Der Tod des ehemaligen Werder-Managers Willi Lemke lässt die Fußball-Welt trauern. Sven Töllner mit einem Nachruf.
Willi Lemke verstarb im Alter von 77 Jahren und bleibt bei Fußball-Fans in guter Erinnerung. Er war wahrlich einer wie keiner. Volkstümliche Bremer Schnauze mit präzisem Sinn für die ironische Zwischennote. Oft eine halbe Oktave drüber, nicht selten auch mit spürbarer Freude an der gepflegten Provokation. Gewiss nicht in jeder Situation einer zum Liebhaben - vor allem nicht für die, die sich trauten, mit dem Manager-Urgestein in den Ring zu klettern. Ihm ging es um die Sache. Die Sache mit Werder!
Dabei konsequent sachlich zu bleiben, hat er nicht immer für notwendig gehalten und Fußball-Deutschland gemeinsam mit seinem kongenialen Widersacher Uli Hoeneß geschichtsträchtige Unterhaltungs-Perlen geliefert - vor allem in den 80er und 90er-Jahren. Die beiden haben sich rund um Lemkes 70. Geburtstag miteinander ausgesprochen, altersmilde über die alten - zum Teil heftigen - Scharmützel geschmunzelt.
Der gewiefte Strippenzieher hat seinen Verein in den 80er-Jahren gemeinsam mit Otto Rehhagel auf die nationale Bühne katapultiert, später im Aufsichtsrat die sportlichen Geschicke an der Weser maßgeblich mitgelenkt.
Aufgewachsen in Hamburg, politisiert in den späten 60ern, meinungsstark, durchsetzungsfähig, ein überaus talentierter Taktiker. Seine Tätigkeit als KGB-Doppelagent zugunsten des deutschen Verfassungsschutzes mag ihm im kantigen Bundesliga-Business an der einen oder anderen Stelle zugutegekommen sein.
Eine persönliche Note sei gestattet: Das Sendungs-Bewusstsein des passionierten Langstreckenläufers habe ich mir als Reporter in den vergangenen 13 Jahren oft und gerne zunutze gemacht. Lemke hat gerne erzählt. Und ich habe gerne zugehört. Der übliche Ablauf: "Haben Sie Zeit für ein Interview?" "Ja, natürlich. Kommen Sie am besten zu mir nach Hause - das ist am einfachsten." Aber natürlich erst, wenn er sein Laufprogramm absolviert hatte. Nicht selten übrigens zugunsten der guten Sache - zwischen 2008 und 2016 bekanntermaßen auch in offizieller Mission als UN-Sonderberater für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung. Die Tür hat mir meistens seine Gattin Heide geöffnet. "Schuhe können Sie anlassen. Willi kommt gleich." Er musste halt noch kurz sein Werder-Cappy finden. Kein Kamera-Auftritt ohne grün-weißes Erkennungs-Merkmal!
In tiefer Trauer und mit aufrichtigem Beileid für Lemkes Familie möchte ich mich bei einem meiner absoluten Lieblings-Interviewpartner für ungezählte interessante Gedanken, uneingeschränkte Herzlichkeit im persönlichen Umgang und mehr als 40 Jahre herausragendes Entertainment bedanken. Die Fußball-Welt trauert vereint - ob grün-weiß, rot oder kunterbunt spielt in diesem Moment keine Rolle.
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