Historische Schmach statt fünfter Stern: Weltmeister Deutschland hat nach einem peinlichen 0:2 (0:0) gegen Südkorea den WM-Totalschaden erlitten und muss als Tabellenletzter der Gruppe F die Heimreise antreten.
Es ist das erste Vorrunden-Aus einer DFB-Elf in deren 84-jährigen WM-Geschichte - die Mission Titelverteidigung endete nach einem leidenschaftslosen Auftritt im Desaster.
Beide Treffer der Südkoreaner fielen in der Nachspielzeit. Kim Yong Gwon (90.+4) traf zum 1:0. Heung Min Son (90.+6) erzielte das zweite Tor ins von Neuer verlassene leere Tor.
Auch ein Remis hätte dem DFB-Team nicht gereicht, weil Schweden gegen Mexiko 3:0 gewann. Es ist das niederschmetternde Ende des Titelverteidigers, das sich in den holprigen Spielen gegen Mexiko (0:1) und Schweden (2:1) schon angedeutet hatte.
Löw hat Vertrag erst verlängert
Ein Sieg hätte dem uninspirierten DFB-Team zum Weiterkommen gereicht, doch der behäbigen Auswahl um Kapitän Manuel Neuer fehlten vor 41.835 Zuschauern Spielwitz, Tempo und Ideen. Für Joachim Löw bleibt das peinliche Aus folgenlos, DFB-Präsident Reinhard Grindel hat dem mit einem Vertrag bis zur WM in vier Jahren in Katar ausgestatteten Bundestrainer schon vor dem Spiel eine Jobgarantie gegeben.
Deutschland ist erst der sechste Titelverteidiger - aber der dritte in Folge -, der in der WM-Geschichte in der Vorrunde scheiterte: Italien erwischte es 1950, Brasilien 1966, Frankreich 2002, die Italiener noch einmal 2010 und Spanien 2014.
Löw hatte vor Spielbeginn ein ungeschriebenes Gesetz aufgehoben: "Müller spielt immer", das galt nicht mehr, zum ersten Mal seit dem EM-Halbfinale 2012 gehörte der Münchner bei einem WM- oder EM-Spiel nicht zur Startelf. Löws Entscheidung kam nicht mehr ganz so überraschend, nachdem der außerdem mit einer Gelben Karte vorbelastete Müller gegen Mexiko und Schweden nicht überzeugt hatte.
DFB-Team rotiert in der Startelf
Für Müller kam Leon Goretzka zu seinem ersten Einsatz bei der WM, darüber hinaus kehrten Mats Hummels, Sami Khedrira und Mesut Özil zurück, den gesperrten Jerome Boateng vertrat Niklas Süle. Von Goretzka, erläuterte DFB-Direktor Oliver Bierhoff vorab im ZDF, versprach sich der deutsche Trainerstab "neue Akzente". Der künftige Münchner zog von rechts häufig in die Mitte, wo sich abwechselnd auch Özil, Marco Reus und Timo Werner tummelten. Werner wich wie gegen Schweden oft nach links aus.
Die deutsche Mannschaft hatte gegen die oft hoch pressenden Südkoreaner Probleme im Spielaufbau, wenig hilfreich war, dass Khedira durch unsaubere Pässe und schlechte Zweikampfführung auffiel. Tatsächlich besaßen die Asiaten die erste Chance, als Torhüter Manuel Neuer nach einem Freistoß von Jung Woo Young den Ball abprallen ließ, aber gerade noch vor dem heranstürmenden Heung Min Son klären konnte (19.).
Son, über den Hamburger SV und Bayer Leverkusen bei Tottenham Hotspur gelandet, besaß noch eine weitere Gelegenheit mit einem Volleyschuss (25.). Bei der DFB-Auswahl ging es nur zäh vorwärts - der Spielaufbau gegen gut stehende und aggressive Südkoreaner lief zu behäbig. Auch Goretzka erwies sich nicht als belebendes Element, traf unkluge Entscheidungen. Pässe in die Tiefe waren selten, das Spiel in den Strafraum ungenau und ideenlos.
Abwehrchef Mats Hummels (39.) vergab nach Vorlage von Timo Werner noch die beste Chance vor der Pause, als er aus dem Gewühl heraus aus fünf Metern am Torwart Jo Hyeon Woo scheiterte.
Deutschland mit Druck, aber kein Tor
Nach der Pause entwickelte der Weltmeister zunächst mehr Druck und kam zu zwei guten Möglichkeiten. Goretzka (48.) scheiterte per Kopf an Woo, Werner (51.) schoss übers Tor.
Um 18.08 Uhr Ortszeit ereilte die deutsche Bank die unerfreuliche Nachricht von der schwedischen Führung, der Titelverteidiger war virtuell ausgeschieden, der Druck stieg noch weiter an. Löw reagierte und brachte Mario Gomez für den erneut völlig wirkungslosen Khedira (58.), fünf Minuten später ersetzte Müller den glücklosen Goretzka.
In der 68. Minute fiel Gomez erstmals auf, sein Kopfball war aber zu unplatziert. Müller stiftete in der Spitze Unruhe, allerdings eher bei seinen Nebenleuten. In der 77. Minute nahm er dem aufnahmebereiten Werner in aussichtsreicher Position den Ball vom Fuß.
Südkorea zog sich nun weit zurück und verlegte sich aufs Kontern, immerhin da ließ die Löw-Auswahl nicht so viel zu als gegen Mexiko im ersten Spiel. Das lag vor allem an Süle und Hummels, die noch am überzeugendsten spielten. In der 78. Minute ging Löw "all in" und brachte Julian Brandt für Jonas Hector - ohne den erhofften Erfolg.
Danach war es bezeichnenderweise Hummels, der in der regulären Spielzeit die größte Chance hatte. Er vergab aber nach einer Flanke von Özil freistehend per Kopf. In der Nachspielzeit fiel das Tor der Koreaner nach einer Ecke. (sid)