Trotz der dritten Pflichtspielniederlage hält der FC Bayern weiter an Trainer Thomas Tuchel fest. Die richtige Entscheidung? Ein Pro und Contra.
PRO:
Der FC Bayern hält an Thomas Tuchel fest - und das ist gut so.
Was kann Tuchel dafür, wenn Harry Kane in der 19. Minute alleine auf Bochums Tor zuläuft und eine Riesenchance vergibt, die er normalerweise mit verbundenen Augen und gefesselten Füßen nutzt? Nichts. Es wäre das 2:0 und vermutlich die frühe Vorentscheidung gewesen.
Nun findet das Leben bekanntlich nicht im Konjunktiv statt. Drei Pflichtspiel-Niederlagen in Folge sind für Münchner Verhältnisse außergewöhnlich (letztmals ist das 2015 unter Pep Guardiola passiert), der Stern des Südens verglüht, zumal die erste tittellose Saison seit 2012 droht. Ein "Weiter so" darf es nicht geben.
Eine Trennung von Tuchel zum jetzigen Zeitpunkt wäre der Weg des geringsten Widerstands, aber würde es etwas ändern? Vermutlich nicht. Zumal Uli Hoeneß nach der Entlassung von Julian Nagelsmann während der vergangenen Spielzeit verlauten ließ, dass er dies so nicht gemacht hätte. Daran muss er sich nun messen lassen. (Kommentar: Tuchel ist nicht das Problem des FC Bayern)
Ein Trainerwechsel könnte schließlich wohl kaum dafür sorgen, dass die Mannschaft plötzlich wieder die Sterne vom Himmel spielt, acht Punkte auf Bayer Leverkusen aufholt und doch noch die zwölfte Meisterschaft in Folge einfährt.
Zu tiefgreifend, zu komplex sind die Probleme beim deutschen Rekordmeister. Das selbstbewusste, positiv arrogante und dominante "Mia san mia" ist ihnen abhanden gekommen - und zwar nahezu auf allen Ebenen. Es bedarf einer schonungslosen und umfassenden Analyse, wie es so weit kommen konnte - zusammen mit dem zukünftigen Sportvorstand Max Eberl.
Tuchel kann man dabei keineswegs von jeder Schuld freisprechen, aber er ist nicht der Alleinschuldige. Er war es, der im Sommer den Finger in die Wunde gelegt und Verstärkungen gefordert hatte. Doch der Wunsch nach einer "Holding Six" wurde ihm nicht erfüllt.
Man kann den FC Bayern für vieles kritisieren, aber auch dafür loben, nicht dem üblichen Reflex zu erliegen.
CONTRA:
Drei Pflichtspielniederlagen in Folge bei 2:7-Toren, der Pokal ist futsch, in der Champions League muss ein 0:1-Rückstand gegen Lazio aufgeholt werden und die Meisterschaft ist bei nunmehr acht Punkten Rückstand auf Bayer Leverkusen völlig aus der Reichweite.
Kurzum: Die Saison ist für den FC Bayern bis dato eine einzige Katastrophe. Konsequenzen sind unvermeidlich, auch in puncto Trainer. Der hat elf seiner 44 Pflichtspiele verloren - eine Bilanz, die alles andere als Bayern-like ist.
Tuchel hat es in knapp einem Jahr nicht geschafft, die Mannschaft zu stabilisieren und entscheidend weiterzuentwickeln, seine Handschrift ist nur punktuell sichtbar. Akute Sorgen bereitet allerdings die jüngste Entwicklung.
Eine Niederlage in Bochum (beim Tabellen-15.) trotz 1:0-Führung mit dem xG-Wert ("erwartete Tore") und Murphy's Law zu erklären, wird einem FC Bayern bei weitem nicht gerecht. Trainer und Spieler wirken ratlos und haben bis auf die eigentlich im Abstiegskampf angewendeten Floskeln ("Sitzen in einem Boot, "müssen als Gruppe an einem Strang ziehen"), keinen wirklich Lösungsansatz, um die Krise zu bewältigen.
Die Mannschaft lässt sich mitten in der Saison nicht mehr umbauen. Damit nicht auch noch Platz zwei in Gefahr gerät und in der Champions League zumindest das Viertelfinale erreicht werden kann, muss sich etwas ändern - und zwar sofort! Es fehlt schlichtweg die Fantasie, dass die Bayern in der jetzigen Konstellation gegen Leipzig plötzlich den Schalter umlegen.
Zur Erinnerung: In der vergangenen Saison wurde Julian Nagelsmann entlassen, obwohl die Titelchancen in allen drei (!) Wettbewerben noch intakt waren. Bedarf es noch mehr Argumente?
Mehr zu den Autoren und Autorinnen auf skysport.de
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.