Das Abstiegs-Szenario in der Nations League bereitet Jogi Löw kein Kopfzerbrechen. Dennoch will sich das DFB-Team gegen Russland Selbstvertrauen für den Showdown gegen die Niederlande holen.
"Jeder Sieg macht die Brust breiter", sagte Nationalspieler Timo Werner vor seinem Heimspiel gegen den WM-Gastgeber am Donnerstag (20:45 Uhr) in Leipzig. Davon gab es im historischen Pleiten-Jahr 2018 nicht viele. Bei elf Auftritten inklusive des WM-Debakels verließ die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw nur dreimal als Sieger den Platz. Das ist die mit Abstand schlechteste Bilanz in der Ära Löw.
Reus fehlt gegen Russland
"Wir wollen beide Spiele siegreich gestalten. Das ist das vorrangige Ziel", sagte Löw vor dem Jahresabschluss gegen den WM-Viertelfinalisten und dem brisanten Duell gegen die Niederlande in der Nations League am Montag (20:45 Uhr) in Gelsenkirchen. Gegen Russland muss er auf Marco Reus verzichten. Der zuletzt formstarke Dortmunder fällt aufgrund einer Mittelfußprellung aus.
Ob der viermalige Weltmeister den Sturz in die europäische Zweitklassigkeit noch verhindern kann, hat er allerdings nicht mehr in der eigenen Hand. Weltmeister Frankreich darf am Freitag in Rotterdam gegen die Niederländer nicht verlieren. Andernfalls ginge es in Gelsenkirchen "nur" noch darum, nicht aus dem Lostopf 1 für die Qualifikation zur EURO 2020 zu fallen.
Keine Angst vor Nations-League-Abstieg
Löw geht aber gelassen mit dem drohenden Imageschaden um: "Wir haben vielleicht den Fehler gemacht, die Nations League ein bisschen zu hoch zu hängen. Wenn wir absteigen, ist das kein Weltuntergang", sagte Löw und fügte an: "Man kann ja auch wieder aufsteigen. Für ein Turnier ist das nicht entscheidend."
Ungeachtet der Situation in der Nationenliga geht es für die DFB-Auswahl darum, die eingeleitete Verjüngungs-Kur gegen ersatzgeschwächte Russen mit den ehemaligen Bundesligaspielern Roman Neustädter und Konstantin Rausch fortzusetzen. "Die jüngeren Spieler bekommen mehr Einsatzzeiten. Wir können uns gegen Russland noch mehr beweisen und Druck ausüben", sagte Leroy Sane angriffslustig. Löws Tendenz geht erneut zu einem Sturm-Trio mit Sane, Werner und Serge Gnabry.
Löw setzt auf Mischung aus jung und alt
Der forsche Auftritt der jungen Wilden bei der unglücklichen Pleite Mitte Oktober in Frankreich (1:2) dient als Mutmacher. Löw will den eingeschlagenen Weg weitergehen. Es seien viele junge Spieler im Kader. Diesen Spielern wolle man sukzessive Raum geben, sich zu zeigen und zu etablieren, sagte der 58-Jährige im SID-Interview.
Auf seine etablierten Weltmeister von 2014 will Löw aber nicht komplett verzichten. "Eine gewisse Kontinuität und Stabilität braucht man auch bei der Weiterentwicklung einer Mannschaft", sagte Löw, der gegen Russland neben Reus auch auf Toni Kroos (Schonung) und Julian Draxler (Trauerfall in der Familie) verzichten muss. Kroos wird definitiv für das Spiel gegen die Niederlande dazustoßen, Draxlers Einsatz am Montag ist hingegen noch offen.
DFB-Team kämpft gegen Torflaute
Um mitten im Abstiegskampf eine weitere Aufbruchsstimmung zu erzeugen, muss die DFB-Auswahl ihre Torflaute beenden. In elf Länderspielen in diesem Jahr erzielte das Löw-Team lediglich neun Treffer. Werner versprach bei seinem Heim-Auftritt immerhin "ein Tor" gegen die von Stanislaw Tschertschessow betreuten Russen.
Einfach wird dies nicht. Die Russen haben den Rückenwind der Heim-WM genutzt und stehen in der Nations League vor dem Aufstieg in die Division A. "Sie spielen geradlinig, ohne Schnörkel und effizient", sagte Werner.
Diese Geradlinigkeit ist dem deutschen Spiel zuletzt abhandengekommen. Doch mit Blick auf die EM-Qualifikation im kommenden Jahr will Löw zumindest ein versöhnliches Ende eines Horror-Jahres feiern. "Wir wollen zurück in die Erfolgsspur", sagte der Bundestrainer. (sid)