Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt auf skysport.de. Diese Woche blickt er auf den größten Verlierer im Titelkampf: den FC Bayern.
Jetzt beginnt die heiße Phase in allen Fußball-Wettbewerben. Ungefähr zwei Drittel der Bundesliga-Saison ist gespielt, im DFB-Pokal und in der Champions League wartet das Achtelfinale. Der FC Bayern steht vor den wichtigsten Wochen der Saison. Die 1:3-Niederlage in Leverkusen war sicherlich nicht förderlich für das Selbstvertrauen, das gerade jetzt nötig ist.
Zu allem Überfluss wurde der Rekordmeister nun auch noch von Borussia Mönchengladbach in der Tabelle überholt und rutschte auf Platz drei ab. Im DFB-Pokal wartet die unangenehme Aufgabe bei meinem ehemaligen Spieler Pal Dardai in Berlin.
Druck auf Bayern ist noch größer geworden
Das Bundesliga-Spiel gewann die Hertha verdient mit 2:0. Das sollte den Bayern Warnung genug sein. Von der Partie in Liverpool im Champions-League-Achtelfinale in zwei Wochen ganz zu schweigen. Das wird der größte Gradmesser der Saison. Im Grunde kann man sogar sagen, dass Bayern aktuell der Außenseiter in diesem Spiel ist und ausnahmsweise einmal ein Spiel nicht gewinnen muss.
Das Gute für das Kovac-Team ist aus meiner Sicht, dass auch Liverpool aktuell nicht in der allerbesten Form ist. Aber die Münchner sind erfolgsverwöhnt und ein Ausscheiden im Achtelfinale der Königsklasse ist beim FC Bayern nicht einkalkuliert. Der Druck auf die Münchener Mannschaft ist nach diesem Wochenende noch größer geworden. Der Verlierer des letzten Spieltags im Titelkampf war der FC Bayern. Sie haben nun sieben Punkte Rückstand auf Platz eins.
Der BVB müsste jetzt schon dreimal patzen, um eingeholt zu werden. Es wird von Spieltag zu Spieltag schwerer. Und es ist nicht davon auszugehen, dass die Bayern alle ihre Spiele gewinnen. Es liegt einzig und allein an Dortmund und Stand jetzt muss man annehmen, dass sie Deutscher Meister werden.
Martinez' Reservistenrolle verwundert
Dass Favre, Reus und Co. das Wort Meisterschaft nicht in den Mund nehmen, ist klar. Das bringt nur Unruhe, ungewünschte Schlagzeilen und Ablenkung. Meister werden will jeder. Hecking, Hütter, Nagelsmann. Jeder Trainer will die Schale. Wirklich aussprechen tun das aber nur die Bayern, denn sie müssen es im Grunde in jeder Saison.
Was mich in Leverkusen verwundert hat, war die Reservistenrolle von Javi Martinez. Er ist der einzige "typische" Sechser, der die Stabilität vor der Abwehr in dieser Mannschaft für mich garantiert. Martinez bringt eine andere Komponente mit, als alle anderen Spieler, die auf dieser Position spielen können.
Vor allem gegen Mannschaften, die wie Leverkusen schnell und gefährlich im Umschaltspiel sind und viel Ballbesitz haben, brauchst du einen wie Martinez, der sehr körperlich, robust, und extrem zweikampfstark ist. Der auch mal ein taktisches Foul begeht, damit diese Mittelfeldlinie nicht so leicht überspielt wird.
Lewandowkis Abwinken nicht überbewerten
Den drei Gegentoren gingen individuelle Fehler voraus, die den Bayern so nicht passieren dürfen und vorne fehlten die Durchschlagskraft und der unbedingte Wille vor dem Tor. Dass Robert Lewandowski mal wieder abwinkt, als Coman schießt anstatt abzugeben, bewerte ich nicht über. Das macht er seit Jahren, sowohl bei Bayern als auch in der polnischen Nationalmannschaft.
Er ist eben von den Zuspielen seiner Kollegen abhängig und wenn die nicht kommen, ist er unzufrieden. Noch halte ich ihn für einen sehr guten Stürmer, aber in den nächsten ein, zwei Jahren wird man sich bei Bayern auch auf dieser Position Gedanken machen müssen und eventuell nachrüsten.
Sorgen um Neuer
Ein wenig Sorgen mache ich mir um Manuel Neuer. Er hat seinem Körper in den letzten 15 Jahren sehr viel abverlangt und die Verletzungen häufen sich. Zum Glück ist es jetzt der Finger und nicht wieder der Fuß.
Sonst hätte ich mir noch mehr Sorgen gemacht. Ich würde nichts riskieren, solange er nicht zu 100 Prozent fit und gesund ist. Ganz egal, um welches Spiel es geht. Die Gesundheit ist wichtiger als jedes Spiel.