Die Corona-Krise hat den Sport schwer im Griff, die Planungen werden weiterhin erschwert. In letzter Zeit kamen vermehrt Forderungen von Bundesliga-Klubs, die Handball-WM 2021 in Ägypten abzusagen. Die Reaktion aus dem deutschen Verband ist deutlich.
Seit einiger Zeit melden sich immer wieder Vertreter aus der Bundesliga zu Wort, die einen späteren Ligabeginn und eine Absage der Weltmeisterschaft für Januar 2021 in Ägypten fordern. Dem hat der Deutsche Handballbund (DHB) und die Handball-Bundesliga eine klare Abfuhr erteilt.
"Ein Saisonstart am 1. Oktober bleibt fest in unserem Fokus", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme, "eine weitere Verschiebung konterkariert alle bisherigen Planungen und gefährdet andere, für den deutschen Handball enorm wichtige nationale und internationale Wettbewerbe. Dazu zählt auch die WM in Ägypten. Gastgeber Ägypten und Ausrichter IHF werden alles unternehmen, um eine sichere WM zu ermöglichen."
Hanning "stocksauer und fassungslos"
Der Hintergrund der Diskussion: Kiels Aufsichtsratsvorsitzender Marc Weinstock und Flensburgs Beiratschef Boy Meesenburg plädierten in einem gemeinsamen Interview der Sport Bild dafür, erst am 1. Januar mit dem Spielbetrieb in der Handball-Bundesliga zu beginnen und die WM abzusagen. Besonders einer hatte sich über die Aussagen geärgert: Bob Hanning. Der DHB-Vizepräsident reagierte "stocksauer und fassungslos".
Besonders die Begründung einer WM-Absage von Meesenburg, stieß dem Geschäftsführer der Füchse Berlin mächtig auf: "Es ist arrogant und respektlos, den Ägyptern abzusprechen, Hygienestandards einhalten zu können. Natürlich können sie das. Die gehen doch nicht noch im Vierfüßlerstand über die Straße. Ich distanziere mich von solchen Aussagen", so Hanning im Gespräch mit dem Sport Informations Dienst (SID).
Deutscher Handball muss positioniert werden
Auch DHB-Präsident Andreas Michelmann und Liga-Boss Uwe Schwenker sprachen sich vehement gegen eine Absage der Handball-WM und eine Verlegung des Saisonstarts der Bundesliga aus. "Der gesamte deutsche Handball profitiert von einer Weltmeisterschaft der Männer im Januar", sagte Michelmann und betonte:
"Die Übertragungen ermöglichen der Nationalmannschaft Spiele in der Primetime und damit Reichweiten von bis zu zehn Millionen Zuschauern. Unsere Teilnahme ist wichtig für die nationale und internationale Positionierung des deutschen Handballs und muss daher unser gemeinsamer Wille sein."
Saisonauftakt wird nicht verschoben
Schwenker erteilte der Verschiebung der Bundesliga zudem eine umgehend Absage. Auch Hanning stimmt dem zu: "Die Formel 1 fährt, die Fußball-Bundesliga spielt - da frage ich mich schon, warum wir keinen Handball spielen sollen."
Kiels Geschäftsführer Viktor Szilagyi plädiert beim Thema Saisonstart hingegen dafür, dass "wir uns eine gewisse Flexibilität erhalten - wir dürfen uns vor nichts verschließen", sagte er dem SID: "Wir haben uns vor zwei Monaten, auch geprägt von einem gewissen Optimismus, auf den 1. Oktober als Ligastart geeinigt. Das sollte aber meiner Meinung nach nicht heißen, dass wir aufhören darüber zu diskutieren, was das Beste für den Handball ist."
Schwalb stellte WM-Austragung in Frage
Losgetreten hatte die Diskussion der Rhein-Neckar-Löwen-Trainer Martin Schwalb. Der ehemalige Sky Experte hatte Mitte Juli die Austragung der WM im Januar 2021 angesichts der immensen Belastung für die Spieler in Frage gestellt. Damals schon hatte sich Hanning kritisch geäußert und gemeint, dass sei alles populistisch. "Über Dinge, die man nicht diskutieren kann, braucht man auch nicht zu diskutieren. Diese WM wird stattfinden."
Unterstützung bekam Hanning damals von Andreas Thiel, seinem Kollegen im DHB-Präsidium. Der frühere Weltklasse-Torhüter mahnt vor allem den finanziellen Aspekt an. "Die Verbände sind natürlich auf die WM-Teilnahme ihrer Spieler angewiesen, damit die Sponsorenleistungen weiter fließen."
Schnell waren die Wogen aber wieder geglättet, nachdem Michelmann und Hanning ein gemeinsames Gespräch mit Schwalb geführt hatten und verkündeten, dass alle "in der WM-Frage ein gemeinsames Verständnis" haben.
Keiner kann die Corona-Entwicklung beeinflussen
Eins ist klar: Die Austragung der WM ist und bleibt ein hitziges Diskussionsthema. Mit der Forderung nach einer Absage wurde für viel Aufsehen gesorgt. Auch der Appell, den Start der Handball-Bundesliga von Oktober auf Januar zu verschieben, sorgte für ein gewaltiges Echo.
Letztendlich wird es aber keine Rolle spielen, was der Einzelne darüber denkt oder sagt. Das letzte Wort haben in diesem Fall auch nicht der Gastgeber Ägypten und der Ausrichter IHF. Denn auch sie können die Corona-Pandemie nicht beeinflussen und steuern.