Kolumne: Matthäus über Bayern, die Nagelsmann-Aussagen und Lewandowski

Matthäus: Habe Verständnis für die Nagelsmann-Aussagen

Von Lothar Matthäus, Fußball Experte

Image: ''So sehe ich das'' - die Sky Kolumne von Lothar Matthäus.

In seiner Kolumne "So sehe ich das" schwärmt Sky Experte Lothar Matthäus vom Bayern-Auftritt gegen Gladbach, bewertet die Aussagen von Julian Nagelsmann und erklärt, warum der deutsche Rekordmeister ohne Lewandowski sogar besser ist.

All denen, die nach dem 1:1 der Bayern gegen Gladbach der Meinung sind, dieses Ergebnis würde der Liga etwas Hoffnung auf Spannung im Meisterkampf machen, muss ich ganz klar entgegnen: das Gegenteil ist der Fall! Wenn die Bayern in jedem Spiel so spielen wie gegen Borussia Mönchengladbach, dann wird das der größte Start-Ziel-Sieg der letzten 15 Jahre. Dieses Spiel macht keine Hoffnung auf eine enge Meisterschaft, sondern war eher eine Drohung dahingehend, dass die Bayern mit einem noch nie dagewesenen Abstand Meister werden.

Wäre ich Bayern-Trainer, würde ich nach diesem Spiel so ruhig schlafen wie noch nie. Wie das Team von Julian Nagelsmann 90 Minuten in einer Art und Weise Fußball gespielt hat, ist einfach nur geil. Ein Tempo, eine Dominanz, Chancen, Abschlüsse, Kombinationen - unfassbarer Fußball. Wenn die Bayern diese Art beibehalten, dann werden sie nicht nur mit unzähligen Punkten Vorsprung Meister und holen den DFB-Pokal, sondern dann sind sie für mich auch endlich wieder ein ganz, ganz großer Favorit auf den Titel, den sie unbedingt gewinnen wollen - nämlich die Champions League.

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Bayern hätte 9:0 gewinnen können

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Was war das für ein Fußball-Abend in der Allianz Arena? Eine Stimmung auf den Rängen, die ich so in München in der Bundesliga noch nie erlebt habe. Eine Mannschaft, die mitreißenden, packenden, attraktiven, ja ich will sagen sensationell schönen Fußball gespielt hat. Also mehr kann man wirklich nicht verlangen.

Ja, Borussia Mönchengladbach hat sich aufgrund der aufopferungsvoll und niemals aufgebenden Art und Weise den Punkt total verdient. Mit einem Yann Sommer, der an diesem Tag kein Torwart, sondern ein Magnet war. Für Gladbach ist es wundervoll und ich freue mich natürlich sehr für meinen Ex-Verein. Aber das Spiel hätte locker 9:0 ausgehen können. Wenn irgendeiner der vielen Torschüsse zu einem früheren Zeitpunkt die Linie überquert hätte, hätte der FC Bayern Borussia Mönchengladbach eine ganz empfindliche Niederlage zugeführt.

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Bayern ist ohne Lewandowski nicht schlechter

Solche Spiele gibt es, die hat jeder Profi mal erlebt. Es sollte einfach nicht sein und man steht am Ende mit viel weniger da, als möglich gewesen wäre. Aber Hoffnungen für die anderen, Sorgen für die Bayern oder sonst irgendetwas in der Richtung: Niemals! Ich habe Hasan Salihamidzic jetzt in den vergangenen Wochen ein ums andere Mal für seine Transfer-Politik gelobt. Ich mache das jetzt ein allerletztes Mal und das war es mit diesem Thema. Julian Nagelsmann dreht sich im Vergleich zur letzten Saison während des Spiels in Richtung Auswechselbank und sieht de Ligt, Gnabry, Musiala, Gravenberch und so weiter. In der letzten Saison hätte der leicht angeschlagene Musiala am Samstag spielen müssen. Jetzt ist es so, dass er das ohne Qualitätsverlust moderieren kann und Woche für Woche das Beste sowie fitteste Team spielen kann - und alle sind herausragend.

Ich weiß gar nicht mehr, wie die Spieler hießen, die vor Kurzem noch auf der Bank saßen. Man stelle sich nur mal vor, Brazzo wäre es auch noch gelungen, für Tolisso und Süle Ablöse zu generieren. Dann wäre die Transfer-Bilanz der Bayern finanziell auch noch ausgeglichen gewesen. Das hätte dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt. Aber auch so waren Käufe und Verkäufe das Beste, was man seit Langem auf dem Transfermarkt gesehen hat.

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Natürlich kann man jetzt sagen, dass das Spiel gegen Gladbach mit Robert Lewandowski gewonnen worden wäre. Ja, er hätte eine der vielen Chancen definitiv verwandelt. Auf der anderen Seite hätte es vielleicht diese Chance-Fülle nicht gegeben. Es war eine Vollgas-Veranstaltung vom FC Bayern, wie ich sie so selten gesehen habe. Robert ist jetzt in Barcelona, verzaubert nun die Fans anderen Mannschaft und das freut mich für ihn. Am Ende hat jeder, was er wollte und schlechter ist diese Bayern-Mannschaft mit Sicherheit nicht geworden. Ganz im Gegenteil.

Nagelsmann stand unter enormen Druck

Nagelsmann kann nach so einer Performance mit sich und seinem Team zu 100 Prozent zufrieden sein. Und ich nehme an, dass auch langsam der Druck ein bisschen abgenommen hat, den er merklich am Samstag bis weit nach dem Spiel verspürt hat. Ja, auch er steht in dieser Saison vielleicht so sehr wie noch nie unter Beobachtung und unter enormen Erfolgsdruck. Das hat man ihm am Samstag sehr deutlich angemerkt. Sowohl bei seinem Tête-à-Tête mit dem vierten Offiziellen als auch über die gesamten 90 Minuten und selbst beim Gespräch am Topspiel-Tisch mit Sebastian Hellmann, Julia Simic und mir war Julian sehr aufgebracht.

Ich kann das verstehen, so wie ich alle Emotion der Trainer verstehen kann. Auch die von Pellegrino Matarazzo, der in Köln die Rote Karte gesehen hat. Julian wurde vom Schiedsrichter auch verwarnt. Allerdings zu Unrecht, denn er hat sich über die Gelbe Karte für Joshua Kimmich beschwert und die war unangebracht. Matarazzo wurde allerdings zurecht verwarnt.

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Lob an die Fans in den Stadien

Spieler können vom Platz fliegen und so eben auch die Trainer. In meinen Augen müssen sie sich dann eben etwas besser im Zaum halten oder beim nächsten Spiel zuschauen. Diskutiert wird auch die Formulierung von Julian Nagelsmann, der nach seinem Zwist mit einem Unparteiischen von "Arschloch-Frage" sprach. Ich finde das völlig in Ordnung. Es sind Fußballer, Arschloch ist in Bayern eine eher flapsige Formulierung und ich finde die Wort-Kreation "Arschloch-Frage" sogar kreativ. Vielleicht übernehme ich sie in meinen Sprachgebrauch. Wir sollten nicht immer Emotionen und Typen fordern und dann bei jeder Kleinigkeit den Menschen über den Mund fahren.

Ja, Nagelsmann steht unter Druck, auch weil Salihamidzic ihm einen Eins-mit-Sternchen-Kader zur Verfügung gestellt hat. Aber wie gesagt: Cool bleiben Julian! Das was ihr am Samstag gezeigt habt, war einfach nur großartig. Ein Lob auch an die Fans in allen deutschen Stadien. Man merkt förmlich, wie die Zuschauer nach den letzten Jahren nach ihrer Mannschaft lechzen und sie voller Herzblut, Liebe und Leidenschaft positiv anfeuern.

Sky Experte Didi Hamann findet bei Sky90 deutliche Worte für Julian Nagelsmanns Schiedsrichter-Schelte nach dem Remis des FC Bayern gegen Gladbach (Videodauer 2:02 Minuten)

Ob in Freiburg, Köln, Schalke oder München. Was in dieser Saison bisher auf den Rängen los ist, finde ich fantastisch. Die Saison macht bisher richtig viel Spaß. Wenn jetzt auch noch bei Modeste und dem BVB der Knoten platzt und die Dortmunder ihre Spiele gewinnen, ihren Stürmer mit Flanken füttern und den Bayern auf den Fersen bleiben, dann werden wir noch sehr lange, sehr viel Freude an unserer Bundesliga haben.

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