Der FC Bayern wird sich unter Thomas Tuchel nicht grundlegend verändern. Das Flügelspiel, das einst Louis van Gaal angekurbelt hat, könnte unter dem neuen Trainer aber wieder mehr Bedeutung gewinnen. Davon würde besonders ein Duo profitieren. Jamal Musiala könnte zudem eine ganz spezielle Rolle einnehmen.
Thomas Tuchel gilt ähnlich wie Vorgänger Julian Nagelsmann als detailverliebt. Ihr fußballerischer Ansatz unterscheidet sich nicht fundamental. Beide setzen auf Ballbesitz, präzises Passspiel und eine geordnete Offensive.
Unter Nagelsmann wurden die Flügel allerdings nicht mehr so bespielt wie in den vergangenen Jahren. Louis van Gaal forcierte einst mit Arjen Robben und Franck Ribery das schnelle Flügelspiel in München.
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Tuchel wird dieses nun wieder mehr in den Fokus rücken. Davon geht zumindest Taktikexperte Constantin Eckner im Gespräch mit Sky aus. "Tuchel möchte die Eins-gegen-eins-Duelle forcieren, Davies in die Sprints schicken und auch Gnabry und Sane in Eins-gegen-eins-Situationen bringen." Schon beim FC Chelsea setzte Tuchel stark auf das Flügelspiel.
Sane & Gnabry könnten besonders profitieren
Tuchel könnte nun der richtige Mann sein, um die Stärken von Gnabry und Sane genau zu erkennen und einzusetzen. Das Duo hatte zuletzt nicht mehr zum Stammpersonal gezählt. Nagelsmann ließ Sane etwas mehr im Zentrum spielen. Auf dem Flügel könnte der Nationalspieler künftig nun wieder mehr über sein Tempo kommen und in die direkten Duell gegen die Verteidiger gehen.
"Ich kann mir vorstellen, dass Sane profitieren wird - auf Sicht hin zumindest", meint Eckner. "Sane ist technisch beschlagen, aber teilweise nicht immer fehlerfrei, wenn es darum geht, die richtigen Entscheidungen unter Druck zu finden." Wenn Tuchel erkennt, so Eckner, wo es bei Sane noch hakt, "könnte er darauf eingehen und ihn auf das nächste Level heben."
Der Wechsel von Tuchel zu Nagelsmann könnte auch ein wichtiges Zeichen für Winter-Neuzugang Joao Cancelo sein. Der portugiesische Nationalspieler galt zwar als Wunschspieler von Nagelsmann, regelmäßig zum Einsatz kam er jedoch nicht. Durch das von Tuchel wohl angestrebte dominantere Flügelspiel, könnte sich das aber nun ändern.
Spezielle Rolle für Musiala?
Tuchel, der wohl weiter mit einer Dreierkette agieren wird, hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er die Fähigkeiten seiner Spieler sehr genau bewerten kann und sie dann zielgerichtet einsetzt. In Paris etwa trieb er die Einbindung von Marquinhos ins Mittelfeld an, nutzte Thilo Kehrer als tiefstehenden Rechtsverteidiger und entwickelte für Neymar eine hybride Zehnerrolle. Apropos.
Solch eine besondere Rolle unter Tuchel wird voraussichtlich Jamal Musiala zustehen. Mit seiner genialen Technik auf engstem Raum verfügt Musiala über schier einzigartige Fähigkeiten, die Tuchel für das Spiel des FC Bayern nutzen möchte. "Ich kann mir vorstellen, dass Musiala der nächste Mason Mount wird", sagt Eckner.
Mount spielte beim FC Chelsea unter Tuchel als verkappter Zehner. Im Champions-League-Finale 2021 gegen Manchester City lief Mount nominell im 3-4-3-System links außen auf, agierte auf dem Platz jedoch als Spielmacher - mit Erfolg.
Was wird aus Mane?
Die Position vor Musiala hatte zuletzt stets Eric Maxim Choupo-Moting bekleidet. Der Angreifer spielte bereits in Mainz und bei Paris Saint-Germain unter Tuchel, erzielte in insgesamt 105 Pflichtspielen 26 Tore. "Zum dritten Mal, der arme Kerl", musste Tuchel lachen, als er das Trikot mit Choupo-Motings Nummer 13 nun in der Heimkabine des FC Bayern gesehen hat.
Auf den Kameruner war in den vergangenen Monaten Verlass. Kein Wunder, dass der Rekordmeister den Vertrag mit dem 34-Jährigen jüngst um ein weiteres Jahr verlängert hat. Eckner geht davon aus, dass Choupo-Moting auch in den kommenden Wochen eine wichtige Rolle für Tuchel einnehmen wird.
Etwas komplizierter könnte es dagegen für Sadio Mane werden. Der Star-Neuzugang blieb bei den Münchnern seit seinem Wechsel vom FC Liverpool zumeist hinter den Erwartungen. Zuletzt hatte ihn zudem eine mehrmonatige Auszeit wegen einer Verletzung des Wadenbeinköpfchens zurückgeworfen.
Tuchel kann mit Stars
Eckner sieht für Mane noch nicht die klassische Rolle in Tuchels System. "Tuchel wird aber auch für Mane noch versuchen, eine Rolle zu finden und das Optimale herauszuholen." Eckner weiß: "Tuchel lässt die wenigsten Spieler zurück, Weltklassespieler sowieso nicht."
Tuchel eilt zwar der Ruf eines schwierigen Charakters voraus, weiß aber sehr wohl, mit großen Spielern umzugehen. Er gilt als Kommunikator. Das hat er nicht zuletzt bei PSG mit Stars wie Neymar oder Kylian Mbappe eindrucksvoll unter Beweis gestellt. "Tuchel ist einer, der ein bisschen mehr auf die Spieler eingeht als es Nagelsmann getan hat", erklärt Eckner.
Sein Fazit: "Tuchel passt etwas besser zu den Bayern. Der große Unterschied zwischen den beiden ist in der Herangehensweise, wie ich mich als Trainer selbst verstehe. Tuchel sagt immer, er möchte die Spieler besser machen."
Dass er genau das kann, hat Tuchel schon mehrfach gezeigt.
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