Es war eine hochemotionale Angelegenheit als am Samstag in der Leipziger Arena 250 jubelnde Fans ihre Mannschaft empfangen - nach über einem halben Jahr. Doch die Partie gegen Zweitligist Aue war eher Nebensache, denn die Spieler hatten kurz vor Anpfiff eine klare Botschaft an die Politik.
Mit einem 30 Meter langen Banner standen die Spieler vom SC DHfK Leipzig und EHV Aue auf der Platte kurz vor Spielbeginn. Die Überschrift: "Gemeinsam für und mit", außerdem waren knapp 40 Berufs- und Personengruppen in roter Schrift aufgelistet. All diejenigen, die von der aktuell unklaren Situation der Sport- und Veranstaltungsbranche maßgeblich betroffen sind. Eine mehr als klare Botschaft an die Politik.
"Niemand muss sich Sorgen machen"
Die Handballer wollen mit dieser Nachricht und dem Testdurchlauf mit Zuschauern wachrütteln und die Angst nehmen. Veranstaltungen unter strenger Einhaltung der Hygienekonzepte seien nichts Gefährliches, so DHfK-Geschäftsführer Karsten Günther im Interview mit Sky Sport News. "Es darf nicht perse alles als gefährlich abgestempelt und verboten werden. Alle Kollegen in der Handball-Bundesliga, als auch in der Basketball- und Eishockey-Liga sind so clever und schlau, Hygienekonzepte an den Start zu bringen, sodass sich überhaupt niemand Sorgen machen muss, wenn wir unseren Sport wieder ausüben, zusammen mit unseren Fans."
Sport- und Veranstaltungsbranche stark gefährdet
Die aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung verordnen, dass Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist, bis mindestens Ende Dezember 2020 nicht stattfinden dürfen.
Eine Entscheidung, die Günther nicht unbedingt nachvollziehen kann: "Die Beschlüsse erwecken wieder den Eindruck, dass wir verzichtbares Gut sind und dass es nicht so schlimm ist, wenn ein paar Sportler mal ihren Job nicht ausüben können. Da ist das Verständnis abhanden gekommen. Es geht hier um tausende, vielleicht Millionen von Menschen, die in Lohn und Brot in der Sport- und Veranstaltungsbranche stehen."
Sein Vorschlag: Den Veranstaltern und Vereinen eine Chance geben, damit sie mit Abstandsregelungen und Hygienekonzepten ihre Arbeit wieder aufnehmen können - mit einer Untergrenze von 1000 Zuschauern in den Hallen. Eine Verschiebung des Saisonauftaktes sei unvorstellbar, "weil wir insgesamt 38 Spieltage abbilden müssen bis Ende Juni, danach geht die Olympia-Vorbereitung los, es findet eine WM zwischendrin statt. Eine Verschiebung wird - Stand heute - überhaupt keine Sicherheit darüber geben, dass wir dann später mit Zuschauern anfangen dürfen. Das verlagert das Problem nur nach hinten."
"Perspektivlosigkeit für viele Vereine"
Aktuell könnte aber auch der Fall auftreten, dass die Liga wie geplant am 1. Oktober startet, allerdings mit Geisterspielen. Das würde bedeuten: drei Heimspiele ohne Einnahmen. Ob dies die ohnehin schon am Tropf hängenden Klubs alle stemmen können, ist unklar. "Am Ende des Tages ist zwar alles machbar, aber darum darf es überhaupt nicht gehen. Das schafft eine Perspektivlosigkeit für viele Vereine, die so einfach nicht hinnehmbar ist", meint der Leipziger Geschäftsführer. Es sei an der Zeit gekommen,"ein bisschen lauter und deutlicher" zu werden, im engen Dialog mit Entscheidungsträgern.
Dass die Konzepte von Leipzig und wahrscheinlich auch von vielen anderen Vereinen schlüssig sind, zeigt das Testspiel gegen Aue (Ergebnis 33:27). Alle hätten sich "spitzenmäßig" verhalten. Es sei eine sehr hohe Disziplin dabei gewesen. Laut Günther hätten die 250 Fans mindestens genauso viel Lärm produziert wie tausend Zuschauer.
Am Sonntag ging die Testreihe direkt weiter, als der SC den polnischen Meister und Champions-League-Teilnehmer Vive Kiele (29:32) mit dem deutschen Nationaltorhüter Andreas Wolff empfing. Zu der Partie waren 500 Zuschauer zugelassen. Ein erster, wichtiger Schritt zurück zur Normalität.