Image:Thomas Müller ist bei dieser WM bislang noch ohne Torerfolg.
Beim Last-Minute-Sieg gegen Schweden saßen die beiden Weltmeister Sami Khedira und Mesut Özil nur auf der Bank. Dort könnte im letzten WM-Gruppenspiel gegen Südkorea auch Thomas Müller Platz nehmen. Die bisherigen Leistungen des Bayern-Stars bereiten Sorgen.
WM-Turniere und Thomas Müller - das war eine große Liebesgeschichte. Sowohl 2010 als auch 2014 erzielte er jeweils fünf Tore. Mehr als Cristiano Ronaldo. Mehr als Lionel Messi. Bei dieser Bilanz sah Miroslav Klose vor dem Turnier in Russland sogar seinen Rekord von 16 Toren gefährdet. "Thomas Müller kann eine fantastische WM spielen. Er ist absolut ein Kandidat, meinen Rekord zu knacken", meinte er im Interview in der Sport Bild.
Zwei Spiele und 180 Minuten später ist Müller immer noch ein Kandidat. Allerdings nicht mehr für Kloses Bestmarke, sondern für die Ersatzbank. Eine Entwicklung, die in dieser Form so nicht vorhersehbar war, denn: Eine DFB-Elf ohne Thomas Müller in der Startelf galt eigentlich als unvorstellbar. Doch seine dritte WM ist bislang ein Trauerspiel.
Zwei Spiele, zwei Torschüsse, null Tore - Müller hat die Fußball-Herzen noch nicht höher schlagen lassen. Stattdessen löst seine mehr als dürftige Bilanz Ernüchterung aus. Zum Vergleich: 2010 standen nach zwei Spielen ein Tor sowie eine Vorlage zu Buche. Vor vier Jahren explodierte er zum Auftakt mit einem Dreierpack gegen Portugal.
An der Erleichterung nach dem Last-Minute-2:1-Sieg gegen Schweden hat Manuel Neuer großen Anteil. Im deutschen Team gab es neben Führungsspieler-Qualitäten im zweiten Gruppenspiel auch Totalausfälle zu beobachten.
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Manuel Neuer: Hat sich vom verletzten Problembär erneut zum Fels in der Brandung entwickelt. Rettete Deutschland in der 12. Minute vor einem noch früheren Rückstand und vor der Halbzeit vor dem vorzeitigen 0:2. Beim Gegentor machtlos. NOTE: 2
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Joshua Kimmich: Wurde hinten rechts vermisst, weil er wie gegen Mexiko meist vorne rechts rumturnte. Konnte aber, abgesehen von zwei, drei passablen Flanken, auch dort nichts zum Gelingen beitragen. NOTE: 4
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Antonio Rüdiger: Setzte sich im Duell um die Hummels-Vertretung gegen Niklas Süle durch. Sorgte mit seinem Fehlpass in der 12. Minute dafür, dass man sich urplötzlich nach Süle sehnte. Sah auch im Duell vor dem 0:1 mit Toivonen schlecht aus. NOTE: 5
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Jerome Boateng: Musste früh einen Rüdiger-Patzer ausbaden, als er gegen Berg gerade noch rette. Hatte Glück, dass Schiri Marciniak nicht auf Elfmeter entschied. Nach Fouls an Forsberg (71.) und Berg (82.) dann ohne Glück: Gelb-Rot! NOTE: 5
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Jonas Hector: Mit seinem 1. FC Köln bald nur noch zweitklassig, aber in einer wackligen Defensive beinahe der einzige Ankerpunkt. Sehr solide. Wurde in der 87. Minute aus taktischen Gründen für Julian Brandt ausgewechselt. NOTE: 3
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Sebastian Rudy: Ein Name, den viele Event-Fans wohl erstmal googeln mussten. Bekam leider in der 24. Minute den Fuß von Toivonen ins Gesicht. Nasenbeinbruch! Musste runter, bevor sich die Event-Fans sein Gesicht merken konnten. NOTE: 4
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Toni Kroos: Trabte weitgehend gewohnt lässig und souverän durchs Mittelfeld. Spielte leider diesmal auch sehr lässige und ungewohnte Fehlpässe, die Schweden für gefährliche Konter nutzte. Hämmert in der 95. dann das Ding rein. Wahre Qualität. NOTE: 2
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Thomas Müller: Rackerte, wühlte, schimpfte und müllerte. Dabei fehlte ihm, wie auch seinen Sturmkollegen, oft das so dringend benötigte Glück vor dem Tor. Insgesamt mit Luft nach oben. NOTE: 4
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Julian Draxler: Hätte die deutsche Mannschaft schon nach zwei Minuten in Führung schießen können. War offensiv bemüht, doch der Bundestrainer schickte ihn nach der Halbzeit nicht mehr aufs Feld. NOTE: 4
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Marco Reus: Von gefühlt 82 Millionen Deutschen in der Startelf gefordert. Bewegte die Lippen zur Hymne und sich immer wieder geschickt in der Offensive. Traf zum 1:1. War immer in der Nähe, wenn Deutschland gefährlich wurde. NOTE: 2
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Timo Werner: Musste in der zweiten Halbzeit im Zentrum Platz für Mario Gomez machen. Kam auf dem Flügel viel besser zur Geltung und schlug prompt die Flanke von links, die zum 1:1 führte. Insgesamt eine ordentliche Partie. NOTE: 3
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Mario Gomez: Kam In der Halbzeit für Draxler. Lenkte Werners Flanke auf den Fuß von Torschütze Reus. Sorgte immer für Gefahr und kurz vor Schluss für Entsetzen auf den Fanmeilen, als er mit einem Kopfball an Torwart Olsen scheiterte. NOTE: 3
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Ilkay Gündogan: In der 31. Minute für Rudy eingewechselt. Verhielt sich bis zum Abpfiff weitgehend unauffällig, gewann aber kurz vor dem Abpfiff einen wichtigen Defensivzweikampf. Note: 4
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Julian Brandt: Kam in der 87. Minute für Jonas Hector und traf mit einem beherzten Schuss immerhin den Pfosten. NOTE: -
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2018 ist er dagegen nur noch ein Schatten seiner selbst. Lockerheit strahlt der Torjäger eigentlich nur auf den Pressekonferenzen aus. Auf dem Platz wirkt er dagegen ungewohnt gehemmt. Gegen Schweden hatte er seine beste Szene kurz nach der Pause mit einem Kopfball, der das Ziel knapp verfehlte.
In puncto Kampf- und Einsatzbereitschaft lässt sich Müller nichts vorwerfen. Ob rechts, links oder zentral - der 28-Jährige sucht immer wieder die freien Räume. Das Problem: Er findet sie kaum noch. Es scheint, als hätte der selbst ernannte "Raumdeuter" seine Orientierung verloren. Und das nicht zum ersten Mal.
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Erhält Brandt den Vorzug?
Schon bei der EM 2016 zählte er zu den großen Enttäuschungen. Doch damals hielt Joachim Löw immer wieder an ihm fest. Bleibt die Frage, wie er nun auf die schwachen Auftritte reagieren wird.
Immerhin strahlte Einwechselspieler Julian Brandt bei seinen beiden Kurzauftritten mit zwei Pfostenschüssen deutlich mehr Gefahr aus als Müller in 180 Minuten. Zudem hat der Bundestrainer mit der Versetzung von Özil und Khedira auf die Bank deutlich gemacht, dass keiner mehr unantastbar ist. Selbst in einem im Alles-oder-Nichts-Spiel wie gegen Schweden.
Image:Diese Elf drängt sich aus unserer Sicht für das letzte Gruppenspiel gegen Südkorea auf.
Wenn es nach dem Leistungsprinzip geht, dann müsste gegen Südkorea auch der Bayern-Star mit der Reservistenrolle vorlieb nehmen. Womöglich hat der Freistoß-Treffer von Toni Kroos aber auch bei Müller eine Blockade gelöst.
"Das kann ein entscheidender Wendepunkt sein - jetzt sind wir im Turnier. Die Schmetterlinge fliegen natürlich jetzt", sagte er nach dem Last-Minute-Sieg. Das Fundament für eine weitere große Liebesgeschichte ist damit eigentlich gelegt.