Im März stand das Hamburger Derby zwischen St. Pauli und dem HSV mehrmals vor dem Abbruch. St. Paulis Sicherheitschef Sven Brux spricht bei skysport.de, über die Maßnahmen vor dem Stadtduell, den Einsatz von Pyrotechnik und die Terminansetzung am Montagabend.
skysport.de: Herr Brux, nach den schweren Ausschreitungen beim letzten Derby scheint es dieses Mal relativ ruhig im Vorfeld zu sein. Ist der Eindruck richtig?
Sven Brux: Ja, das ist so. Bei den letzten Spielen gab es im Vorfeld eine Menge Geplänkel bis hin zu gegenseitigen Überfällen, Klauen von Choreo-Material und an Brückengeländern baumelnde Puppen. So etwas ist bislang ausgeblieben.
skysport.de: Die Fangruppen werden getrennt. Wie sieht das konkret in der Stadt und rund ums Stadion aus?
Brux: Es gibt an den Tagen vor den Spielen eine seit Jahren geltende inoffizielle Grenze, das ist die Reeperbahn. Südlich davon, rund um den Hans-Albers-Platz, ist HSV-Gebiet. Nördlich davon ist St. Pauli-Gebiet. Das wird von den Fans so akzeptiert. Wenn, so wie beim letzten Derby geschehen, große Fangruppen diese Grenze überschreiten, wird das von der anderen Seite als Angriff gewertet.
skysport.de: Was wurde im Vergleich zum letzten HSV-Spiel geändert?
Brux: Das meiste sind Sachen, die nicht ursächlich mit dem Derby zu tun haben. Wir hatten eine Baumaßnahme, ein neues Tor musste eingesetzt werden, und an einer Ecke hatten wir nicht ausreichend Kameras, da musste eh nachgerüstet werden. Dass das Personal aufgestockt wird, hat mit dem Derby zu tun. Es ist aber ganz normal, dass man gut gerüstet sein will und für so ein Spiel mehr Ordner braucht.
skysport.de: Sie nach den Ausschreitungen im letzten Derby auf die Fans zugegangen? Was hat sich seitdem getan?
Brux: Beide Vereine haben mit ihren Fangruppen über die im letzten Spiel zu krass eingesetzte Pyrotechnik gesprochen. Beide waren sich einig, dass die Gespräche fruchtbar waren. Aber der Einsatz von Pyrotechnik kann nie ausgeschlossen werden.
skysport.de: Viele fragen sich, wie die Pyrotechnik trotz Kontrollen immer wieder in die Stadien gelangt?
Brux: Das ist kein Geheimnis und relativ leicht zu beantworten. Stellen Sie sich vor, sie stecken sich einen Gegenstand von der Größe eines Klebestifts in die Unterhose. Wie soll der gefunden werden? Der Ordner darf dem Fan nicht in die Unterhose fassen und schon ist das Ding im Stadion. Deswegen sage ich immer: Mit den uns als Verein zur Verfügung stehenden Mitteln ist das Einschmuggeln von Pyrotechnik nicht zu unterbinden. All die Schlaumeier, die sagen: "da müsste mal ordentlich kontrolliert werden", sollen bitte mal nachdenken, wie lange so eine Kontrollaktion denn dauern würde, wenn ich 30.000 Menschen derart kontrollieren müsste. Wenn sich die Leute nackt ausziehen müssten, würde man gegen den Schutz der Intimsphäre verstoßen. Vom Zeitaufwand ganz zu schweigen.
skysport.de: Sie standen früher als Punk im Fanblock, wurden zum Fanbeauftragten und schließlich zum Sicherheitschef. des FC St. Pauli. Inwieweit können Sie mehr bei den Fans bewirken als jemand, der zum Beispiel einen Polizei-Hintergrund hat?
Brux: Ich denke, es ist auch nach Jahrzenten noch so, dass wir ein anderes Vertrauensverhältnis haben. Auch wenn wir in gewissen Dingen, wie bei der Pyrotechnik, nicht einer Meinung sind, können wir ehrlich zueinander sein, uns in die Augen blicken uns sagen, wie es ist. Wir müssen bei vielen Dingen nicht um den heißen Brei herum reden und haben einen sehr kurzen Draht zueinander.
So heiß war das letzte Hamburg-Derby - Zum Durchklicken:
skysport.de: Was war in den 30 Jahren, die sie im Verein sind, die größte Veränderung im Blick auf die Fans?
Brux: Die drastischste Veränderung ist die von der alten Fanszene der 70er, 80er und 90er Jahre, vom Fanclub hin zu den Ultras. Ganz neue Verhaltensweisen haben Einzug gehalten, auch eine ganz neue Fankultur, die von den anderen Zuschauern zum einen sehr positiv gesehen wird: Die Stimmung ist viel besser geworden, alle erfreuen sich an den Choreographien. Auf der anderen Seite sehen viele der "normalen" Fans Nachteile wie Pyrotechnik. Wobei viele "normale" Zuschauer auch bei anderen Vereinen sagen, Pyrotechnik sei eigentlich ganz schön anzusehen, sie sollte nur nicht übertrieben und gefährlich sein. Das wird breit diskutiert, ohne dass man eine Lösung gefunden hat.
skysport.de: Das Derby steigt am Montag. Dass ein Risikospiel am Abend stattfindet, ist eher unüblich. Wie kam es zu der Terminansetzung?
Brux: Alle Beteiligten, Vereine, Polizei, Fernsehvertreter, usw., werden gefragt, ob sie irgendwelche Einschränkungen bei der Spielplanansetzung haben. In diesem Fall hat die Polizei darum gebeten, weil wir am Wochenende im Hamburger Hafen die sogenannten "Cruise Days" haben. Die Stadt ist relativ voll mit Touristen, es gibt Verkehrseinschränkungen und die Polizei hat einen erhöhten Personaleinsatz bei dieser Veranstaltung.
skysport.de: Wie lautet Ihr Tipp für das Spiel?
Brux: Ich hoffe natürlich, dass wir die Passivität des letzten Derbys abgeschüttelt haben und forscher zu Wege gehen, um den dieses Mal eindeutig favorisierten HSV ein Bein stellen zu können (lacht).