Lothar Matthäus spricht in seiner Kolumne über die Position von Max Eberl bei der Trainersuche des FC Bayern und die Feierlichkeiten bei Bayer Leverkusen nach dem ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte.
Die Trainersuche beim FC Bayern wird immer skurriler. Auch mit Thomas Tuchel konnte sich der Klub nicht einigen und sucht nun gefühlt seit einer Ewigkeit nach einem neuen Coach. Man kann es einfach nicht allen Leuten recht machen, die derzeit bei der Suche mitreden. Und genau das ist das große Problem bei dem Verein.
Matthäus über Hoeneß: "Man muss auch mal loslassen"
Man hat Max Eberl geholt, weil man an seine Qualitäten glaubt, aber er kann und darf keine Entscheidungen treffen. Stattdessen redet man ihm von rechts, von links, von oben und von unten rein. Max hat ein gutes Netzwerk, ist lang genug dabei und man sollte ihn jetzt machen lassen, aber wahrscheinlich ist es so, dass bei den Bayern nach wie vor immer noch Leute mitreden, die keine offizielle Funktion mehr haben.
Ich rede da zuallererst von Uli Hoeneß. Uli verdient den allergrößten Respekt für seine Verdienste in der Vergangenheit. Er hat Bayern München zu einem der größten und finanzstärksten Klubs der Welt gemacht. Trotzdem: Man muss auch mal loslassen. Er hat vor vier Jahren losgelassen und Oliver Kahn sowie Hasan Salihamidzic installiert. Das war damals seine Idee, die er aufgrund seiner Position durchgesetzt hat, obwohl sie von anderen durchaus kritisch beäugt wurde.
Es war rückwirkend betrachtet für den FC Bayern nicht unbedingt die beste Lösung und vielleicht mischt er sich jetzt ein, weil er den Fehler von damals korrigieren will. Man hat zwar unter Kahn die Champions League gewonnen, aber stand oft in den Schlagzeilen, hat viele Strukturen verändert und beispielsweise auch das Gehaltsniveau massiv angehoben. Ich rede dabei nicht von Spielern wie Manuel Neuer und Robert Lewandowski, die den Unterschied ausmachen, sondern von anderen vermeintlichen Stars, die ähnliche Gehälter bekommen haben.
Max Eberl ist nicht zu beneiden
Vielleicht hat all das Uli etwas aufgeweckt, aber der Blick muss nun in die Zukunft gehen und dort müssen dann irgendwann auch mal andere Leute entscheiden dürfen, denn diese Unstimmigkeiten im Verein helfen keinem weiter. Trainer sagen reihenweise ab, die Fans werden ungeduldig und Max Eberl ist nicht zu beneiden.
Ich würde mich freuen, wenn Max irgendwann alleine eine Entscheidung treffen kann und nicht warten muss, dass sechs Leute drumherum ein klares "Ja" geben. Das muss Max intern auch klar ansprechen. Er muss jedem deutlich zu verstehen geben, dass er für den sportlichen Bereich verantwortlich ist und dass die Bayern nächste Saison ohne Trainer dastehen, wenn jede seiner Ideen verhindert wird, weil irgendjemand dagegen ist.
Ich bin auch sicher, dass Max das machen wird, denn er wurde schließlich nicht als Übergangslösung verpflichtet und so wie es gerade läuft, kann es nicht weitergehen, denn die Bayern brauchen ja nicht nur einen neuen Trainer, sondern auch neue Spieler.
Bayern nächste Saison nicht der Favorit
Manuel Neuer hat deutlich einen Umbruch gefordert. Man wird sehen, wie groß dieser ausfällt. Es steht mir nicht zu, zu beurteilen, welche Spieler aus dem aktuellen Kader gehen müssen. Das ist auch nicht meine Aufgabe und hängt zudem auch mit dem neuen Trainer zusammen. Ich denke aber, dass der FC Bayern auch in der aktuellen Besetzung eine Mannschaft hat, die Bayer Leverkusen jederzeit gefährlich werden kann. Die Spieler brauchen etwas Selbstvertrauen, aber es fehlen der Zusammenhalt und das Miteinander, weil man es im Verein nicht vorgelebt hat.
Stand jetzt ist der FC Bayern in der kommenden Spielzeit daher auch nicht der Favorit auf die Meisterschaft. Vor wenigen Jahren war dies noch unvorstellbar, aber dies ist aktuell Realität. Ich glaube auch nicht, dass das Münchner Festgeldkonto noch so gefüllt ist wie vor ein paar Jahren. Bayern München ist immer gefährlich, aber Bayer Leverkusen ist schon einen Schritt voraus. Aufgrund der Harmonie, der Stabilität auf und neben dem Platz ist Bayer Leverkusen als einer der verdientesten Meister überhaupt sicherlich auch nächstes Jahr der Favorit auf den Titel.
Zusammenhalt in Leverkusen imponiert
Apropos Titel und Leverkusen. Die Mannschaft von Trainer Xabi Alonso hat es tatsächlich geschafft und ist ungeschlagen Deutscher Meister geworden. Herzlichen Glückwunsch, was für eine Leistung. Ich war am Samstag bei den Feierlichkeiten hautnah dabei und muss sagen: Es war komplett anders als die Jahre zuvor in München. Was mir imponiert hat, war der Zusammenhalt in Leverkusen. Es ist wie eine Familie und sie haben alle mitgenommen.
Er war beispielsweise sehr gut organisiert, dass die Fans keinen Platzsturm gemacht haben. Stattdessen ist die Mannschaft zu den Fans gegangen und hat der Kurve die Schale gegeben. So fühlten sich die Fans als ein Teil dieser Familie. Es war ein Dankeschön des Klubs an die Anhänger, die den Verein immer unterstützt haben, sowohl in dieser Saison, als sie mal zurücklagen, aber auch die Jahre zuvor, als es nicht so lief.
Ein Rekord für die Ewigkeit
Die Mannschaft hat jetzt noch zwei Endspiele vor sich. In der Europa League ist Atalanta Bergamo sicher ein starker Gegner, denn Liverpool wirft man nicht einfach so raus, aber für mich ist Bayer dennoch der leichte Favorit aufgrund der Serie von 51 ungeschlagenen Spielen und der gezeigten Leistungen. Und im DFB-Pokal sind die Rollen gegen Zweitligist Kaiserslautern ohnehin klar verteilt.
Die Meisterschaft ohne Niederlage einzufahren, ist schon etwas Einmaliges. Ich wurde 1986/87 einmal mit nur einer Pleite Meister, aber wir haben damals ausgerechnet gegen Leverkusen zu Hause 0:3 verloren. Wenn Bayer jetzt sogar auch im Pokal und in Europa ohne Niederlage bleibt, ist das wahrscheinlich ein Rekord für die Ewigkeit.
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