"Hannover 96 macht aus 50+1 nun 50-1", so einfach erklärte Vorstandschef Uwe Krause die neu eingeleitete Ära des Bundesligisten. Der Aufsichtsrat hat dem Verkauf entscheidender Anteile an Martin Kind am Montagabend zugestimmt. Die Übernahme durch den 73-Jährigen war damit beschlossene Sache - nur die Zustimmung der DFL steht noch aus.
Einige Fans sind entsetzt und demonstrierten, doch der Weg zur absoluten Macht bei Hannover 96 ist für Martin Kind nun frei: Die "50+1-Regel" soll beim Bundesliga-Aufsteiger nach einem Beschluss des Aufsichtsrates zugunsten des Unternehmers gekippt werden. "Die Entscheidung war nötig. Jetzt gilt es, zukunftsorientiert zu arbeiten", sagte Kind am Dienstag: "Immer im Interesse von Hannover 96." Vorstandschef Krause beschrieb die Entscheidung als "kleinen Schritt für den Mutterverein, aber großen Schritt für Hannover 96."
Kind sprach bei einer Pressekonferenz von einem "moderaten und tragfähigen Modell" für 96, der dem Bundesligisten einen Wettbewerbsvorteil bringe und möglichen Investoren die Angst nehme. "Ich weiß nicht, ob Sie wollen - wenn Sie fünf Millionen Euro geben - ein Dritter über das Geld entscheidet", sagte Kind und sprach auch davon, dass 96 in Zukunft einmal "an die Börse gehen könnte", es gebe "viele Überlegungen".
Ausnahme-Regelung greift
Kind beruft sich bei seiner Übernahme auf einen 2011 ausgehandelten Kompromiss, demzufolge die 50+1-Regel außer Kraft gesetzt werden kann, wenn ein Investor sich über 20 Jahre bei einem Klub engagiert hat. Bei ihm ist das im September der Fall, sein Engagement für 96 sei "arbeitsaufwendig und finanziell nicht unbedeutend" gewesen.
Gegen die Pläne regt sich in Hannover seit langer Zeit Widerstand, auch am Montagabend hatten rund 500 Fans gegen die Abschaffung von "50+1" protestiert, sie riefen "Kind muss weg". Bei der Mitgliederversammlung im April war einem Antrag auf Satzungsänderung mit dem Ziel, die 50+1-Regel zwingend festzuschreiben, allerdings nicht mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit zugestimmt worden. Das Ergebnis fiel allerdings knapp aus. Die Interessengemeinschaft Pro Verein 1896 hat bereits angekündigt, gegen den Verkauf der Anteile klagen zu wollen. Kind sieht dem gelassen entgegen. Man habe sich zuvor "externe Gutachten" eingeholt, "wir haben uns abgesichert".
Kind versucht, Wogen zu glätten
Kind war es zudem wichtig zu betonen, dass er seine Anteile nicht gegen den Willen des Muttervereins an ausländische Investoren verkaufen kann, dies sei vertraglich festgeschrieben. Zudem versuchte er die Fan-Wogen etwas zu glätten und verteilte Geschenke an den Stammverein. Dieser erhält unter anderem eine Bürgschaft für einen Kredit in Höhe von zehn Millionen Euro für ein neues Sportzentrum, darüber hinaus soll der Breitensport über 20 Jahre lang jährlich eine Spende von 75.000 Euro erhalten.