In langen Wochen voller Spekulationen rund um mögliche Vereine für Mario Götze fiel ein Name nie.: die PSV Eindhoven. Der Klub rutschte erst vor wenigen Tagen mit in die Verlosung und landete überraschend den Weltmeister-Coup. Doch ist es auch aus der Sicht des Spielers ein sinnvoller Transfer? Ein Pro und Contra.
Die niederländische Presse überschlug sich beinahe, als PSV die Verpflichtung des 28-Jährigen bekanntgab. Der "Höhepunkt des Sommers" für eine ganze Fußballnation, die lange keinen so großen Namen mehr in die Eredivisie locken konnte. Aus Sicht des Tabellenzweiten ein echter Königstransfer.
Für Götze, der auch mit Klubs wie Milan, der AS Rom oder Atletico Madrid in Verbindung gebracht worden war, eine überraschende Wahl. Geht der ehemalige Dortmunder damit einen Schritt zurück und verabschiedet sich von der ganz großen Bühne - oder ist es eine logische, gar clevere Wahl des WM-Finaltorschützen von 2014? Sky Sport wägt Pro und Contra ab.
PRO: Freiheiten und Unbeschwertheit als Sprungbrett
Dortmund, Bayern, Dortmund - und jetzt PSV Eindhoven. Auf den ersten Blick unverkennbar ein Rückschritt. Doch in Götzes derzeitiger Situation könnte es der Schritt zurück sein, den der einstige Wunderknabe gebraucht hat. Seit seiner Rückkehr zum BVB im Sommer 2016 stagniert der 28-Jährige in seiner Entwicklung. Die Leistungen, wenn er denn von Lucien Favre eingesetzt wurde, schwankten stark. Youngster wie Giovanni Reyna überholten den WM-Helden in der schwarz-gelben Hierarchie.
Das kann Götze bei der PSV nicht passieren. "Super Mario" wird bereits bei seiner Vorstellung wie der Fußball-Prophet aus dem großen Deutschland empfangen. In der kleinen Eredivisie ist Götze DER neue Superstar. Stammplatzgarantie inklusive. In seine Entscheidungsfindung spielten vielen Faktoren hinein. Schlüsselfigur aber ist Trainer Roger Schmidt.
Diese Superstars trugen schon vor Götze das PSV-Dress
Deutsche Enklave und technisches Spiel sind Wohlfühl-Faktoren
Der deutsche Coach ist von den außergewöhnlichen Fähigkeiten des 28-Jährigen überzeugt und kann um den erfahrenen Spielmacher ein Team aufbauen. Neben den Keepern Lars Unnerstall und Vincent Müller spielen auch Timo Baumgartl, Philipp Max und Adrian Fein bei der PSV. Die deutsche Enklave könnte genau den Wohlfühl-Faktor erzeugen, den Götze für Top-Leistungen braucht. Auch das von Technik geprägte Konter-Spiel, das gerade Schmidt zelebriert, dürfte Götze liegen. Nicht als Angreifer, sondern Ballverteiler und Umschaltmaschine.
Vertrauen, Freiheiten durch den Trainer und eine gewisse Unbeschwertheit sind zu erwarten. Der Druck durch die niederländischen Medien, die voller Stolz sind, Wechsel wie den von Götze realisieren zu können, dürfte bei weitem nicht dem der deutschen Presse gleichen.
Neben der kleinen Bühne in der höchsten niederländischen Spielklasse darf der Ex-Dortmunder auch Europa League spielen. In beiden Spielklassen gehört Götze vorerst zu den Top-Spielern und kann sich in Ruhe steigern und unter zahlreichen Youngstern glänzen. Mit 28 Jahren ist der Mittelfeldspieler noch längst nicht ausgebrannt und könnte sich in den zwei Jahren, die er bei PSV unter Vertrag steht, noch einmal für Klubs empfehlen, mit denen er sein großes Ziel Champions-League-Sieg erreichen könnte.
CONTRA: Misserfolg kommt einem Karriereende gleich
Aber: Eindhoven ist nun seine letzte Chance, zu beweisen, dass er seinen Zenit noch nicht überschritten hat. Damit geht Götze auch ein großes Risiko ein. Sollte er in den kommenden zwei Spielzeiten nicht zu Höchstform auflaufen, dürfte es das mit seiner Karriere auf allerhöchstem Niveau gewesen sein. WM-Held hin oder her.
Hätte sich der 28-Jährige für einen Verein wie Milan oder Atletico Madrid entschieden, hätte er vorerst nicht an Vereins-Prestige eingebüßt. Wäre ein Engagement dort gescheitert, wäre die Hintertüre zu einem kleineren Klub offen geblieben. Nach unten gibt es viele Ausweichmöglichkeiten, nach oben nicht.
Hertha wäre ein spannendes Projekt gewesen, die Serie A lukrativer
Neben den internationalen Top-Klubs war mit der Hertha bis zuletzt auch ein Bundesligist im engen Austausch mit dem Weltmeister. Das spannende Hauptstadtprojekt, das dank des solventen Gönners Lars Windhorst eine Menge Potenzial hat, hätte gerne ein Gesicht ala Götze zum Vorzeigen gehabt.
Der "Glamour-Faktor" des niederländischen Oberhauses ist trotz der tollen Entwicklung in den letzten Jahren dagegen nicht zu hoch zu bewerten. Um dort "entdeckt" zu werden, braucht es außergewöhnliche Leistungen. Für den Sprung zu Vereinen wie dem FC Barcelona oder Manchester United mussten Frenkie de Jong oder Donny van de Beek mit Ajax Amsterdam erstmal ins Halbfinale der Königsklasse kommen.
Von der darf Götze zunächst nur träumen. Das Ziel, die Champions League zu gewinnen, wird das ehemalige Jahrhunderttalent bei Eindhoven sicher nicht erreichen. Von den finanziellen Vorzügen, die ein Engagement in der Serie A oder La Liga mit sich gebracht hätten, einmal ganz abgesehen.
Ob Götze sich verzockt hat oder dank seines Engagements im beschaulichen Nachbarland wirklich wieder zu "Super Mario" wird, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Es bleibt weiterhin spannend um unseren Weltmeister-Macher von 2014.