Statt Torgarant in der Sturmspitze nun Taktgeber im Mittelfeld: Bei der Weltmeisterschaft in Katar hat Antoine Griezmann von Trainer Didier Deschamps eine ganz neue Rolle in der Mannschaft bekommen. Der Taktik-Kniff erweist sich als brillanter Schachzug – auch weil Griezmann seine neue Rolle perfekt angenommen hat.
21 Chancen kreierte Griezmann im bisherigen WM-Verlauf - mehr als Lionel Messi oder auch Kylian Mbappe. "Natürlich sticht Kylian Mbappé immer heraus, aber nach diesem Spiel muss man einfach über Griezmann sprechen", schrieb Jürgen Klinsmann in seinem täglichen Newsletter für den britischen Sender BBC nach dem Spiel gegen Marokko: "Er war das Herz der Mannschaft. Er war mit seinem Passspiel und seiner Übersicht entscheidend nach vorne."
Griezmanns neue Rolle: Mittelfeld statt Sturmspitze
Gegen die Marokkaner überzeugte der 31-Jährige einmal mehr im Mittelfeld, wie schon bei der gesamten WM in Katar. In Deschamps 4-3-3-System wird Griezmann als variabler Achter eingesetzt, der sich immer wieder Bälle aus dem Mittelfeld holt und die Offensivreihe vor sich mit Ousmane Dembele, Olivier Giroud und Kylian Mbappe in Szene setzt.
Es war eine ganz neue Aufgabe, die Deschamps ihm für dieses Turnier aufgetragen hat, denn jahrelang war es Griezmann, der sich in der Sturmspitze selbst in Szene setzte. Auf dieser Position ging auch sein Stern bei Atletico Madrid auf, viele Jahre knipste der Franzose als Stürmer in Madrid und in der Nationalmannschaft. Bei der letzten WM 2018 war er zusammen mit Mbappe bester französischer Torschütze (je vier Tore).
Neue Position statt Bankplatz für Griezmann
Doch die Zeiten haben sich geändert. Nach seinem Wechsel konnte er beim FC Barcelona nie an seine früheren Leistungen anknüpfen und wechselte auf Leihbasis zurück nach Madrid. Doch wegen einer Klausel in seinem Vertrag wurde er stets nur von der Bank eingewechselt, weil Atletico eine festgeschriebene Ablösesumme bei einer bestimmten Anzahl an Startelfeinsätzen nicht zahlen wollte.
Bei der Nationalmannschaft war das Angebot an Offensivspielern groß: Dembele und Mbappe hatten auf den Flügeln die Nase vorn, Giroud zeigte auch im hohen Alter von 36 Jahren, dass er ein Garant in der Sturmspitze sein kann. Kein Platz also für Griezmann, doch statt den 31-Jährigen auf die Bank zu setzen, schuf Trainer Deschamps eine neue Rolle für ihn.
Griezmann als Taktgeber und Führungsspieler
Griezmann füllt diese Rolle seither mit seiner Spielintelligenz und Technik aus wie kein Zweiter. Seine Variabilität und Freiheit im Mittelfeld machen ihn und seine Pässe in die Tiefe unberechenbar. Bestes Beispiel dafür war eine Aktion im Viertelfinale gegen England: In einem Moment holte er sich noch vor der eigenen Abwehrreihe den Ball, im nächsten flankte er von der halblinken Position punktgenau in den Strafraum auf Giroud, der zum 2:1-Siegtreffer einköpfte.
Auch gegen Marokko glänzte Griezmann und wurde zum Spieler des Spiels gewählt. Seine Aufgabe hat sich verändert, vom Knipser im Rampenlicht zum Taktgeber im Mittelfeld. Mit seiner Erfahrung fungiert er auch als Antreiber und Führungsspieler, so gab er seiner Mannschaft nach dem 2:1-Erfolg gegen England mit "es ist noch nicht vorbei. Auf geht's!" auch warnende Worte mit.
Griezmann hat seine Rolle nicht nur angenommen, sondern füllt sie auch auf brillante Art und Weise aus. Ein Sieg fehlt ihm noch, um sich zum zweiten Mal in Folge zum Weltmeister zu krönen.
Damit dieser Traum in Erfüllung geht, wird es im Finale gegen Argentinien nicht nur auf seine Geniestreiche, sondern auch auf seine neugewonnen Führungsqualitäten ankommen.