18-jähriges Jubiläum: SC Magdeburg gewinnt Champions League

Heute vor 18 Jahren: Europas Könige kommen aus Magdeburg

Stefan Kretzschmar mit seiner Tochter Marie Lucie im Arm und der Champions-League-Trophäe.
Image: Stefan Kretzschmar mit seiner Tochter Marie Lucie im Arm und der Champions-League-Trophäe.  © Imago

27. April 2002. Ein Datum, das für jeden Handball-Fan unvergesslich bleibt. Heute vor genau 18 Jahren gewann der SC Magdeburg als erster deutscher Handballverein die Champions League. Im Final-Rückspiel besiegte das Team von Alfred Gislason den KC Fotex Veszprem mit 30:25. Sky Sport erinnert sich.

8000 Zuschauer, Partystimmung, Lichtspiele und auch Glücksbringer waren dabei: An jenem Abend, an dem der Bundesligist SC Magdeburg als erster deutscher Verein die Champions League gewinnen sollte, war die Atmosphäre in der Bördelandhalle wahrhaft meisterlich.

Wunderkerzen, hüpfende Gäste und Schornsteinfeger

Nach der 21:23-Niederlage im Hinspiel in Veszprem hatte Handball-Ikone Stefan Kretzschmar die Magdeburger Fans aufgerufen, richtig Krawall in der Bördelandhalle zu machen. Und er wurde nicht enttäuscht: Schon vor dem Anwurf brachten tausende Wunderkerzen die Sportstätte zum Leuchten und die Spieleraugen zum Strahlen. Drei Schornsteinfeger liefen mit der ausgebreiteten Vereinsfahne übers Parkett.

Aber auch die 800 mitgereisten ungarischen Fans brauchten sich stimmungstechnisch nicht zu verstecken. Die im Oberrang untergebrachten Gäste waren so heftig am Hüpfen, dass sogar das Hochbauamt Sorge hatte, die Statik der Blöcke würde nicht Stand halten.

 Aus  Ungarn waren 800 Fans in 40 Bussen mitgereist, um ihr Team zu unterstützen. Am Ende reichte der Hinspielsieg nicht aus.
Image: Aus Ungarn waren 800 Fans in 40 Bussen mitgereist, um ihr Team zu unterstützen. Am Ende reichte der Hinspielsieg nicht aus.  © Imago

"Heute ist ein Tag, um Geschichte zu schreiben"

Dennoch dominierten die heimischen Zuschauer durch glänzende Kreativität: Bei jedem Tor der Magdeburger gab es einen riesigen Konfettiregen wie in einem argentinischen Fußballstadion. Zudem hielten die Fans hinter dem Tor ein großes, selbstgebasteltes Spruchband hoch mit den Worten: "Heute ist ein Tag, um Geschichte zu schreiben."

Wunsch und Verpflichtung zugleich - und der SCM sollte Wort halten. Angetrieben von den Rückraumspielern Nenad Perunicic und Olafur Stefansson und kreativ unterstützt vom Sky Experten Stefan Kretzschmar auf Linksaußen gelang den Elbstädtern als erster deutscher Verein der Sieg in der Königsklasse. Mit 30:25 (15:10) bezwang das Team von Trainer-Legende Alfred Gislason den ungarischen Klub KC Fotex Veszprem im Final-Rückspiel.

Als erste deutsche Mannschaft gewinnt der SC Magdeburg die Champions League.
Image: Als erste deutsche Mannschaft gewann der SC Magdeburg die Champions League.  © Imago

Das Wunder von Magdeburg

Als erster nicht spanischer Gewinner, der seit 1994 einführten Champions League, drehten die Magdeburger die Niederlage aus dem Hinspiel in Ungarn. So war es auch kein Wunder, dass der Jubel in der Halle keine Grenzen mehr kannte, als die französischen Schiedsrichter Francois Garcia und Jean-Pierre Morena an jenem Samstag um 16:14 Uhr die Partie abpfiffen. Alle Magdeburger Akteure lagen sich jubelnd in den Armen und wurden von der Menge auf dem Feld umringt.

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Kein Tag wie jeder andere

Dementsprechend ausgelassen wurde anschließend gefeiert: Stefansson kündigte es zumindest vollmundig an: "Wir feiern heute, morgen und übermorgen und werden irgendwo auf der Straße liegen. Wenn uns jemand findet, bitte nach Hause bringen. Alfred natürlich auch."

"Ich nenne mein Kind, das nächste Woche geboren wird, vielleicht Bördenlan", sagte Perunicic mit einer Whiskeyflasche in der Hand und gab ein Interview nach dem anderen.

Die Party fand schließlich ihre Fortsetzung in der Magdeburger Innenstadt auf dem Alten Markt. In Cabrios wurde die Mannschaft zum Rathaus gefahren, wo mehr als 20.000 Anhänger ihre Idole ausgelassen empfingen. Die Siegesstimmung kannte keine Grenzen. Die Party ging sogar so weit, dass "Kretzsche" zu Scholz meinte: "Du, mir fehlen drei Tage danach."

Die jubelnden Magdeburger mit der Trophäe auf dem Balkon des Rathhauses. Mehrere Tausend Fans feiern im Hintergrund auf dem Rathausplatz ihre Mannschaft.
Image: Die jubelnden Magdeburger mit der Trophäe auf dem Balkon des Rathauses. Mehrere Tausend Fans feierten im Hintergrund ihre Mannschaft.  © DPA pa

So war das Spiel

Dem größten Erfolg in der Magdeburger Vereinsgeschichte nach der Wende ging vor ausverkauftem Haus ein temporeiches Spiel voraus. Der SCM gab Vollgas und führte nach sechs gespielten Minuten bereits mit 5:1. Die Ungarn fingen sich aber schnell und glichen in einer ihrer stärksten Phasen zum 7:7 (15. Minute) aus. Doch die Hausherren ließen sich nicht hängen, überstanden die Schwächephase trotz etlicher Fehlwürfe des Jugoslawen Perunicic und bogen zur Pause wieder auf die Siegerstraße ein (15:10 Halbzeitstand).

Nach dem Seitenwechsel wurde es noch einmal dramatisch. Der ungarischen Weltklasse-Mannschaft um den 40-jährigen Routinier Zlatko Saracevic fehlte beim 27:24 (56.) und 28:25 (59.) jeweils nur ein einziges Tor zum großen Glück. Der isländische SCM-Trainer Alfred Gislason, der während der gesamten Partie wie ein aufgeschrecktes Huhn an der Seitenlinie mit erhobenen Armen auf und ab rannte, ging in diesen Momenten "durch die Hölle".

Alfred Gislason, der während der gesamten Partie wie ein aufgeschrecktes Huhn an der Seitenlinie mit erhobenen Armen auf und ab rannte, ging in diesen Momenten ''durch die Hölle''.
Image: Alfred Gislason durchlebte während der Partie einige Momente ''durch die Hölle''.  © Imago

Der deutsche Meister von 2001 wankte in der Schlussphase, aber er fiel nicht. Großen Anteil daran hatte der französische Keeper Christian Gaudin, der mit Glanzparaden den hauchdünnen Vorsprung rettete. Als der Isländer Stefansson in der letzten Minute für die Magdeburger Farben auf 29:25 erhöhte, war der Traum vom Gewinn der ersten Champions League in der deutschen Geschichte perfekt - der vierte Titel (nach der Meisterschaft, dem EHF-Cup-Sieg und der Vereins-EM) binnen zwölf Monaten.

Der letzte Treffer ging an Perunicic, dessen Einsatz aufgrund einer Knieprellung im Abschlusstraining auf der Kippe stand. "Er ist aber zum Glück rechtzeitig fit geworden und hat kurz vor Schluss das letzte Tor erzielt. Ich erinnere mich noch genau, wie er danach auf die Knie gefallen ist und die Hände vor das Gesicht geschlagen hat", so der mediale Begleiter des SCM Olaf Scholz.

Der Einsatz von Nenad Perunicic stand vor dem Rückspiel noch in den Sternen - zum Glück wurde er rechtzeitig fit, denn mit seinen fünf Treffern hatte er einen maßgeblichen Anteil am CL-Sieg der Magdeburger.
Image: Der Einsatz von Nenad Perunicic stand vor dem Rückspiel noch in den Sternen - zum Glück wurde er rechtzeitig fit, denn mit seinen fünf Treffern hatte er einen maßgeblichen Anteil am CL-Sieg der Magdeburger.  © Imago

Das war die Sieger-Aufstellung

Das Erfolgsgeheimnis? Die Aufstellung von Alfred Gislason, denn auf jeder Position gab es einen Weltklassespieler, ergänzt um ein Talent aus dem eigenen Nachwuchs. Dazu gehörte der heutige SCM-Trainer Bennet Wiegert.

Christian Gaudin, Sune Agerschou (Tor) - Olafur Stefansson (7/4 Tore) , Nenad Perunicic (5), Joel Abati (5), Oleg Kuleschow (5), Gueric Kervadec (4), Stefan Kretzschmar (3), Uwe Mäuer (1), Steffen Stiebler, Sven Liesegang, Bennet Wiegert, Christian Schöne, Robert Lux - Trainer: Alfred Gislason

"Wir feiern heute, morgen und übermorgen und werden irgendwo auf der Straße liegen. Wenn uns jemand findet, bitte nach Hause bringen. Alfred natürlich auch."
Torschütze Olafur Stefansson vor der großen Party

Pressestimmen und Zitate

"Der historische Erfolg mit dem Gewinn der Champions League hat den deutschen Handball-Meister SC Magdeburg in einen Feiertaumel gestürzt und den Wunsch auf den nächsten Coup geweckt." (Frankfurter Allgemeine)

"Das Wunder von Magdeburg" (handball-world)

"Es ist das Größte, diese Trophäe endlich nach Deutschland zu holen. Wir sind das beste Team Europas. Ich bin unglaublich stolz. Wir haben so lange auf diesen Erfolg hin gearbeitet und sogar Spiele in der Bundesliga geopfert." (Trainer Alfred Gislason)

Mehr zur Autorin Isabel Barquero Pena