Bei der FIFA Frauen WM in Australien und Neuseeland kommt es zum geballten Treffen der Topspielerinnen. Ob Renard, Putellas oder Bayerns Neuzugang Harder - auf den großen WM-Coup hoffen viele Stars.
Die FIFA Frauen WM vom 20. Juli bis 20. August in Australien und Neuseeland bietet den weltbesten Fußballerinnen eine große Bühne. Beim vergangenen Turnier 2019 glänzten vor allem die von Megan Rapinoe angeführten US-Spielerinnen, diesmal wollen auch andere für Schlagzeilen sorgen. Sky Sport stellt vor Turnierbeginn elf internationale Topstars vor.
Tor:
Mary Earps (England): Als Earps die Wahl zur Welttorhüterin des Jahres 2022 gewann, hatte sie ein wesentliches Argument auf ihrer Seite: den EM-Titel im eigenen Land. Lediglich zweimal musste die 30 Jahre alte Torfrau von Manchester United in den sieben Turnierspielen hinter sich greifen. Bei der WM will die frühere Wolfsburgerin ihre Klasse erneut beweisen, vielleicht auch als Tänzerin. Nach dem EM-Triumph gegen Deutschland im Vorjahr enterte sie bei der Pressekonferenz von Cheftrainerin Sarina Wiegman nicht nur den Saal, sondern gleich das Pult. Seither ist «Mary Earps dancing» ein Hit in den sozialen Medien.
Abwehr:
Lucy Bronze (England): Die Rechtsverteidigerin mit Vorwärtsdrang gewann in dieser Saison bereits einen internationalen Titel. Mit dem FC Barcelona triumphierte sie im Finale der Champions League nach 0:2-Rückstand noch mit 3:2 gegen den VfL Wolfsburg. Dass die 31-Jährige dabei das erste Gegentor verschuldete, blieb deshalb eine Randnotiz. Ihre normalerweise vorhandenen defensiven Qualitäten sind dem etwas breiteren Fachpublikum spätestens seit 2020 bekannt - da wurde Bronze als erste Abwehrspielerin zur Weltfußballerin gekürt.
Wendie Renard (Frankreich): Am Tag des WM-Eröffnungsspiels feiert die «Grande Dame» des französischen Fußballs ihren 33. Geburtstag. Seit über 15 Jahren sammelt Renard Trophäe um Trophäe: 15 Mal wurde sie französische Meisterin, neunmal Pokalsiegerin, achtmal holte sie die Champions League, ausnahmslos mit Olympique Lyon. Schlagzeilen machte sie im Frühjahr, als die Weltklasse-Verteidigerin nach knapp 140 Länderspielen ihren Rücktritt verkündete. Unüberbrückbare Differenzen mit der umstrittenen Nationaltrainerin Corinne Diacre waren der Grund. Am Ende musste Diacre gehen, Hervé Renard ersetzte sie - und Renard kam zurück.
Fridolina Rolfö (Schweden): Wie so etliche Weltklasse-Spielerinnen ist auch die einst beim FC Bayern und dem VfL Wolfsburg aktive Rolfö inzwischen beim FC Barcelona angestellt. Ihren Wert für das spanische Starensemble unterstrich die 29-Jährige erst im jüngsten Champions-League-Finale wieder. Gegen Wolfsburg schoss Rolfö das 3:2-Siegtor, dabei bekleidete die technisch versierte Schwedin die Rolle als Linksverteidigerin in der Viererkette. In der Nationalelf dürfte sie wieder weiter vorn zu finden sein.
Mittelfeld:
Megan Rapinoe (USA): Bei der vergangenen WM in Frankreich war Rapinoe die mit Abstand prägendste Figur des Turniers, was neben starker Leistungen auf dem Platz vor allem mit ihren politischen Statements zusammenhing. Im Falle eines WM-Triumphs gehe sie nicht ins «fucking White House», hatte sie angekündigt. Schließlich sei Donald Trump, damals US-Präsident, ein Sexist und Rassist. Das Singen der US-Hymne überließ Rapinoe aus Protest anderen, nicht aber das Toreschießen. Ihr verwandelter Elfmeter zum 1:0 im Finale gegen die Niederlande (2:0) war ihr sechster Turniertreffer. Als beste Torschützin, beste Spielerin und neue gesellschaftspolitische Ikone reiste Rapinoe wieder aus Frankreich ab. Ob die 38-Jährige bei dieser WM sportlich noch die Alte ist, muss sich zeigen. Bei ihren politischen Prinzipien darf man sicher davon ausgehen.
Alexia Putellas (Spanien): Die zweifache Weltfußballerin bietet viel Stoff für einen Hollywood-Film. «Das Freistoß-Schießen habe ich damals mit Mülltonnen auf der Straße trainiert», sagte sie in einem Interview der Zeitung «La Vanguardia» über ihr Aufwachsen in einfachen Verhältnissen. Schwierigkeiten haben das Privatleben und die sportliche Karriere der 29-Jährigen stets geprägt. Als 18-Jährige musste sie den viel zu frühen Tod ihres Vaters verkraften. Wegen eines Kreuzbandrisses verpasste sie wenige Tage vor Turnierbeginn die EM 2022. Nun will Barças Spielmacherin bei der WM glänzen - vielleicht mit einem Freistoß-Tor im Endspiel.
Caroline Hansen (Norwegen): Der «Kicker» vergleicht ihre Dribbelkünste mit denen des einstigen Bayern-Helden Arjen Robben, wohl zu Recht. Wenn Hansen über die rechte Seite angerauscht kommt, ist es für die gegnerische Defensive fast schon zu spät. Die 28-Jährige kann mit ihrem rechten Fuß punktgenaue Vorlagen liefern oder eben den Robben-Move machen: rechts antäuschen, Ball auf links legen, abschließen. Nach etlichen Titeln auf Vereinsebene in Norwegen, Wolfsburg und bei ihrem aktuellen Arbeitgeber FC Barcelona wäre ein WM-Triumph die vorläufige Krönung. Selbiges gilt für Lyons Ada Hegerberg (27), die Norwegens Auswahl 2017 aus Protest gegen die ungleiche Behandlung von Fußballerinnen und Fußballern verlassen hatte. Seit vergangenem Jahr ist Hegerberg zurück - einen Robben-Move ihrer Teamkollegin im Finale würde sie sicher goutieren.
Pernille Harder (Dänemark): Mit ihren 30 Jahren blickt die ab der kommenden Saison für den FC Bayern spielende Dänin schon auf einige Stationen und noch mehr nationale Titel in Schweden, Deutschland (Wolfsburg) und zuletzt in England (Chelsea) zurück. An einer WM hat Europas Fußballerin der Jahre 2018 und 2020 aber noch nie teilgenommen. Bei Dänemarks letzter Qualifikation für ein Weltturnier (2007) lief Harder, die Wolfsburg für die damalige Weltrekordsumme von 350 000 Euro verlassen hatte, noch nicht im Nationaldress auf. Inzwischen ist sie Kapitänin und würde sich über ein WM-Finale gegen Schweden sicher freuen: Beim WM-Dritten von 2019 verteidigt Harders Partnerin Magdalena Eriksson - die nach der WM ebenfalls von Chelsea nach München wechselt.
Sturm:
Samantha Kerr (Australien): Die große Hoffnung des australischen Nationalteams heißt Samantha «Sam» Kerr. Wo das Tor steht, weiß die 29 Jahre alte Stürmerin des FC Chelsea bestens. Die Rekordtorjägerin der «Matildas», wie das australische Frauen-Nationalteam genannt wird, hat auch schon mehrmals in der starken US-Liga die Torjägerinnenkrone geholt. Nach drei Viertelfinalteilnahmen bei einer WM wollen es die Matildas mit Heimvorteil und Superstar Kerr diesmal noch weiter schaffen. Die Sturmführerin beherrscht neben dem Toreschießen auch den Torjubel - ihr gelegentlich zelebrierter Rückwärtssalto genießt Kultstatus.
Marta (Brasilien): Brasiliens Legende will es noch einmal wissen. An fünf WM-Turnieren hat Marta, inzwischen 37 Jahre alt, schon teilgenommen, dabei mehr Tore (17) erzielt als jede andere. Nur den Titel konnte die sechsmalige Weltfußballerin noch nicht holen. 2023 soll der letzte Versuch werden, danach will sie von der WM-Bühne abtreten. Erlebt hat sie auf dieser viel. Besonders bitter: 2007 verlor die Ballkünstlerin mit der «Seleç¦o Brasileira Feminina» im Endspiel 0:2 gegen Deutschland, beim Stand von 0:1 hatte Brasiliens Nummer 10 den Ausgleich per Strafstoß verpasst. Diesmal droht ihr nach einer verletzungsbedingt schleppenden Vorbereitung zunächst die Joker-Rolle.
Alex Morgan (USA): Wie Megan Rapinoe, Alexandra Krieger, Carli Lloyd, Tobin Heath (alle USA) und Birgit Prinz (Deutschland) stand auch Alex Morgan bereits in drei WM-Endspielen. Die vergangenen beiden Finalpartien (2015 und 2019) gewann die 34 Jahre alte Topstürmerin mit den USA, nun strebt sie nach dem Hattrick. Das würde auch ihre Fans in den sozialen Medien freuen. Dort weiß sich Morgan prächtig zu inszenieren, auf Instagram etwa folgen ihr knapp über zehn Millionen Fans. Eine sportlich glanzvolle Karriere gewinnbringend zu verkaufen, hat Morgan wie kaum eine andere Profifußballerin geschafft. Nachfolgerin könnte in dieser Hinsicht ihre ebenfalls im US-Aufgebot stehende Kollegin Trinity Rodman werden. Die hoch veranlagte 21-Jährige stieg im vergangenen Jahr bereits zur bestbezahlten US-Kickerin auf - und steht als Tochter von NBA-Legende Dennis Rodman ohnehin im Licht der Scheinwerfer.