WM 2018: Hamann: Özil-Kritik "populistisch" und "zu hart" - Trio muss liefern

Sky Experte lobt Arsenal-Star als wichtigsten Spieler

Von Sky Sport

Nach harter Kritik: Hamann nimmt Özil in Schutz

Der Aufschrei nach dem desolaten Auftritt zum WM-Auftakt gegen Mexiko war groß. Kaum ein Spieler erreichte Normalform. Vor allem Mesut Özil musste sich anschließend harte Kritik gefallen lassen. Sky Experte Dietmar Hamann nimmt den Spielmacher aber in Schutz.

Sieben Spieler aus der Startformation erhielten in der Einzelkritik von Sky die Note 5. Darunter auch Özil, der sicherlich eins seiner schwächeren Spiele ablieferte. Doch während einige Spieler von großer Kritik verschont blieben, war der Arsenal-Star so etwas wie der Buh-Mann der Nation.

Erstmals seit 1982 verliert die DFB-Elf ein Auftaktspiel. Bis auf wenige Ausnahmen war es ein kollektives Versagen. Einzig Manuel Neuer und Jerome Boateng zeigten sich von der Startelf in Normalform. Sky Sport mit der Einzelkritik.
MANUEL NEUER: Beim Pflichtspiel-Comeback machte der Kapitän nichts falsch. Er hielt sicher, übte sich sogar wieder in seiner Libero-Rolle - weil die Abwehr flatterte. Das Gegentor flog ihm um die Ohren - keine Chance. NOTE: 3
JOSHUA KIMMICH: Drängte permanent wie von der Tarantel gestochen in die Offensive. Dabei ließ er hinten viel Raum und leistete sich Stellungsfehler. Hatte mit seinem Fallrückzieher-Versuch immerhin eine Chance zum Ausgleich. NOTE: 5
JEROME BOATENG: Direkt in Minute eins musste 'der Boss' ran, rettete gegen Lozano. In den Zweikämpfen robust gegen giftige Mexikaner. NOTE: 3
MATS HUMMELS: Souveränität ist eigentlich sein Merkmal - heute aber nicht. Hummels leistete sich viele Abspielfehler und rückte beim Gegentor zu ungestüm raus. NOTE: 5
MARVIN PLATTENHARDT: Über die Seite des Berliners, der für Jonas Hector (grippaler Infekt) ins Team kam, lief nicht viel zusammen. Für ein WM-Debüt okay, aber ihm fehlte es an Offensivkraft. Seine linke Klebe blieb verstummt. NOTE: 4
TONI KROOS: Der Mittelfeld-Dirigent hatte das Orchester nicht im Griff. Die Balance in der Zentrale fehlte, ebenso wie die defensive Unterstützung. Einzige 'königliche' Szene: Freistoß an die Latte. NOTE: 5
SAMI KHEDIRA: In einem Rudel voller Windhunde wirkte der Juve-Star wie eine Schnecke. Vor dem Gegentor mit dem Ballverlust, in Zweikampf und Passspiel eher Ü40- statt WM-Turnier. In der 59. Minute nahm Löw ihn raus und brachte Marco Reus. NOTE: 5
THOMAS MÜLLER: Kein Spiel für den WM-Goalgetter. Es fehlte die Bindung, geschweige denn Torgefahr. Der in solchen Fällen normalerweise eintretende 'Müller-Moment' blieb dieses Mal aus. NOTE: 5
MESUT ÖZIL: Seine Ideen waren zu sehen, richtig umgesetzt wurden sie vom Zehner aber nicht. Blieb wie in der 'Erdogan-Affäre', zu der er sich nicht geäußert hatte, unsichtbar. NOTE: 5
JULIAN DRAXLER: Beim Confed-Cup gezaubert, von Löw gelobt - aber gebracht hat es gegen Mexiko nichts. Über seine Seite kam wenig, drängte bei Gelegenheit aber immerhin mal in die Mitte und suchte den Abschluss. NOTE: 5
TIMO WERNER: Arbeitete viel und hatte seine Abschlüsse - die waren aber zu harmlos. Bekam in Durchgang zwei keine Anspiele mehr. Er ist nun mal kein Strafraum-Stürmer. NOTE: 4
MARCO REUS: Kam in der 59. Minute für Khedira ins Spiel. Der Flügelspieler brachte bei seinem ersten WM-Auftritt frisches Tempo. Belohnen konnte er sich nicht, sein Volley-Knaller segelte knapp drüber. NOTE: 3
MARIO GOMEZ: Die letzte Offensiv-Karte von Löw - aber auch der klare Neuner konnte den Ausgleich nicht mehr einnetzen. Seine Kopfballchance ging knapp vorbei. NOTE: -
JULIAN BRANDT: Kam für vier Minuten in die Partie. Er zündete sofort und setzte einen Kracher an den Außenpfosten. In seiner Spielzeit wohl auffälliger als manch anderer über 90 Minuten. NOTE: -

Attribute wie "lustlos", "schwache Körpersprache" oder "fehlende Einstellung" war nach dem 0:1 gegen die Mittelamerikaner häufig zu hören, wenn über Özil gesprochen wurde.

Özil-Kritik für Hamann zu hart

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Für Dietmar Hamann ein Unding: "Mir hat nicht gefallen, in welcher Härte und Schärfe er kritisiert wurde. Ich glaube, dass einige diese Erdogan-Geschichte verwässert haben mit dem Spiel gegen Mexiko. Ich denke, dass muss man getrennt betrachten", so der Sky Experte.

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Und weiter: "Wenn man kritisiert, darf man nie den Respekt vor dem Spieler verlieren. Und das ist in einigen Diskussionen passiert. Da waren populistische Aussagen über Özil dabei, die mir zu hart und auch falsch waren."

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Vor allem stört sich Hamann am Gemecker über Özils Körpersprache, denn für Hamann spielt der 29-Jährige bereits seit seiner Zeit in Bremen so:

"Er schlecht über den Platz und macht einen phlegmatischen Eindruck - aber das macht ihn auch so gefährlich, weil du nie weißt, wann er zum Leben erweckt und die Geniestreiche produziert", argumentiert Hamann im Interview mit Sky Sport.

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Özil als wichtigster Spieler

"Und ihm jetzt wegen seiner Körpersprache, die nie anders war, fehlende Einstellung vorzuwerfen, halte ich für falsch, gefährlich und auch nicht gut. Denn wenn du bei dem Turnier ein Viertel- oder Halbfinale gewinnen willst, braucht diese Mannschaft Mesut Özil."

Der Edeltechniker sei ein unglaublich verdienter Spieler, der die Mehrzahl seiner Länderspiele "herausragend gespielt" habe. Insgesamt vermisst Hamann den Respekt vor dem Weltmeister: "Für mich ist er einer der wichtigsten Spieler - wenn nicht der wichtigste - weil er ein Spieler ist, der immer anspielbar ist und nie den Ball verliert", lobt der Ex-Nationalspieler, der aber die Leistung gegen Mexiko nicht schönredet:

"Dass er im letzten Drittel nicht so effektiv war, wie man es von ihm erwarten, wissen wir, aber er wurde oft gesucht, kann es aber nicht alleine richten."

Hamann nimmt Kroos in die Pflicht

Besonders in die Pflicht nimmt er aber andere Spieler. Allen voran Toni Kroos: "Man kann mal ein schlechtes Spiel haben, aber von Toni Kroos erwarte ich, dass er die Mannschaft führt", so Hamann: "Ein großer Teil der Arbeit im zentralen defensiven Mittelfeld ist, dass du Mitspieler in die richtige Position bringst. Das ist oft nur ein halber Meter, aber das kann einen gewaltigen Unterschied machen. Das erwarte ich von Kroos und ihn mache ich zum Großteil dafür verantwortlich, dass wir gegen Mexiko in so viele Konter gelaufen sind, denn das ist sein Job."

Hamann: 'Kroos muss Mitspieler dirigieren'

Doch auch vom Innenverteidiger-Pärchen Hummels/Boateng erwartet Hamann eine deutliche Leistungssteigerung - auch bezüglich der Kommunikation: "Ich erwarte mir mehr Eigenverantwortung von den erfahrenen Spielern. Hummels sagt nach dem Spiel, dass sie oft nur zu zweit hinten waren. Dann muss er das auf dem Platz ansprechen", so Hamann.

"Wenn alle ausgeflogen sind, kann das nicht sein und dann muss man klar sagen: 'Hört mal zu, Männer. Es steht noch 0:0 oder auch 0:1 - aber es ist noch alles drin.' - das müssen die Spieler auf dem Platz klären."

Trio muss gegen Schweden liefern

Die öffentliche Kritik von Hummels direkt nach dem Spiel sieht Hamann ohnehin kritisch. "Es kann helfen, aber wenn man 1:0 verliert und du bist am Gegentor schuld, wäre ich vorsichtig", so Hamann in Richtung des Bayern-Stars.

Hamann zu Hummels-Kritik: 'Zuerst muss eigene Leistung stimmen'

"Zuerst muss die eigene Leistung stimmen, denn sonst zeigt jeder mit dem Finger auf den anderen und niemand schaut mehr auf sich, sind das oft schlechte Vorzeichen.

Kroos muss dirigieren

Hummels. Boateng. Kroos. Dieses Trio ist gegen die Skandianvier für Hamann am meisten gefordert, wenn das Projekt Titelverteidigung nicht bereits am Samstag zu den Akten gelegt werden soll.

"Du musst von hinten eine Mannschaft führen. Dort musst du anfangen, Zweikämpfe zu gewinnen und ein Toni Kroos muss anfangen zu dirigieren", fordert der gebürtige Waldsassener: "Ich will keine so offene Mannschaft sehen wie gegen Mexiko, denn dann wird es ganz schwer."

Hamann: Diese Spieler stehen in der Pflicht