Metzelder über den Umbruch in der deutschen Nationalmannschaft
Ex-Nationalspieler im Exklusiv-Interview
07.07.2018 | 17:24 Uhr
Während die WM in Russland in ihre heiße Phase geht, ist man beim DFB schon auf Hochtouren dabei, die Gründe für das krachende Turnier-Aus der deutschen Nationalmannschaft nach der Vorrunde zu analysieren. Sky hat mit Ex-Nationalspieler Christoph Metzelder über mögliche Maßnahmen für den Neuanfang des DFB-Teams gesprochen.
Metzelder sieht Ansatzpunkte auf verschiedensten Ebenen: Sowohl in Hinblick auf die Spielanlage, als auch beim Thema Personal und Außendarstellung müsse Hand angelegt werden.
Individualisten statt Kollektiv
Das Spielsystem der deutschen Nationalmannschaft sei überholt. "Ballbesitz als Selbstzweck, davon müssen wir uns verabschieden", fordert der Sky Experte: "Wir haben uns daran berauscht, dass wir hohe Ballbesitzzahlen hatten und den Gegner eingeschnürt haben, aber am Ende ist nicht viel passiert."
Ebenso verabschieden müsse man sich auch von der Vorstellung, dass es am Ende immer "Die Mannschaft" als Kollektiv richten wird. "Der deutsche Fußball muss ertragen, dass es individuelle, extrovertierte Egoisten gibt, die auf dem Platz die entscheidenden Situationen kreieren. Die haben wir in Deutschland nicht, weil wir sie eigentlich auch nicht wollen. Aber wir brauchen sie in Zukunft, weil das die Spieler sind, die Spiele entscheiden", so Metzelder.
Bundesliga in der Plicht
Der 47-fache Nationalspieler nimmt dabei auch die Vereine in die Pflicht. Der nächste Impuls beginne bei der Arbeit der Bundesligisten, der "Art und Weise, wie wir junge Spieler entwickeln im Eins-gegen-Eins und individuellen Fähigkeiten. Wir brauchen Unterschiedsspieler!"
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Der 37-Jährige legt hier auch noch einmal den Finger in die Wunde, die das Abschneiden der deutschen Teams in der vergangenen Europapokal-Saison hinterlassen hat: "Das wirkt sich natürlich auch auf das aus, was die Nationalmannschaft als Spitzenprodukt des deutschen Fußballs abliefert. Wir müssen uns alle miteinander kritisch hinterfragen!"
Was passiert mit den Weltmeistern?
Außerdem müsse ein Generationswechsel stattfinden - auch, um die Einheit in der Mannschaft wiederherzustellen. "Man hatte das Gefühl, dass in diesem Kader zwei Generationen aufeinandertreffen. Die Weltmeister von 2014 hatten die Aufgabe, die Mannschaft zu führen. Die andere Generation Confed Cup/U21-Europameister ist noch nicht so richtig zum Zug gekommen", stellt Metzelder fest.
Das größte Streitthema in dieser Hinsicht ist wohl die Personalie Mesut Özil. Der Arsenal-Profi wurde kürzlich von DFB-Teammanager Oliver Bierhoff öffentlich angezählt - seine Zukunft in der Nationalmannschaft ist offen. "Das wichtigste Kriterium ist seine sportliche Leistung", findet Metzelder. Der Sky Experte stellt aber gleichzeitig die Frage: "Findet er einen Platz in einem System, dass in Zukunft vielleicht anders aussehen wird?"
Zuletzt müsse das DFB-Team auch wieder den Schulterschluss mit den Fans finden. "Die Nationalspieler sind Vorbilder für die Kinder, die im Sommer bei den Mini-Kickern anfangen. Das ist wichtig und muss mehr nach außen demonstriert werden!"