Nach der vierten Niederlage von Union Berlin in der Champions League ist die Europa-Reise der Eisernen vorbei. Die Mannschaft von Nenad Bjelica verabschiedete sich gegen Real Madrid erhobenen Hauptes und hinterlässt eine Melodie auf der internationalen Fußball-Bühne.
Eine riesige Euphoriewelle schwappte kurz vor dem Halbzeitpfiff durch das Berliner Olympiastadion. Im letzten Union-Gruppenspiel der Champions League gegen Real Madrid hatte erst Frederik Rönnow einen Elfmeter von Luka Modric pariert und im direkten Gegenzug Kevin Volland den umjubelten Führungstreffer für die Eisernen erzielt. Voller Ekstase lagen sich die Fans feiernd in den Armen, ein "Wunder von Berlin" schien tatsächlich möglich zu sein. Selbst ein einsamer Real-Fan, der inmitten von Union-Anhängern saß und lautstark jeden Angriffsversuch der Madrilenen bejubelt hatte, verstummte plötzlich.
Für die ersehnte Europa-League-Qualifikation hatten die Eisernen einen eigenen Sieg gegen das weiße Ballett bei einem gleichzeitigen Patzer von Braga in Neapel benötigt. Letztlich sorgten die königlichen Virtuosen von Real Madrid mit einer starken zweiten Halbzeit aber dafür, dass vorerst der letzte Union-Ton auf der europäischen Konzertbühne verklungen ist und auch der Real-Fan genoss sichtlich den Sieg seiner Herzensmannschaft - auch wenn er kurz vor dem Abpfiff in eine Rangelei geriet und der Tribüne verwiesen wurde.
Ungewohnt gewohnte Klänge
Der letzte Union-Akt beim Konzert der Großen ist Geschichte, doch einmal mehr bewiesen die Köpenicker der Fußball-Welt, dass die Fans Champions-League-Niveau in sich tragen. Bereits drei Stunden vor Anpfiff war die Lust auf die Königsklasse in der Hauptstadt zu vernehmen. Ein Straßenmusiker spielte auf seiner Geige mehrfach hintereinander die Champions-League-Hymne in einem U-Bahn-Schacht - Klänge, die sich vor ein paar Jahren wohl nicht einmal die kühnsten Union-Fans in Berlin erträumt hätten und die nach drei Spielen beinahe ungewohnt gewohnt sind.
Bereits zum dritten Mal verwandelte sich das rot leuchtende Olympiastadion kurze Zeit später in den feierlichen Konzertsaal der 70.000 Union-Anhänger, in dem die begeisterten Zuschauer alles für ihre Mannschaft gaben und nicht nur bei der "Eisern-Union-Hymne" Gänsehaut-Momente kreierten. Dennoch stehen am Ende drei Heim-Niederlagen für die Berliner in der Königsklasse zu Buche.
"Mehr verdient"
Dass Union Berlin rein sportlich in einer Gruppe mit Real Madrid und dem SSC Neapel nicht die erste Geige spielen würde, war bereits abzusehen, dennoch bleibt ein wenig Enttäuschung zurück. "Es war insgesamt mehr drin, auf dem Niveau entscheiden aber Kleinigkeiten und wir haben im Endeffekt einfach zu viele Fehler gemacht", fasste Unions Taktgeber Rani Khedira die CL-Vorrunde der Köpenicker in der Mixed-Zone zusammen.
Auch der gegen Real überragend parierende Schlussmann Frederik Rönnow trauerte den verpassten Berliner Chancen in der Vorrunde etwas hinterher: "Jedes Spiel war so eng, wir haben drei- oder viermal ein spätes Gegentor bekommen und eigentlich mehr Punkte verdient."
Ein neuer Dirigent
Das abschließende Gruppenspiel stand dabei als Sinnbild für die gesamte Vorrunde, in der Union über weite Strecken mithalten, letztlich aber doch keinen einzigen Sieg einfahren konnte. "Es ist viel Pech dabei, wenn du drei Mal so in der letzten Minute verlierst, was aber auch an der fehlenden CL-Erfahrung der Mannschaft liegt", erklärte Union-Trainer Nenad Bjelica auf der Pressekonferenz nach Spielschluss.
Der neue Dirigent, der den Taktstock vor dem fünften CL-Gruppenspiel von seinem Vorgänger Urs Fischer bekommen hatte, betonte jedoch auch, dass die Mannschaft "stolz" auf ihre Leistungen in den kompletten sechs Spielen sein kann.
Im Endeffekt zieht sich Union Berlin erhobenen Hauptes aus Europa zurück. Man konnte die laut Khedira "beste Vereinsmannschaft aller Zeiten" im Heim- und Auswärtsspiel einige Zeit lang vor Probleme stellen, beim amtierenden italienischen Meister bestehen und auch gegen Braga zwei ordentliche Spiele machen - auch wenn Störgeräusche wie die Fofana-Auswechslung und die gravierende Pleiten-Serie Teil des Programms waren.
Khedira betonte nach der Partie, dass ihm die Union-Fans am Meisten in der Champions League in Erinnerung bleiben werden und auch die restliche Fußballwelt dürfte spätestens nach der stimmungsvollen Vorrunde der Eisernen von nun an mit den Union-Klängen und einer damit einhergehenden nachhallenden Melodie vertraut sein.
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