FC Bayern: Babbel über Nagelsmann & Tuchel
Babbel: "Nagelsmann hat nicht gelernt"
24.03.2023 | 21:32 Uhr
Seit Freitagabend (24.03.) ist es offiziell: Julian Nagelsmann ist nicht mehr Trainer des FC Bayern. Sein Nachfolger heißt Thomas Tuchel. Markus Babbel spricht im Interview mit skysport.de über den Trainer-Hammer und analysiert die Fehler von Nagelsmann. Auf Tuchel hält der Europameister von 1996 große Stücke.
skysport.de: Herr Babbel, was sagen Sie zum Trainer-Hammer beim FC Bayern?
Markus Babbel: Einerseits hat mich der Zeitpunkt schon überrascht, andererseits hatte ich seit längerem das Gefühl, dass da irgendetwas nicht stimmt. Es ist nicht zu erklären, dass die Mannschaft solch überragende Leistungen abliefert wie gegen Paris, dann aber wieder einen totalen Stromausfall wie gegen Leverkusen hat. Wenn man bei solch einem Gegner so eine Nicht-Performance zeigt, gehen bei mir die Alarmglocken los. Die letzten Wochen waren nicht bayern-like. Es brodelt innerhalb der Mannschaft. Da sind jetzt viele Dinge vorgefallen, die nicht gut gehandhabt wurden. Wenn man von einem Trainer nicht mehr zu 100 Prozent überzeugt ist, muss man sich trennen. Die Bayern wollten mit Nagelsmann eine Ära prägen, das glaube ich ihnen auch. Aber es sieht so aus, dass er noch nicht so weit war.
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skysport.de: Am vergangenen Sonntag hatte Präsident Herbert Hainer in einem Interview noch gesagt, dass man langfristig mit Nagelsmann plane. Ein wertloses Bekenntnis. Wie denken Sie darüber?
Babbel: Das ist Bayern München. Mich hat das nicht überrascht. Es ist wie Franz Beckenbauer immer so schön gesagt hat: 'Was interessiert mich das Geschwätz von gestern.' Es muss jetzt irgendetwas vorgefallen sein, das den Offiziellen überhaupt nicht gepasst hat. Die Bayern haben den besten Kader, den der Klub je hatte. Wenn sich ein Gefühl entwickelt, dass zu viele Spieler ihre Leistung nicht bringen, dass es zu viele Undiszipliniertheiten gibt und man nicht weiß, wie die Mannschaft am Wochenende performt, dann ist das am Ende einfach nicht gut genug. Die Bayern haben mit Nagelsmann ihre Ziele nun zu gefährdet gesehen.
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Babbel vermisst Weiterentwicklung bei Nagelsmann
skysport.de: Wieso ist Nagelsmann beim FC Bayern aus Ihrer Sicht letztlich gescheitert?
Babbel: Mit seiner neuen Freundin (BILD-Reporterin Lena Wurzenberger; Anm.d.Red.) hat er ein Riesenproblem in die Kabine gebracht. Das weiß ich. Darüber hinaus gab es viele Dinge, die einen verwundert haben, wie beispielsweise die Trennung von Toni Tapalovic (Torwart-Trainer und Neuer-Vertrauter; Anm.d.Red.). Das hat mich mehr irritiert als das mit Nagelsmann. Ich habe zuletzt zudem die Weiterentwicklung vermisst. Julian ist ein Typ, der sehr gerne im Rampenlicht steht. Das bist du als Bayern-Trainer so oder so. Er hat aus dem ersten Jahr nicht gelernt. Es sind immer dieselben Themen, über die man diskutiert. Bei Bayern wird jede Aussage auf die Goldwaage gelegt. Dann verstehe ich nicht, wieso er es nicht verstanden hat, sich kürzer zu artikulieren. Große Trainer machen das. Nagelsmann sagt, er will sich nicht verstellen. Aber dann bist du eben kein Trainer für den FC Bayern. Ich glaube, Nagelsmann hat das Potenzial zum Bayern-Trainer, aber er muss wissen, was er will.
skysport.de: Glauben Sie, dass Manuel Neuer bei der Freistellung auch mit involviert war?
Babbel: Das kann ich mir nicht vorstellen. Neuer wird seinen Unmut sicherlich bei Hasan Salihamidzic vor Wochen geäußert haben.
skysport.de: Nagelsmann hatte von seiner Freistellung offenbar nichts geahnt, weilte im Ski-Urlaub. Das hätte man aus Bayern-Sicht auch anders regeln können, oder?
Babbel: Die Art und Weise hat mich jetzt etwas irritiert. Julian wusste nichts. Ich hätte mir schon gewünscht, dass man ihm das offen mitgeteilt hätte. Das passt aber zum Abschluss. Für mich ist das das i-Tüpfelchen auf dem Ganzen.
Babbel: "Das ist schmerzhaft"
skysport.de: Die Bayern hatten Nagelsmann 2021 für einen Betrag von 25 Millionen Euro von RB Leipzig geholt, er hat einen Vertrag bis 2026. Das wird teuer.
Babbel: Das ist schmerzhaft. Die Bayern wollten mit Nagelsmann eine Ära prägen. Sie waren zu 100 Prozent von ihm überzeugt. Sonst hätten die Bayern ihm nicht so einen Vertrag gegeben. Nichtsdestotrotz wollen sie jetzt ihre maximalen sportlichen Ziele erreichen.
skysport.de: Mit Thomas Tuchel soll das nun gelingen. Eine gute Wahl?
Babbel: Egal, wo er war: Tuchel war überall sehr erfolgreich. Für mich ist immer entscheidend, was Spieler danach erzählen. Erst vor ein paar Tagen hat Gianluigi Buffon, der viele große Trainer erlebt hat, von Tuchel geschwärmt und gesagt, dass er der intelligenteste Trainer von allen war. Das ist ein Ritterschlag für Tuchel.
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skysport.de: Tuchel eilt dennoch der Ruf eines schwierigen Charakters voraus. Gehen Sie da mit?
Babbel: Intern hat er natürlich seine klaren Vorstellungen. Ich sage aber nicht, dass er schwierig ist. Tuchel ist kein Trainer, mit dem man am Abend ein Bier trinken geht. Tuchel ist aber ein Typ, mit dem du auf einem sehr hohen Niveau über Fußball sprechen kannst. Entscheidend ist, dass der Trainer ein gutes Verhältnis mit der Mannschaft hat. Tuchel wird immer so hingestellt, als wenn man mit ihm nicht könnte. Das ist schon ein Mensch, mit dem man sich normal unterhalten kann.
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Babbel: Tuchel ist nicht der Kumpeltyp
skysport.de: Im ersten Spiel trifft Tuchel nun gleich auf seinen Ex-Verein, Borussia Dortmund (live und exklusiv am 01. April ab 18.30 Uhr auf Sky Sport Bundesliga 1). Da steckt viel Brisanz drin.
Babbel: Absolut. Die Spieler stehen jetzt natürlich wieder anders stramm. Auch Tuchel selbst wird sehr motiviert sein. Mit dieser Vergangenheit beim BVB möchte er dieses Spiel unbedingt gewinnen.
skysport.de: Was muss sich auf dem Platz unter Tuchel nun wieder ändern?
Babbel: Die Mannschaft hat es immer wieder ansatzweise auch gezeigt. Unter Nagelsmann haben sie zum Teil herausragend guten Fußball gespielt. Da hatte die Mannschaft eine hohe Intensität, eine hohe Bereitschaft, eine hohe Wachsamkeit. Immer dann waren sie stark. Es waren aber immer wieder diese Aussetzer dabei. Die Spieler haben sich nicht weiterentwickelt.
skysport.de: In den vergangenen Monaten war einiges los beim FC Bayern. Haben Sie den Eindruck, dass nach der Ära Hoeneß/Rummenigge gerade etwas in die falsche Bahn läuft?
Babbel: Uli Hoeneß hat nicht angefangen und gleich alles richtig gemacht. Für Kahn und Salihamidzic ist es ein Lernprozess, sie werden täglich neu dazulernen. Hoeneß und Rummenigge haben Wahnsinniges für den Verein geleistet. Man sollte den Leuten nun aber etwas Zeit geben. Wenn ich sehe, welchen Sprung Hasan Salihamidzic von seinem ersten Tag an bis jetzt gemacht hat, das ist eine sensationelle Entwicklung. Für Oliver Kahn gilt genau dasselbe.
Das Interview führte Fabian Schreiner.
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