man sich zu viele Fehler erlaubt, dadurch haben sie den Spielfluss auch häufig rausgenommen.''
Auch die Analyse von Sky Reporter und Bayern-Experte Torben Hoffmann fällt ähnlich aus. ''Ein Pflichtsieg, nicht mehr, nicht weniger'', resümierte der 47-Jährige, und erklärte dies wie folgt: ''Es waren zu viele Phasen im Spiel, wo die Bayern zu oft quer gespielt und versucht haben, mit Seitenverlagerungen die gut organisierte Defensive der Bielefelder auseinander zu ziehen. Wenn die Bayern schnell gespielt haben, waren sie erfolgreich.''
Dass die drei eingefahrenen Punkte gegen die Ostwestfalen mehr als glanzlos waren, ließ auch Neuer durchblicken, der den Dreier im Sky Interview als ''maximalen Minimalsieg'' eingeordnet hatte. Treffender hätte man diesen Sieg wohl kaum beschreiben können.
Dennoch hat Nagelsmann auch viele positive Dinge gesehen, die ihn zuversichtlich auf den kommenden Klassiker gegen Dortmund blicken lassen. ''Wir haben gegenüber Augsburg einen Schritt gemacht'', schilderte der Bayern-Coach im Gespräch mit Sky Reporter Patrick Wasserziehr.
Kann Tolisso als Kimmich-Ersatz auch in Dortmund bestehen?
Und weiter: ''Wir wollten im Gegenpressing aktiver sein und die Konterabsicherung besser gestalten. Am Ende hatten wir genügend Chancen, um das Spiel zu gewinnen. Es wurde immer mehr ein Geduldsspiel und du bist auch ein bisschen unter Druck, weil Dortmund gewonnen hat. Der Knoten ist dann durch ein sehr schön herausgespieltes Tor geplatzt. So ein 1:0 im Herbst tut auch mal gut, insgesamt haben wir gut verteidigt. Wir fahren voller Vorfreude als Tabellenführer nach Dortmund."
Dort müssen sich die Bayern aber weiter steigern, wenn sie auch nach dem 14. Spieltag ganz oben von der Tabellenspitze grüßen wollen. Denn der wiedererstarkte BVB um Rückkehrer Erling Haaland dürfte diese Nachlässigkeiten im Bayern-Spiel bestrafen.
Vor allem im zentralen Mittelfeld scheinen die Bayern anfällig zu sein. Corentin Tolisso machte seine Sache als Ersatz für Joshua Kimmich sehr ordentlich, dennoch hat er nicht dieselbe Präsenz wie der deutsche Nationalspieler und vielleicht auch nicht die Qualität, um das Spiel zu dirigieren und aufzubauen.
Bayern brauchen Stabilität im Mittelfeld
Hinzu kommt, dass sich Leon Goretzka in dieser Aufgabe auch nicht wirklich wohl fühlt und als Box-to-Box-Spieler viel lieber zwischen den gegnerischen Ketten rotiert. Dasselbe trifft auch auf Jamal Musiala zu, der gegen Bielefeld in Halbzeit zwei für Goretzka eingewechselt wurde und fast schon als zweiter Zehner agierte, was sich letztlich auch ausgezahlt hatte.
Es wird also wohl auch in Dortmund (Samstag, der 4. Dezember, ab 17:30 Uhr LIVE und EXKLUSIV auf Sky Bundesliga 1) auf Tolisso ankommen, wenn es darum geht, den defensiveren Part der beiden Sechser zu besetzen. Fakt ist: Die Bayern brauchen eine bessere Balance, um beim BVB nicht ins offene Messer zu laufen. Zudem muss die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor besser werden.
Gelingt den Bayern das, sollten sie auch im Signal Iduna Park sehr gute Chancen haben, zu gewinnen und damit einen großen Schritt Richtung Herbstmeisterschaft zu machen. Und vielleicht kommt dann der fehlende Glanz irgendwann auch ganz von alleine ...
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