Die überraschende Installation von Miroslav Klose zum neuen Cheftrainer des SCR Altach hat beim österreichischen Erstligisten eine regelrechte Euphorie-Welle entfacht. Doch was erwartet den Weltmeister von 2014 in der kleinen 7.000-Einwohner-Gemeinde?
Es war ein echter Paukenschlag am Freitagnachmittag: Miroslav Klose heuert beim österreichischen Bundesligisten SCR Altach an und erhält erstmals die Chance, sich als Cheftrainer einer Profimannschaft zu beweisen. Der langjährige Bayern-Star, Weltmeister und WM-Rekordtorschütze wird am Sonntag sein Arbeitspapier unterschreiben und am Montag offiziell vorgestellt. Er folgt auf den ehemaligen Stuttgart-Profi Ludovic Magnin.
"Ich freue mich total auf meine neue Aufgabe hier in Altach", betonte Klose und erklärte seinen Schritt: "Die ersten Gespräche mit den Verantwortlichen waren so offen, dass mir klar war, das will ich machen. Jetzt kann ich es kaum noch erwarten das Team, die Menschen im Club und natürlich die Fans kennen zu lernen."
Schon wenige Minuten nach der Bekanntgabe wurde eine regelrechte Euphorie-Welle losgelöst, die Homepage des Klubs brach aufgrund des hohen Fan-Ansturms kurzzeitig zusammen. In der österreichischen Presse ist der Coup mit dem Titel "Weltstar im Ländle" gefeiert worden.
"Uns geht es nicht um den Namen"
Eine hohe Aufmerksamkeit, die die Vorarlberger seit 2008 nicht mehr erfahren haben. Damals hatte der Klub Ex-Werder-Legende und "Kugelblitz" Ailton engagiert. Knapp 14 Jahre später kommt mit Klose der nächste Superstar in die Provinz. "Miro Klose ist ein sehr großer Name im Fußball", betonte Altachs Geschäftsführer Christoph Längle, ordnete aber ein. "Uns geht es aber nicht um den Namen, sondern um die Persönlichkeit Miro Klose, seine Fähigkeiten als Trainer und was uns beim SCR Altach sehr wichtig ist: um den Menschen."
Klose sei als "bodenständiger Arbeiter" bekannt. "Die Werte, für die er steht, passen ideal zu unserem Verein", fügte Längle hinzu. Der 1929 gegründete Klub spielt seit 2014 durchgängig in der Bundesliga, kämpft seitdem fast jedes Jahr um den Klassenerhalt. Diese Mission geriet in der vergangenen Spielzeit gehörig in Gefahr: Der Nicht-Abstieg konnte erst am letzten Spieltag gesichert werden.
Wunderdinge werden nicht erwartet, aber…
Wunderdinge wie in der Saison 2014/15, als die Vorarlberger als Aufsteiger auf den dritten Platz gestürmt waren, können und werden von Klose nicht erwartetet. Einen Abstieg sollte der Weltmeister von 2014 dann aber doch verhindern. Dazu sollen jungen Spieler weiterentwickelt und der Umbruch vorangetrieben werden.
Mit fertigen Top-Stars hat es Klose beim SCRA ohnehin nicht zu tun. Der Gesamt-Marktwert des Bundesligisten wird von KPMG auf 8,6 Millionen Euro taxiert. Dahinter kommt in der österreichischen Bundesliga nur der TSV Hartberg (8,1 Millionen Euro). Meister Salzburg ist dagegen fast das dreißigfache wert (241,3 Millionen Euro). Auf der anderen Seite hört im Sommer mit Philipp Netzer der Kapitän und die Identifikationsfigur des Klubs auf. Für den 44-jährigen Trainer soll folglich vor allem der Weiterentwicklungsprozess im Vordergrund stehen.
"Miroslav (…) ist bereit mit anzupacken und die Professionalisierung weiter voranzutreiben", sagte der sportliche Leiter Werner Grabherr. "Er ist ein Trainer mit einer klaren Handschrift und hat bereits sehr viel Erfahrung in der Ausbildung und Entwicklung von Spielern sammeln können."
Aus dem Trubel in ein ruhiges Umfeld
Klose beendete seine aktive Spieler-Karriere im Jahr 2016. Ohne große Pause begann seine Trainerlaufbahn als Assistent des ehemaligen Bundestrainers Joachim Löw. Im Anschluss betreute er die U17 des FC Bayern, ehe er 2020/21 als Assistenzcoach ins Trainerteam von Hansi Flick wechselte. Nun zieht es ihn in das kleine Altach, das vor allem für ein familiäres Umfeld bekannt ist. "Wir werden Miroslav das Umfeld bieten, welches er für seinen ersten Cheftrainerposten im Profifußball benötigt", betonte Grabherr.
Der ehemalige Stürmer wird bei seiner neuen Aufgabe von Co-Trainer Slaven Skeledzic unterstützt. Beide arbeiteten bereits zwischen 2018 und 2020 gemeinsam und trainierten die U17 des FC Bayern.
Karriere-Sprungbrett oder Schockerfahrung?
Während Altach mit der Installation Kloses um eine Attraktion reicher ist, kann sich der 44-Jährige in einem ruhigen Umfeld entwickeln und abseits des Scheinwerferlichts Profil gewinnen. "Es war von Anfang an genau dieses positive Gefühl, das ich haben muss, dass ich hier genau richtig bin", erklärte Klose.
Einen Weg, den einst auch Ex-Frankfurt und -Gladbach-Trainer Adi Hütter eingeschlagen hat. Er trainierte den SCRA knapp drei Jahre (2009 bis 2012), ehe es ihn über Grödig, Salzburg und Bern in die Bundesliga zog. Davor ist er wie Klose ebenfalls als Jugendtrainer aktiv gewesen.
Aber Achtung: Der letzte richtige Star - Ailton - verließ die Vorarlberger nach nur zwölf Partien und nicht einmal sechs Monaten. Klose möchte es in Altach sicherlich ein wenig länger aushalten...