Sieben Spieltage grüßte Borussia Dortmund von der Tabellenspitze. Fünf Punkte betrug der Vorsprung bereits auf die Bayern. Der BVB begeisterte mit Offensiv-Fußball erster Güte, die Abwehr war kaum zu knacken.
21 geschossene Tore standen nach sieben Runden auf dem Tableau, das erste Gegentor in der Bundesliga fingen sich die Schwarz-Gelben erst am 6. Spieltag - beim 6:1-Schützenfest gegen Borussia Mönchengladbach. Es schien als hätte Trainer Peter Bosz den Schlüssel zum Erfolg gefunden, der BVB wurde bereits als Titelfavorit gehandelt.
Tabelle nach sieben Spieltagen
Erst vier Wochen ist das her, mittlerweile sieht die schwarz-gelbe Welt ganz anders aus. Nach der 2:4-Niederlage bei Hannover 96 ist die Stimmung gekippt. Alles was zuvor noch scheinbar von alleine funktioniert hatte, ist - passend zum Wetter - wie weggeblasen.
Vorne geht kaum noch etwas rein, hinten ist der BVB in den vergangenen drei Spieltagen zur Schießbude der Liga mutiert - neun Gegentore kassierte die Bosz-Truppe. Das bedeutet zusammen mit Freiburg den schlechtesten Wert.
Formtabelle der letzten drei Spiele
Die Folge: Der Verlust der Tabellenspitze - und schlechte Stimmung.
"Wir haben uns diese Niederlage selbst zuzuschreiben, weil wir besonders in der ersten Halbzeit schlecht und zu langsam gespielt haben. Am Mittwoch in der Champions League muss wieder mehr Aggressivität da sein", polterte Peter Bosz nach dem 2:4 in Hannover.
Sportdirektor Michael Zorc schimpfte: "Es kann nicht sein, dass die meisten Gegner giftiger und aggressiver waren als wir. Da liegt der Hase im Pfeffer! Und das ist keine Systemfrage, sondern hat etwas mit der Einstellung zu tun. Egal, welches System man spielt, man muss es konsequent spielen."
Auch Kapitän Marcel Schmelzer ließ seinem Frust freien Lauf. "Das ist eine Sache, die so nicht zu akzeptieren ist. Das war von der Einstellung her nicht unser Anspruch. Wir müssen ganz schnell wieder die Form finden, die uns stark gemacht hat." Der BVB sieht das Problem also in der fehlenden Einstellung, der mangelnden Aggressivität und nicht im System.
Hamann: "Das ganze System bröckelt"
Sky Experte Dietmar Hamann glaubt, dass sich der BVB von den guten Ergebnissen zu Beginn der Saison hat blenden lassen. "Es ist jetzt endgültig - das Wort Krise wird ausgerufen. Ich habe den Eindruck, dass die Spieler zu sehr an den Hype der letzten Wochen geglaubt haben. Sie kassieren zu viele Gegentore, Aubameyang schießt keine Tore. Das ganze System bröckelt", lautet sein Urteil bei Wontorra - KIA der Fußballtalk.
Und weiter: "Vier der Top-Mannschaften haben sie noch nicht bespielt. Man muss auch relativieren, wenn man sich anschaut, wen sie geschlagen haben."
Sechs Siege stehen in der Liga bisher zu Buche. Wolfsburg, Hertha, Köln, Hamburg, Mönchengladbach und Augsburg wurden bezwungen - in der Tat größtenteils Teams, gegen die man auch drei Punkte erwarten konnte. In Freiburg und Frankfurt gab es ein Remis. Das Heimspiel gegen Leipzig und die Partie in Hannover gingen verloren.
Frühes Aus in der Champions League droht
Diese Tendenz spiegeln auch die Ergebnisse in der Champions League wider. Niederlagen bei den Tottenham Hotspur und zuhause gegen Real Madrid. In Nikosia gab's ein enttäuschendes 1:1. Das vorzeitige Aus in der Gruppenphase droht. Selbst Platz drei, der immerhin noch zur Teilnahme an der Europa League berechtigen würde, ist in Gefahr.
Für Bosz steht die Woche der Wahrheit an. Zunächst müssen am Mittwoch im Champions-League-Heimspiel gegen APOEL Nikosia drei Punkte her (Mittwoch, ab 19:00 Uhr live auf Sky Sport 1 & HD & UHD). Zum anderen gastieren am Samstag die Bayern in Dortmund (Samstag, ab 17:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Bundesliga 1 & HD & UHD).
"Nikosia aus dem Stadion schießen"
Sky Reporter Sascha Bacinski: "Gegen Nikosia muss ein Sieg her. Die muss man - auf gut Deutsch gesagt - aus dem Stadion schießen, muss eine überzeugende Leistung zeigen. Dann hat man zumindest ein bisschen Ruhe und ein wenig Selbstvertrauen vor der Partie gegen die Bayern, die dann mindestens genauso wichtig ist."
Die Partie gegen den Rekordmeister könnte eine richtungsweisende sein. "Sollte man da gewinnen, wäre man wieder punktgleich mit den Bayern und würde mit einem sehr guten Gefühl in die Länderspielpause gehen. Dann hätte man die Krise mit einem Schlag beendet", glaubt Bacinski.
Aber: "Wenn du das Spiel gegen die Bayern deutlich verlierst, und wieder ein paar Tore kassierst, dann wird sich Peter Bosz wieder Fragen zum System anhören können. Dann wird es sicherlich auch einige Überlegungen im Verein geben."
Ob Fehler im System oder mangelnde Einstellung: Am Ende muss Trainer Bosz seine Mannschaft wieder in die Spur führen - und das schnell.