Lothar Matthäus nimmt in seiner Kolumne Stellung zu den jüngsten Aussagen von Bayern Münchens Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß über Trainer Thomas Tuchel. Der Sky Experte ordnet das Thema im Kontext der Trainersuche ein und hat einen Ratschlag für den Verein.
Mit seinen Aussagen über Thomas Tuchel hat Uli Hoeneß leider wieder einmal ganz weit am Ziel vorbeigeschossen. Ich habe immer gedacht, dass Hoeneß und Tuchel miteinander können und ich sehe auch keinen Grund für Hoeneß' Äußerungen.
Es ist aber nicht das erste Mal, dass er Dinge nach außen getragen hat. Uli kann man nicht stoppen, in solchen Momenten überlegt er nicht. Wir alle machen Fehler und sagen mal etwas Unbedachtes, aber Uli hat seine Aussagen ja (in der Podiumsdiskussion der FAZ) sogar noch ausgeweitet. Man wird ihm keine Interviews verbieten können, er wird immer wieder mal gefragt und es gibt eben auch Momente, in denen er vielleicht nicht vorbereitet ist und irgendetwas durcheinanderbringt.
Das wird Tuchel nie zu ihm gesagt haben
Vielleicht hat er auch nicht richtig zugehört. Tuchel wird nie zu ihm gesagt haben: "Ich kann Pavlovic oder Musiala nicht besser machen." Ein Trainer kann sagen: "Der Spieler hat so viel Talent, aber ich kann ihn nicht besser machen. Ich gebe mir jeden Tag Mühe, aber er zieht nicht mit." Das wäre aber eine völlig andere Aussage.
Ich bin total auf Tuchels Seite, wenn dieser sich in seiner Trainer-Ehre gekränkt fühlt. Hoeneß könnte im Gespräch unter Männern sagen: Okay, ich habe da etwas falsch verstanden. Aber ich weiß nicht, ob er dazu bereit ist.
Hoeneß bekommt viele Dinge gar nicht selbst mit
Ich habe nicht so einen engen Kontakt zu Uli, ich weiß nicht, was er mit solchen Äußerungen bewirken oder provozieren will. Ob er das aus dem Moment oder aus einer Laune heraus macht. Viele Dinge bekommt er gar nicht selbst mit. Vergangene Woche habe ich zufällig erfahren, dass er zu jemandem gesagt hat: "Lothar hat Demichelis bei Bayern ins Spiel gebracht." Aber ich habe niemanden ins Spiel gebracht, das war Markus Othmer (BR-Journalist in der Sendung Sky90).
Entweder muss Uli sich richtig informieren lassen von jemandem, der die Medien genau liest oder schaut und die Informationen 1:1 an ihn weitergibt, oder jemand flüstert ihm Dinge zu, die nicht der Wirklichkeit entsprechen.
Für das Gesamtprojekt Bayern München der ungünstigste Moment
Man kennt es seit Jahrzehnten, dass Hoeneß immer wieder mal einen raushaut. Aber man hat die zwei wichtigsten Spiele der Saison vor der Brust (das Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid am Dienstag, ab 20:30 Uhr im Liveticker), für den Verein ist diese Unruhe alles andere als gut. Thomas Tuchel hat sowieso nur noch fünf, inklusive CL-Finale hoffentlich sechs Spiele als Bayern-Trainer vor sich.
Das Ganze macht Max Eberl die Gespräche mit Ralf Rangnick auch nicht einfacher. Solche Äußerungen kommen nie zu einem günstigen Moment, aber für das Gesamtprojekt Bayern München ist es sicher der ungünstigste Moment.
Man muss Uli Hoeneß ab und zu beschützen
Vielleicht muss der Verein einmal zu Hoeneß sagen: "Uli, wir lieben dich und danken dir für alles, was du bei uns gemacht hast. Aber bitte höre auf, solche Interviews zu geben."
Ich meine das gar nicht negativ gegen Uli, aber man muss ihn ab und zu vor sich selbst beschützen, denn er schadet mit so etwas nicht nur dem FC Bayern, sondern auch sich selbst. Uli macht alles für den Verein, er hat immer sein Herz für den FC Bayern gegeben, sich sozial engagiert und allen geholfen. In solchen Situationen muss man ihn aber schützen oder ihm jemanden zur Seite stellen, der ihm erklärt, was oder wozu er lieber nicht sagen sollte.
Hoeneß schadet damit der Bayern-Familie
Wenn er jemanden von Real Madrid attackiert hätte, um vor dem Champions-League-Halbfinale Unruhe zu stiften, wie er es früher vor wichtigen Spielen in der Bundesliga gemacht hat, dann hätte ich es verstanden. Aber in diesem Fall schadet er seiner eigenen Familie, der Bayern-Familie.
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