Die Vorrunde ist für Deutschland vorbei, das Ticket für die Hauptrunde ist gebucht. Das war aber bisher auch alles, über was sich das DHB-Team freuen kann. Zu schwach waren die Auftritte gegen Spanien und Lettland. Wir zeigen Euch, wo die Probleme liegen und welche möglichen Lösungswege bestehen.
1. Eine löchrige Abwehr
Was sich schon gegen Spanien zeigte, war auch gegen Lettland nicht zu übersehen: Die deutsche Abwehr funktioniert noch nicht. Dem Kieler Mittelblock um Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek, eigentlich das Prunkstück der DHB-Teams, fehlt sowohl in der 6:0-Defensive als auch in der 5:1-Formation der Zugriff. Lettlands 2,15-Hüne Dainis Kristopans nahm die deutsche Abwehr in der zweiten Hälfte nach Belieben auseinander. Jannik Kohlbacher stand in der Deckung bisher völlig auf verlorenem Posten, ließ sich bereits mehrfach im Eins-gegen-Eins austanzen.
Eine Lösung befindet sich mit dem Flensburger Johannes Golla bereits im 17er-Kader und könnte schon bald nachnominiert werden. "Wir werden Johannes bei dieser EM noch sehen", sagte Bundestrainer Christian Prokop nach dessen Ausbootung. Jetzt scheint der richtige Zeitpunkt. Golla ist abwehrstark, gehört beim deutschen Meister zum festen Bestandteil des Innenblocks. Aber wer könnte Platz machen? Kohlbacher ist in der Offensive unverzichtbar. Dafür könnte Mittelmann Marian Michalczik ein Streichkandidat sein, doch auch der könnte noch gebraucht werden.
2. Ein fehlender Spielführer
Denn auch auf der Spielmacherposition hat das DHB-Aufgebot - auch aufgrund zahlreicher Absagen - so seine Probleme. Gegen die offensive Deckung der Spanier war Paul Drux vollkommen überfordert. Gegen Lettland überzeugte er dann zwar als Torschütze, bekam seine Nebenleute aber nicht oft genug in gute Positionen. Das gelang Philipp Weber besser, der Leipziger schwächelte dafür im Abschluss, zudem kann Weber wenn nur auf Außen decken.
Zwei Personalien könnten Abhilfe verschaffen. Einmal der bereits genannte junge Michalczik, dessen erster Auftritt gegen die Niederlande zwar unglücklich wirkte, der aber in der Vorbereitung als guter Ballverteiler und Deckungsspieler überzeugte. Der 22-Jährige scheint aber unter Prokop eine untergeordnete Rolle zu spielen, der Mindener kam in den beiden weiteren Begegnungen nur noch auf knapp sieben Minuten Einsatzzeit.
Zum anderen wäre da Routinier Steffen Weinhold, der aufgrund von Fußproblemen vor der EM kurzfristig absagte. Falls er wieder fit ist, könnte er die Mannschaft als absoluter Leader wieder führen. "Als Charakter kann er als Führungsspieler das Mannschaftsgefüge lesen. Außerdem strahlt er eine gewisse Ruhe aus", sieht auch Bundesligaspieler Bastian Roschek im Talk bei Sky Sport News HD in Weinhold eine Alternative.
3. Ein Wolff ohne Biss
Ein anderer Leader, an dem diese EM noch komplett vorbeiläuft, ist Torhüter Andreas Wolff. Der EM-Held von 2016 präsentierte sich gegen Spanien und Lettland erschreckend schwach. Die Anzahl der Paraden des Ex-Kieler lassen sich in den beiden Duellen an einer Hand abzählen. Das sonst von ihm bekannte Selbstvertrauen scheint weg zu sein. Auch Ersatzmann Jogi Bitter hat noch Steigerungspotential. "Wir haben meiner Meinung nach das beste Gespann der EM", so Handball-Legende Christian Schwarzer vor dem Turnier. Das muss das Duo jetzt beweisen.
Aber eine alte Handball-Weisheit lautet: "Ein Torhüter ist nur so gut wie seine Abwehr." Die beiden Schlussmänner wurden des Öfteren von ihren Vordermännern im Stich gelassen. Das ist womöglich auch der Lösungsansatz. Mit einer verbesserten Abwehr könnten sich Wolff und Bitter durch einfache Paraden das Selbstverständnis zurückholen und sich so wieder zu den entscheidenden Faktoren entwickeln.
Es bleibt spannend, wie der Bundestrainer die Problemzonen angeht. Fakt ist, dass in der Hauptrunde - trotz der bisher dürftigen Auftritte - noch alles drin ist. Nun sind Prokop und die Mannschaft gefragt die richtigen Schlüsse zu ziehen, und wieder das Gesicht der vergangenen Jahre zu zeigen.