Die jüngsten Trainerentlassungen im deutschen Handball sorgen für Grummeln in der Szene

Verhältnisse wie im Fußball? Handball-Szene grummelt nach Trainer-Entlassungen

Von SID, Isabel Barquero Pena

Den Löwen trägt er ab jetzt dauerhaft im Herzen: Martin Schwalb ist zurück im aktiven Sport. Mit ganz viel Bock will er die Rhein-Neckar Löwen wieder zum Brüllen anstacheln (Videolänge: 2:01 Minuten).

Erst Christian Prokop und Kai Wandschneider, nun Kristjan Andresson, Heiko Grimm und Velimir Petkovic. Die jüngsten Trainerentlassungen im Handball erinnern an Verhältnisse wie im Fußball. Die Verantwortlichen der LIQUI MOLY HBL sehen es pragmatisch.

Die jüngsten Trainerentlassungen im deutschen Handball sorgen für ein Grummeln in der Szene. Flensburgs Meistercoach Maik Machulla warnt angesichts des sich immer schneller drehenden Trainer-Karussells davor, dass "die Dinge Züge wie im Fußball annehmen".

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"Müssen cooler werden"

"Wir müssen alle cooler werden", sagte der 43-Jährige der dänisch-deutschen Tageszeitung Flensborg-Avis angesichts der jüngsten Ereignisse beim Deutschen Handballbund (DHB) und in der LIQUI MOLY HBL. Was mit der für viele überraschenden Freistellung von Bundestrainer Prokop am 6. Februar begann, erreichte keine drei Wochen später mit dem unehrenhaften Rauswurf von Heiko Grimm bei der MT Melsungen am Dienstag einen neuen Höhepunkt. Grimm war vier Tage vor der tatsächlichen Demission schon per Ultimatum mit Trennung gedroht worden.

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Alle Trainer-Wechsel der vergangenen Wochen im Überblick

Kai Wandschneider: Nach der Saison 2020/21 ist für ihn Schluss bei der HSG Wetzlar. Der Verein will sich neu strukturieren und andere Wege gehen. Diese Entscheidung sorgte für viel Entsetzen. Sein Nachfolger ist noch nicht bekannt.
Kristjan Andresson: Musste sich Anfang der Woche von seinen Trainer-Pflichten bei den Rhein-Neckar Löwen verabschieden. Er kam zu Beginn der Saison für Nikolaj Jacobsen, die schwankende Formkurve der Mannheimer sorgte für die Reaktion im Verein.
Martin Schwalb: Er ist der Neue an der Seitenlinie der Rhein-Neckar Löwen. Sein Vertrag geht bis Ende der Saison 2020/2021. Sein Amt als Vizepräsident beim HSV Handball wird Schwalb ebenso wie seine Sky Experten-Tätigkeit ruhen lassen.
Heiko Grimm: Eigentlich hatte die MT Melsungen dem ehemaligen Trainer ein Drei-Spiele-Ultimatum zugesagt, doch daraus wurde nichts. Ausschlaggebend für die Entlassung war wohl unter anderem das Remis beim Tabellenvorletzten Eulen Ludwigshafen.
Gudmundur Gudmundsson: Übernimmt bis Saisonende die MT Melsungen. 2016 führte er Dänemark zum Olympiasieg. Als Vereinstrainer feierte er Erfolge mit den Rhein-Neckar Löwen. Eine Weiterverpflichtung ist nicht ausgeschlossen.
Velimir Petkovic: Auch er muss nach der jüngsten Niederlage gegen das Tabellen-Schlusslicht den Platz bei den Füchsen Berlin räumen. Michael Roth wird bis zum Sommer übernehmen und ab sofort das Training der Hauptstädter leiten.
Jaron Siewert: Er ist erst 26 Jahre alt, doch wird schon in der kommenden Saison Trainer in der HBL. Die Füchse Berlin verkündeten Ende Oktober seine Verpflichtung. Er ist ein alter Bekannter, denn Siewert kommt aus der Füchse-Nachwuchsakademie.
Adalsteinn Eyjölfsson: Mitte Februar zog der HC Erlangen die Reißleine und gab die Trennung des Isländers bekannt. Damit reagierte der Verein auf die negative Tendenz von vier Niederlagen aus fünf Spielen.
Rolf Brack: Wurde nach nur drei Wochen im Traineramt wieder freigestellt, da die Erlanger am Wochenende gegen die Eulen Ludwigshafen verloren und sich nun im Abstiegskampf befinden.
Michael Haaß: Wird ab sofort Spielertrainer beim HC Erlangen. Eigentlich sollte er erst ab der kommenden Saison als Cheftrainer übernehmen, doch der drohende Abstieg lässt den Verein handeln.
Heiner Bültmann: Stieg vor der Saison aus gesundheitlichen Gründen aus dem Traineramt beim Aufsteiger HSG Nordhorn-Lingen aus. Die Entscheidung kam für den Verein überraschend. Nach fast fünf Monaten kehrt er als Sportlicher Leiter zurück.
Geir Sveinsson: Konnte kurzfristig für den Job an der Seitenlinie bei der HSG Nordhorn-Lingen gewonnen werden. Seine Mannschaft konnte aber erst ein Saisonsieg feiern, langsam aber sicher steht der Gang in Liga zwei fest.
Christian Prokop: Als Bundestrainer hatte er es von Beginn an schwer. Trotz Unzufriedenheit während der EM, gaben ihm die DHB-Funktionäre öffentlich eine Jobgarantie - einige Tage später dann die überraschende Beurlaubung. Die Handball-Szene tobte.
Alfred Gislason: Er ist der neue Bundestrainer. Der DHB entschied sich kurzfristig für Gislason - er stand kurz vor der Unterzeichnung bei der russischen Nationalmannschaft. Im April steht das richtungsweisende Olympia-Quali-Turniier an.

Öffentliches Ultimatum für Trainer nicht nötig

"Ich glaube nicht, dass es ein öffentliches Ultimatum für einen Trainer benötigt", so Machulla. Die nicht minder skurrile Nachricht des bevorstehenden Abgangs von Liga-Urgestein Kai Wandschneider, der 2021 bei der HSG Wetzlar gehen muss, kommentierte der Meistertrainer der letzten zwei Spielzeiten nicht. Und auch die Füchse Berlin haben nach der Niederlage gegen Nordhorn die Reißleine gezogen und Trainer Velimir Petkovic freigestellt. Gleiches Schicksal am selben Tag für Rolf Brack: nach nur drei Wochen muss auch er sein Traineramt beim HC Erlangen niederlegen.

Stattdessen warb Machulla um Geduld vor allem mit neuen Trainern wie beispielsweise Andresson, der bei den Rhein-Neckar Löwen erst zu Saisonbeginn die Nachfolge von Nikolaj Jacobsen angetreten hatte und am Samstag entlassen wurde. "Er war neu, kannte weder die Liga noch die Sprache", sagte Machulla: "Man darf vor allem das mit der Liga nicht unterschätzen, und daher gilt wie für einen Spieler, dass auch ein Trainer ein Jahr Zeit benötigt, um richtig anzukommen."

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Martin Schwalb lässt seine Experten-Tätigkeit bei Sky für seinen neuen Trainerjob ruhen. Ist Heiner Brand nun der nächste, der als neuer Trainer wieder zurück in den Handball kehrt? Er selber gibt uns die Antwort (Länge: 18 Sekunden).

"Trainer tragen die Gesamtverantwortung"

Die HBL-Spitze ist in dieser unruhigen Zeit um Deeskalation bemüht. In den letzten Tagen und Wochen sei im Handball tatsächlich einiges passiert, sagte Liga-Geschäftsführer Frank Bohmann im Gespräch mit dem SID, das habe sicherlich auch etwas mit dem gesteigerten Erwartungsdruck zu tun - von den Klubführungen, aber auch von der Öffentlichkeit.

"Ich sehe darin aber kein Problem des Handballs. Bei uns herrschen die gleichen Gesetze wie im Fußball", so Bohmann: "Trainer sind nun mal in erster Linie dem Erfolg verpflichtet, sie tragen die Gesamtverantwortung für den sportlichen Erfolg und bekommen dafür gutes Geld."

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Der Liga-Boss betonte, sich nicht in Personalentscheidungen der Klubs einmischen zu wollen. Er gibt Machulla aber insofern Recht, dass man "in dem ein oder anderen Fall vielleicht geduldiger" hätte sein können: "Aber die Klubs treffen solche Entscheidungen mit Sicherheit nicht leichtfertig. Denn, und das darf nicht vergessen werden, eine Entlassung kostet vor allem Geld."

Sport-Informations-Dienst (SID)