CL-Sieger, spanischer Meister, FIFA-Welttrainer: Luis Enrique kommt mit dem Renomee eines Spitzentrainers nach Paris. Nur: Es scheint niemanden zu interessieren. Das Tauziehen um Kylian Mbappe entwickelt sich zur Schlammschlacht und degradiert die Vorstellung des neuen Coaches zur Nebensache.
Es ist das aktuell wohl spannendste Dreigespann im Weltfußball: Kylian Mbappe, Paris Saint-Germain und Real Madrid. Erneut, muss man sagen. Bereits vergangenen Sommer entwickelte sich das Werben um den französischen Stürmer-Star zur Posse. Falsche Versprechungen, präsidiale Einmischung, astronomische Summen, Lippenbekenntnisse, Tränen, Enttäuschung und Wut. Wer das geschäftige Treiben auf dem Transfermarkt um die Personalie des Frankreich-Kapitäns verfolgt, der mag sich allzu häufig in einer melodramatischen Seifenoper wähnen.
Das Mbappe-Drama geht in Runde zwei
Akt zwei, Deja-vu. Nun ist es also wieder so weit. Im Juni versetzte Mbappe die Fußballwelt - und allen voran PSG und Real - in helle Aufruhr, nachdem publik wurde, der Stürmer wolle die französische Hauptstadt spätestens im Sommer 2024 verlassen und die Option auf eine Vertragsverlängerung nicht ziehen.
Später teilte der 24-Jährige der französischen Nachrichtenagentur AFP mit, er habe die einseitige Option auf eine Vertragsverlängerung bei Frankreichs Meister nie in Erwägung gezogen. Demnach habe Mbappe die Klubverantwortlichen schon am 15. Juli 2022 darüber informiert, dass er von dieser Möglichkeit im kommenden Sommer keinen Gebrauch machen werde. Schnappatmung in Paris, große Augen in Madrid.
Wie nun letztlich die Chronologie der Mitteilungen ausgesehen hat und wer was wann zu wem gesagt hat, lässt sich wie so häufig nicht verlässlich rekonstruieren. Zwischen Verhandlungsgeschick und Außendarstellung ist die Wahrheit häufig das erste Opfer. Fest steht: Es bedarf Klärung für alle drei Parteien. Der sportliche Erfolg von zwei der größten Vereinen der Welt sowie die Karriere eines der derzeit besten Fußballspieler hängen in der Schwebe.
Die Position von Paris Saint-Germain
Die Ausgangslage des französischen Meisters ist klar: In keinem Fall soll Kylian Mbappe den Verein ablösefrei verlassen. 2018 wechselte Mbappe von der AS Monaco für eine Ablösesumme von 180 Millionen Euro zu PSG. Nur für dessen Mannschaftskollegen Neymar wurde in der Geschichte des Fußballs mit 222 Millionen Euro eine höhere Ablöse gezahlt. Und auch wenn mitunter der Anschein erweckt wird - bei dem katarischen PSG-Präsidenten und -Mäzen Nasser Al-Khelaifi wächst das Geld auch nicht auf Bäumen.
Mbappe "muss einen neuen Vertrag unterschreiben", wenn er in der kommenden Saison in Paris spielen will. So lautet das Dogma, das Al-Khelaifi am Mittwoch noch einmal manifestiert hat. Dessen im nächsten Sommer auslaufender Vertrag solle mindestens um ein Jahr verlängert werden, damit Paris in jedem Fall mit einer Ablösesumme entschädigt wird. Diese Transferperiode wäre anderweitig die letzte Möglichkeit für PSG, ihr hochkarätiges Aushängeschild noch zu verkaufen. Mbappe "hat bereits gesagt, dass er nicht ablösefrei gehen wird", so Al-Khelaifi weiter: "Wenn ihn jemand dazu gebracht hat, seine Meinung zu ändern, ist das nicht meine Schuld." Aber wie sieht besagte Meinung überhaupt aktuell aus?
Die Position von Kylian Mbappe
Vor einem Jahr war sich Mbappe dem Vernehmen nach bereits mit Real Madrid einig gewesen, hat sich dann aber für einen Geldregen aus Katar und weitreichende Vollmachten im Verein doch noch für einen Verbleib in Paris entschieden. "Ich bin Franzose und bleibe in Frankreich", erklärte der Stürmer in operettenhaftem Pathos damals seinen Verbleib. "Meine Geschichte hier ist noch nicht zu Ende, ich habe noch schöne Kapitel zu schreiben." Auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron soll Mbappe zu einem Verbleib bewegt haben. Die Zukunft von Kylian Mbappe wurde zur Staatsräson.
Die Aufrichtigkeit des 24-Jährigen verfing bereits seinerzeit bei wenigen und auch in diesem Sommer scheint die finanzielle Absicherung die sportlichen Ambitionen auszustechen. Der französische Nationalspieler beteuerte, trotz seiner ausbleibenden Vertragsverlängerung unbedingt noch ein weiteres Jahr in Paris spielen zu wollen. Für die kommende Saison winken dem französischen Kapitän 150 Millionen Euro - 60 fix und 90 weitere an Prämien. Eine Summe, auf die er ungern verzichten möchte. Wie die Marca berichtet, soll Mbappe demnach offenbar 240 Millionen Euro als Handgeld für einen möglichen Wechsel fordern.
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Die Position von Real Madrid
Sollte Mbappe in diesem oder spätestens im nächsten Sommer Paris verlassen, so dürfte es nur einen Abnehmer geben: Real Madrid. Der Verein, für den Mbappe bereits im Alter von sieben Jahren geträumt hat zu spielen, sein unbedingter Lieblingsverein. Mit der Ankündigung Mbappes, seinen Vertrag nicht zu verlängern, wurden auch die Madrilenen wieder auf den Plan gerufen und so wurde aus den bilateralen Verhandlungen schnell ein trilaterales Rumgestochere.
Der Abgang von Karim Benzema in Richtung Saudi-Arabien hinterlässt im Sturmzentrum Reals ein Vakuum, Neuzugang Joselu wird den königlichen Ansprüchen nach Weltklasse nicht gerecht werden können. Real Madrid möchte Mbappe folglich unbedingt verpflichten. Die Frage ist nur: zu welchem Preis. Neben einer Ablösesumme jenseits der 100-Millionen-Marke würde zudem wohl auch das von Mbappe geforderte Handgeld anfallen.
Mit Jude Bellingham hat Madrid bereits 103 Millionen Euro für einen Spieler ausgegeben, das Festgeldkonto der Spanier ist demnach bereits strapaziert. Eine ablösefreie Verpflichtung wäre die komfortablere Lösung. Wenn Mbappe seinen Vertrag in Paris allerdings doch noch verlängert, würde für Mbappe in jedem Fall eine Ablösesumme fällig werden - ob in diesem oder im nächsten Sommer. Womöglich würde man bei Mbappe also in diesem Sommer auch über die Schmerzgrenze hinausgehen.
Wie geht es nun weiter?
Nasser Al-Khelaifi hat nun den Druck auf Kylian Mbappe erhöht. "Da bin ich mal gespannt, wer am Ende der Sieger bleibt. Da wird es bei PSG definitiv auch einige Verlierer geben", erklärte der ehemalige französische Fußballspieler Patrick Guillou gegenüber Sky. Die PSG-Fans sind ohnehin bekannt dafür ein verhältnismäßig dünnes Nervengerüst vorzuweisen und ihren Unmut ungefiltert an den Spielern auszulassen. In der vergangenen Saison sah sich bereits Lionel Messi gellenden Pfeifkonzerten ausgesetzt, Mbappe winkt ein ähnliches "Bonjour" in der kommenden Spielzeit.
Die Frage ist: Nimmt der französische Superstar das in Kauf, wenn er sich jeden weiteren Pfiff den Wert eines Einfamilienhauses kosten lässt? Im Stile eines römischen Kaisers hängt es an Mbappe, seinen Daumen nach oben oder unten zu richten und so das Schicksal der ihn umwerbenden Vereine zu besiegeln. Nach seinem Urteil haben sich PSG und Real nun auszurichten. Und so stellt sich für Mbappe in diesem Sommer erneut die Gretchenfrage des Fußballs: Geld oder Liebe?
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