Es sollte eine große und siegreiche Geburtstagsparty im ausverkauften Estadio Santiago Bernabeu werden. Am Ende zitterte sich Real Madrid unter lautstarken Pfiffen mit einem 1:1 gegen RB Leipzig ins Viertelfinale der Champions League. Und dann war da noch die 54. Spielminute.
"1902-2024 El Rey de Europa" zierte die Kurve über fünf Etagen in den lila-weißen Vereinsfarben. Am 122. Vereinsgeburtstag mühte sich der König von Europa aber gewaltig ab - gegen den Tabellenfünften der Bundesliga.
Stellen Sie sich vor, Sie würden Ihren Geburtstag groß und pompös feiern, ein geladener Gast verdirbt ihnen den Abend aber über weite Strecken und am Ende kommt es beinahe zum Super-GAU. RB Leipzig nahm die Rolle des Partycrashers überaus ernst, zog die Hausherren teilweise am Nasenring durch die eigene Arena. Lautstarke Pfiffe während der Partie, teilweise Ratlosigkeit auf den zuvor so siegessicheren Rängen ob der Passivität Reals.
RB Leipzig scheitert an der Chancenverwertung
Die Mannschaft von Carlo Ancelotti, auf den wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein genaues Auge geworfen wurde, verteidigte phasenweise aus einem tiefen Abwehrpressing heraus. Marco Roses Team erspielte sich Gelegenheit um Gelegenheit, scheiterte aber erneut an mangelhafter Chancenverwertung.
Addiert man die Abschlüsse aus Hin- und Rückspiel, schloss RB 35-mal ab. Der sinnbildliche Output: ein Tor durch Innenverteidiger Willi Orban, der aber nicht nur wegen seines Treffers im Rampenlicht stand. Ungarns Nationalspieler verteidigte überragend, warf sich in jeden Zweikampf, trieb die Mannschaft von hinten heraus an und verdiente sich den UEFA-Award "Man of the Match".
Tätlichkeit von Vinicius bleibt ungeahndet
Dann war da aber noch die viel diskutierte 54. Minute. Zunächst wurde Orban von Reals Unterschiedsspieler Vinicius Junior gefoult, ehe sich der Brasilianer zu einer Tätlichkeit hinreißen ließ. Die Folge? Gelb, kein Platzverweis und keine Intervention vom VAR. "Die Schiedsrichter haben nicht den Mumm, solche Spieler runterzustellen. Er greift mir mit beiden Händen an den Hals. Das ist respektlos", beschrieb Orban seine Sicht der Dinge im Nachgang bei Sky Sport Austria.
Sein Teamkollege David Raum ergänzte: "Ich will nicht wissen, was los ist, wenn Willi Orban den Vinicius Junior so am Hals packt." Das lässt sich beantworten: Dann fliegt Leipzigs Kapitän mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Platz. Eine unprüfbare These, keine Frage. Dennoch weit weg von wilder Behauptung. "So wie der Schiedsrichter mit uns und mit Real Madrid gesprochen hat - das war schon ein Unterschied", fügte Raum an. Bedenklich.
Vor dem Videobeweis galt beim Abseits einmal "In dubio pro reo" oder auf Fußball-Deutsch formuliert: Im Zweifel für den Stürmer. Bewertet man die jüngere Champions-League-Vergangenheit Madrids sowie Hin- und Rückspiel gegen Leipzig, dann könnte man zumindest auf die Idee kommen, dass in der Königsklasse für den König Europas gilt: In dubio pro Real Madrid.
Leipzig muss sich an die eigene Nase fassen
Sei's drum. Am Ende fasst sich RB auch mit beiden Händen an die eigene Nase. Wer in zwei Spielen 35 Abschlüsse generiert, mehrere Großchancen kreiert, dabei aber nur ein Tor erzielt, muss sich gegen ein eiskaltes Madrid nicht über das Ausscheiden wundern. Darüber herrschte nach Abpfiff trotz aller Emotionalität Einigkeit in der Kabine.
Vom überzeugenden Auftritt in Spaniens Hauptstadt können sich die Roten Bullen weder etwas kaufen noch fließt die Prämie (rund 10,5 Mio €) fürs Weiterkommen aufs Vereinskonto. Dem Druck im Bernabeu war die Rose-Elf aber definitiv gewachsen. Schiedsrichter Davide Massa und dessen Assistenten dagegen nicht.
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