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Kommentar zur aktuellen Krise beim FC Bayern

Tuchel ist nicht das Problem des FC Bayern

Thomas Tuchel ist nicht das Problem beim FC Bayern, sagt Sky Reporter Florian Plettenberg.
Image: Thomas Tuchel ist nicht das Problem des FC Bayern, sagt Sky Reporter Florian Plettenberg.  © Imago

Der FC Bayern verliert erstmals seit Mai 2015 zum dritten Mal in Folge. Diesmal 2:3 in Bochum. Dennoch wird Thomas Tuchel vorerst Trainer der Münchner bleiben und am kommenden Samstag im Heimspiel gegen Leipzig auf der Bank sitzen. Darauf hat sich die Chefetage nach Informationen von Sky direkt nach Abpfiff am Sonntag verständigt. Eine Entscheidung, die richtig ist!

Tuchel jetzt zu entlassen, wäre falsch und das völlig falsche Signal an eine Mannschaft, die einen weiteren Trainerwechsel nicht verdient hat. Es würde der Reaktion von Eltern gleichen, die ihrem abermals schreienden und murrenden Kind den Schnuller geben, nur, damit es endlich still ist.

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Was würde es bringen, Tuchel in der jetzigen Situation zu entlassen? Im DFB-Pokal ist man längst ausgeschieden. Die Meisterschaft hat sich für die Bayern so gut wie erledigt. Denn acht Punkte Rückstand lassen sich die Leverkusener wohl nicht mehr nehmen. Und in der Champions League? Da sollte es dieser verwöhnten und aktuell kriselnden Truppe wohl gelingen, sich im Rückspiel vor heimischer Kulisse gegen Lazio Rom derart intrinsisch zu motivieren, dass es egal ist, ob Thomas Tuchel, Hansi Flick, Jose Mourinho oder der Fußballgott höchstselbst an der Seitenlinie steht.

Kader bedarf einer radikalen Zäsur

Vielmehr müssen sich die Verantwortlichen spätestens jetzt die Frage stellen: Welcher der aktuellen Spieler im Kader hat es wirklich verdient, auch in der kommenden Saison das Trikot des deutschen Rekordmeisters zu tragen und wer nicht. Wer hat es verdient, mit mittelmäßigen Leistungen überdurchschnittliche Gehälter zu kassieren? Ist die Säbener Straße in den vergangenen Jahren für die Spieler mehr zur Wohlfühl-Oase geworden, statt zum Arbeitsplatz?

Der Kader bedarf ab dem 1. Juli einer radikalen Zäsur. Zu viele Spieler sind satt, vertragen keine Kritik, sorgen für Missstimmung, wenn sie ausgewechselt, zu spät eingewechselt oder gar nicht aufgestellt werden. Nicht Tuchel, sondern ein Großteil der Mannschaft gibt seit Jahren ein Bild ab, was dem einst so selbstbewussten und familiär beschriebenen Verein nicht gerecht wird.

Tuchel ist nicht das Problem des FC Bayern. Er ist aber mitverantwortlich für die aktuelle Krise. Auch verletzungsgeplagt schafft er es nicht, die Defensive zu stabilisieren. Harry Kane wirkt immer noch viel zu oft wie ein Fremdkörper, weil das Bayern-Spiel nicht auf ihn zugeschnitten wird. Überraschende Systemwechsel wie in Leverkusen (Dreierkette) verträgt diese Mannschaft bekanntermaßen nicht, Tuchel probiert sie aber trotzdem aus. Daran scheiterte bereits Niko Kovac, oftmals auch Julian Nagelsmann.

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Spieler erkennen, dass Team Ansprüchen hinterherhinkt

Was in der aktuellen Krise optimistisch stimmen kann: Spricht man hinter den Kulissen mit Spielern, hört man erstmals seit langer Zeit heraus, dass nicht nur der Trainer kritisiert wird. Viele Spieler erkennen längst, dass dieser Kader den Ansprüchen hinterherhinkt. Dass sie selbst oder ihre Mitspieler, vermeintliche Leistungsträger, ihre Leistungen nicht mehr bringen.

Statt: "Tuchel raus", sollte es jetzt vielmehr heißen: "Augen zu und durch!" Der Rest einer abermals (höchstwahrscheinlich) verkorksten Saison sollte für eine schonungslose Analyse genutzt werden. Dem zukünftigen Sportvorstand Max Eberl sollte ab März direkt jene Entscheidungsgewalt überlassen werden, die es benötigt, um im Sommer für einen echten Umbruch zu sorgen. Zusammen mit Sportdirektor Christoph Freund. Angepasst an die echten Bedürfnisse des Klubs, ausgerichtet auf die nächsten fünf Jahre. Bestenfalls abgestimmt mit einem Trainer, der es schaffen soll, länger als zwei Jahre im Amt zu bleiben.

Das ist seit dem Abgang von Pep Guardiola im Jahr 2016 keinem mehr gelungen. Meistens unfreiwillig …

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