Der Meisterkampf in der Premier League elektrisiert die Fans. Der Titelverteidiger jagt Tabellenführer Arsenal und spürt den Atem des Stadtrivalen Manchester United.
Im exklusiven Interview mit Sky-Reporter Sven Töllner bewertet Manchester-City-Star Ilkay Gündogan die Lage an der Tabellenspitze und bezieht Stellung in der Debatte um Erling Haaland.
Sky: Die Leistungsdichte in der Premier League erhöht sich von Jahr zu Jahr offenbar immer mehr. Ist es aktuell die anspruchsvollste Saison, die Sie in England je gespielt haben?
Gündogan: Das kann gut sein. Natürlich bringt jede Saison ihre Schwierigkeiten mit sich. Auch wenn es mal leicht aussehen mag - das ist es nie. Arsenal spielt derzeit auf einem sehr hohen Niveau, Manchester United sitzt uns im Nacken. Die Mannschaften werden jedes Jahr besser. Manchmal muss man die Schuld bei sich selbst suchen und erkennen, dass man nicht gut genug gespielt hat. Insgesamt wird die Herausforderung aber immer größer. Gegen uns - eine Mannschaft, die in den letzten fünf Jahren vier Meistertitel geholt hat -, sind die meisten Gegner zudem sicher extramotiviert, uns das Leben besonders schwer zu machen.
Sky: Der nächste Gegner Aston Villa hat die letzten zwölf Spiele in Etihad verloren - besteht trotzdem Stolpergefahr?
Gündogan: Definitiv! Diese Bilanz hat nichts zu sagen - zumal sie auch seit dieser Saison einen neuen Trainer (Unai Emery, die Red.) haben, der die Premier League und speziell uns richtig gut kennt. Dazu Top-Spieler, die uns im Hinspiel schon Probleme bereitet haben. Beim 1:1 haben wir zwei Punkte liegen gelassen. Die werden gegen uns alles geben. Das macht die Verantwortung nur noch größer, drei Punkte einzufahren. Mit der Distanz, die wir derzeit zu Arsenal haben, fühlt sich jedes Spiel wie ein Finale an.
Sky: Es ist sehr lange her, dass Manchester City zwei Spiele hintereinander verloren habt. Was bedeutet das nach der Niederlage gegen Tottenham für den kommenden Gegner?
Gündogan: Der Ansatz ist für jedes Spiel anders - wir haben uns in Tottenham in den letzten Jahren selten richtig gut angestellt. Die jüngste Niederlage war natürlich frustrierend, aber jetzt wartet eine Aufgabe, die davon unabhängig ist. Die Qualität spricht für uns - die Vorzeichen sind so, dass wir das Spiel gewinnen müssen.
Sky: Erling Haaland hat in 20 Saisonspielen 25 Tore erzielt - dennoch wird darüber diskutiert, ob er zum ManCity-Stil passt. Wie bewerten Sie die Debatte?
Gündogan: Wer 25 Tore in 20 Spielen schießt, der passt zu einer Mannschaft! Unser Spiel ist durch Erlings Qualitäten ein bisschen anders geworden. Sowohl er als auch die Mannschaft müssen sich darauf einstellen. Wir haben in dieser Konstellation schon herausragende Spiele gemacht, und ich kann mich daran erinnern, dass vor ein paar Wochen noch alles hochgejubelt wurde. Für uns ist es wichtig, ruhig zu bleiben. Wir müssen erkennen, dass wir in den letzten Spielen nicht gut genug waren - das gilt für jeden einzelnen. Jeder muss in den Spiegel schauen und wissen, dass er eine Schippe drauflegen muss. Wenn wir die Lücke zu Arsenal schließen wollen, dürfen wir uns keine Fehler mehr leisten.
Sky: Sind Sie überrascht, dass Arsenal derart stabil abliefert?
Gündogan: Nein! Sie haben einen Trainer, den ich sehr schätze und aus seiner Zeit bei uns gut kenne - da gibt es viele Ähnlichkeiten mit Pep. Deren Ansatz ist fast identisch wie unserer, und wenn man sich deren erste Mannschaft anschaut, ist doch klar, dass die an einem guten Tag mit jedem Gegner mithalten kann. Vor ein paar Wochen haben wir sie im FA-Cup geschlagen und gespürt, wie unangenehm es ist, gegen sie zu spielen. Wenn die den Ball haben, können sie andere Mannschaften bestrafen. Unsere Verantwortung ist es, gegen Aston Villa drei Punkte zu holen und dann nach London zu fahren und Arsenal zu schlagen.
Sky: Sie haben Arteta und Guardiola erwähnt - wird das auch ein Trainer-Duell auf allerhöchstem Niveau?
Gündogan: Auf jeden Fall. Man muss sich ja nur anschauen, mit welcher Konstanz beide Mannschaften auf höchstem Niveau auftreten. Arsenal spielt ausgezeichneten Fußball, hat viele große Mannschaften geschlagen. Wir wissen, was auf uns zukommt. Und Pep weiß natürlich sehr genau, was auf ihn zukommt. Da treffen die zwei besten Trainer der Liga aufeinander.
Sky: Die Meisterschaft wird am Mittwoch nicht entschieden. Wäre ein Sieg bei Arsenal dennoch ein Wirkungstreffer im Kampf um den Titel?
Gündogan: Das kann gut sein. Nach unserem 1:0-Sieg im Januar haben sicher auch einige drauf geschaut, was danach passiert ist (schmunzelt). Da ging es nicht nur um den FA-Cup. Das Resultat am Mittwoch wird natürlich wichtig sein für die Tabelle, aber es spielt sicher auch eine Rolle, wie jeder einzelne Spieler das Duell empfunden hat. Je nachdem, wie es ausgeht, kann das dann auch in der Folge einiges an Energie freisetzen.
Sky: Apropos Energie. Wie lange hat Ihnen das enttäuschende Abschneiden bei der WM zu schaffen gemacht?
Gündogan: Es gab ja kaum Zeit, das zu verarbeiten. Ich bin sehr schnell zurück in den Alltag gekommen - mit einem fließenden Übergang. Anders als in Deutschland, wo es ja nochmal eine Vorbereitung gab, hatte ich ein paar Tage frei und nach drei Trainingseinheiten stand das nächste Pflichtspiel an. Nach so einem negativen Erlebnis hatte dieser Ablauf sicher etwas Gutes.