Im exklusiven Sky Interview spricht Gladbach-Verteidiger Tony Jantschke über die sportliche Krise der Borussia, Trainer Gerardo Seoane und seinen auslaufenden Vertrag.
Tony Jantschke über...
…die aktuelle, sportliche Krise: "Das Spiel gegen den SC Freiburg war für uns alle ziemlich ernüchternd. So ein Spiel mit 0:3 zu verlieren, gibt es bei uns nicht so oft, denn wir sind zuhause über die vergangenen Jahre immer recht stark gewesen. Ich weiß nicht, ob man von einem Schock sprechen kann, aber man hinterfragt sich natürlich, guckt sich in der Kabine an und denkt, irgendetwas passt gerade nicht. Es ist ein Prozess, das haben wir auch immer wieder erwähnt. Trotzdem wollen wir solche Heimspiele anders bestreiten. Auch das Pokalaus hat nachträglich nochmal wehgetan mit Hinblick auf das Halbfinale zwischen Saarbrücken und Kaiserslautern. Wir haben gerade eine schwierige Phase, aber das gehört dazu. Ich kenne das schon lange Jahre. Den Klub zeichnet auch jetzt wieder aus, dass wir nicht verrücktspielen und ruhig bleiben. Drum herum wird natürlich viel geschrieben und erzählt. Wenn man andere Vereine sieht, die schneller handeln und irgendwelche Sachen machen, weil es gerade populär ist - das ist hier nicht so. Das schätze ich sehr an unserem Verein. Die Ruhe bewahren und den Weg zu gehen, auch wenn er mal schwierig ist."
…die Probleme im Spiel der Borussia: "Wenn wir auf die Fakten schauen, kriegen wir einfach zu viele Gegentore. Das fängt vorne an und hört bei uns Verteidigern auf. Wir arbeiten daran, aber es ist ja immer so: Wenn wir wüssten, wie wir es sofort abstellen können, dann würden wir es alle machen. Ich bin immer der Meinung, dass man hart arbeiten muss, dann kommt das auch wieder zurück. Dann kommt das Quäntchen Glück zurück und genau das meine ich mit Ruhe bewahren. Wir dürfen nicht verrücktspielen und dann bin ich sehr optimistisch, dass wir auch wieder das Ganze in die andere Richtung drehen."
…seine Funktion in der Mannschaft und wie er als Leitwolf Spielern helfen kann: "Ich spreche natürlich sowohl positive als auch negative Dinge bei jüngeren Spielern an. Zum einen kritisieren und auch mal klar sagen, dass wir uns so nicht präsentieren können. Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, genau das zu vermitteln, was den Klub auszeichnet. Ruhe bewahren, weiterarbeiten und im Training keine Überdinge probieren - seinen Job machen. Es ist immer schwierig, in solchen Situationen die Freude am Fußball beizubehalten. Aber nehmen wir das heutige Training: Viele Fans waren wieder da, die uns in dieser schwierigen Phase Mut zusprechen und uns unterstützen. Das sind die Sachen, die die Jungs auch mitnehmen müssen und dann haben wir noch sieben Spiele in der Bundesliga, die wir bestmöglich bestreiten wollen."
"Pokalaus hängt noch sehr nach"
…den Fan-Frust bei der Heimniederlage gegen den SC Freiburg: "Es gibt viele Fans. Manche haben gepfiffen, manche sind gegangen, andere haben uns beschimpft. Ich bin selbst leidenschaftlicher Footballfan von den Patriots und reagiere auch nach jeder Niederlage anders. Das gehört dazu. Solche bitteren Heimspiele gibt es nicht so oft und das tat schon weh. Ich kann da jeden verstehen und das ist okay, solange alles in diesem Rahmen bleibt. Gerade das Pokalaus hängt noch sehr nach. Es ist nicht so, dass wir mal eben schnipsen und dann hat sich das für uns erledigt. Dennoch müssen wir den Kopf hochnehmen und weiter machen. Dann werden die Fans auch wieder hinter uns stehen."
…die "Umbruchs-Saison" und ob das noch Ausrede sein darf: "Ich glaube nicht, dass sich hier jemand darauf ausruht, denn es ist einfach nur das Beschreiben der Lage. Wenn du einen Lars Stindl als Persönlichkeit verlierst, tut das schon weh. Patrick Herrmann, Chris Kramer oder ich haben irgendwann ein gewisses Alter erreicht und machen nicht mehr die 34 Spiele. Dann ist auch da eine gewisse Führungsqualität weg. Ramy Bensebaini, Marcus Thuram, Jonas Hofmann oder davor Matthias Ginter. Wir haben viele Spieler verloren - dann noch einige ablösefrei. Das ist kein Pappenstiel. Das dann ein Prozess stattfindet, indem du neue Spieler integrierst, wo sich ein Tomas Cvancara dann auch noch verletzt hat, obwohl er richtig gut für uns gestartet ist. Das ist halt einfach die ausgesprochene Wahrheit, auch wenn das manchen nicht gefällt. Aber wir können es ja nicht ändern. Wir können ändern, besser zu spielen und daran arbeiten wir. Das funktioniert leider nicht immer direkt, denn es gibt auch noch einen Gegner. Wir müssen uns straffen, auch wenn es nach unten noch genügend Punkte sind, aber auch da muss man immer mal wieder draufschauen. Ich habe schon alles Mögliche erlebt und da muss man jetzt wach sein."
Lob für Seoane
…Gerardo Seoane und warum dieser nicht am Saisonende gehen wird: "Ich glaube, dass der Trainer sehr gut zum Verein passt. Er ist sehr kommunikativ, sehr klar in seinen Aussagen und das passt sehr gut, finde ich. Es ist ungewöhnlich, dass wir dreimal in so kurzer Zeit den Trainer gewechselt haben. Das ist auch für mich Neuland, denn so viele Trainer hatte ich insgesamt nicht. Ich glaube, dass der Verein jetzt mit ihm plant, aber das ist auch nicht meine Baustelle. Ich erlebe den Trainer gut, der Rest ist nicht mein Aufgabengebiet."
…seine Rolle als Reservist und ob er gerne mehr spielen würde: "Am liebsten würde ich 34 Spiele machen, aber man muss auch realistisch sein. Ich wusste, für was ich unterschrieben habe, als wir zusammensaßen und einen Plan gemacht haben, was meine Rolle ist. Dementsprechend kann ich das schon gut einschätzen, auch wenn man als Profisportler natürlich immer spielen will. Aber die Situation ist so und das muss ich annehmen. Mich dann zu beklagen, wäre fehl am Platz. Ich zeige dennoch im Training, dass ich auf dem Platz sein will. Den Rest muss der Trainer entscheiden."
…seinen im Sommer auslaufenden Vertrag und wie es danach weiter geht: "Ich werde sicherlich bei Borussia bleiben. In welcher Funktion genau, werden wir dann kommunizieren, wenn es so weit ist. Da finden bereits ständig Gespräche statt und da werden wir sicherlich etwas Gutes finden, wo ich den Verein nach vorne bringen kann und worin ich mich wiederfinde.
Zukunft in den USA?
…die Möglichkeit, doch noch einmal irgendwo aktiv zu spielen: "Man soll ja niemals nie sagen. Ich habe im Fußball schon alles erlebt, aber es geht zumindest dem Ende entgegen."
…USA -Träume: "Die USA hätte mich sehr gereizt, aber es hat sich nie ergeben, denn ich war immer sehr zufrieden hier in Gladbach. Ich durfte Champions League spielen und einiges miterleben. Jetzt ist nicht die Zeit für so etwas Neues. Ich muss da auch auf meinen Körper achten und dementsprechend bin ich sehr zufrieden wie es ist und werde nichts ausschließen, aber sehr wahrscheinlich nirgendwo mehr spielen."
…seinen schönsten Moment bei Borussia seit seiner Ankunft in 2006: "Das war ganz klar die Relegation gegen Bochum damals. Da habe ich gespielt und es waren zwei unfassbare Duelle. Bochum war in beiden Spielen richtig gut, aber klar: Mannschaften von Friedhelm Funkel sind immer gut. Wir haben uns knapp durchgesetzt und das war der Startschuss für das, was Borussia danach in den knapp 13 Jahren erlebt hat. Da bin ich sehr stolz drauf und blicke sehr gerne auf diesen Moment zurück."
…das kommende Spiel gegen den VfL Wolfsburg: "Wir arbeiten hart und haben klar angesprochen, was zu tun ist. Es ist eine Mannschaft auf Augenhöhe und wir sind punktgleich mit ihnen. Das ist eine gute Chance, in der Tabelle ein paar Punkte zuzulegen."
Das Interview führte Marlon Irlbacher
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