Sky Experte Stefan Kretzschmar beleuchtet in seiner Kolumne jede Woche die wichtigsten Themen aus der Welt des Handballs. Dieses Mal freut sich der ehemalige Nationalspieler auf den Restrundenstart der Bundesliga nach der WM-Pause.
Die Heim-WM ist Geschichte, es ist wieder Zeit für Champions League und Bundesliga! Ich habe in den letzten Tagen ein wenig durchgeatmet und freue mich, dass es jetzt wieder losgeht. Denn die HBL ist wahnsinnig spannend. Der Kampf um die Meisterschaft natürlich an erster Stelle, aber auch das Rennen um die internationalen Plätze und nicht zuletzt der Abstiegskampf!
Handball ist in aller Munde! Nach der WM wollen die Leute die erfolgreichen Stars auch in der Liga sehen. Die WM-Begeisterung ist immer noch da, und das wird sich in ausverkauften Hallen und toller Atmosphäre widerspiegeln. Wir zeigen die erste Konferenz nach der WM-Pause im Free-TV, und die hat es gleich voll in sich! Tabellenführer Flensburg ist in Wetzlar im Einsatz, Verfolger Kiel in Göppingen. Da ist gleich eine Menge Brisanz drin!
Flensburg stellte acht Finalteilnehmer
Flensburg hatte bei der WM acht Finalteilnehmer, wovon vier den Titel geholt haben. Das ist schon unglaublich. Im Rahmen des All Star Games habe ich Coach Maik Machulla gefragt, ob das ein Vorteil ist, dass seine Spieler so erfolgreich waren.
Psychologisch ist das ja nicht gerade einfach: du spielst ein Finale im eigenen Land und holst den größten Titel überhaupt. Und dann musst du eineinhalb Wochen später in Wetzlar antreten. Nichts gegen die HSG! Da wird eine überragende Atmosphäre herrschen. Aber das musst du als Spieler erstmal verarbeiten und dich neu fokussieren. Es wird Maiks Hauptaufgabe sein, das seinen Spielern zu vermitteln. Er hat mir aber versichert, dass er ein sehr hungriges Team hat und das kein Problem wird.
Wetzlar sollte man nicht unterschätzen
Das Ergebnis werden wir am Donnerstag sehen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man nach so einem Turnier erstmal emotional leer ist. Dann musst du dich wieder neu konzentrieren. Dafür ist es fast förderlich, wenn du das Turnier in den Sand gesetzt hast. Dann willst du sofort wieder beweisen, was du eigentlich drauf hast! Aber dennoch: Flensburgs Ausgangsposition ist natürlich tadellos. Mit null Minuspunkten in die restliche Runde zu gehen ist ein Traum.
Jetzt kommt das Aber: Sie haben alle schweren Gegner noch auswärts! Und schon Wetzlar ist ein Gegner, den sie tunlichst nicht unterschätzen sollten! Eine echte Bewährungsprobe im ersten Spiel nach der WM.
Fäth kehrt mit Selbstvertrauen zurück
Zum Glück hat es kein Team verletzungsbedingt extrem getroffen bei dieser WM! Gerade in Kiel hält man aufgrund der schlechten Erfahrungen bei solchen Turnieren ja immer zwei Wochen lang die Luft an. Die Schlüsselspieler aus Flensburg, Kiel und Mannheim sind gesund zurückgekehrt.
Bei den Löwen ist beispielsweise Steffen Fäth mit gestiegenem Selbstvertrauen zurückgekehrt. Auch das kann ja entscheidend sein für die nächsten Wochen! Bei Flensburg ist das noch viel mehr der Fall. So gesehen ist es für die deutschen Mannschaften im Allgemeinen ganz gut gelaufen.
Duvnjak hat einen dicken Hals
Ein Patrick Wiencek hat enorm profitiert von dieser WM! Genauso Hendrik Pekeler. Die haben jetzt einen ganz anderen Status im Land und werden mit geschwollener Brust auftreten. Diese WM hat allen Beteiligten geholfen! In Puncto Selbstvertrauen hat sich da viel getan, gerade bei den Deutschen. Nur Domagoj Duvnjak vom THW Kiel hat sicherlich noch einen dicken Hals, nach der knappen Niederlage gegen Deutschland. Aber auch das kann ja zusätzlich motivieren.
Revolutionäre sportliche Entwicklungen, die ich nun auch in der Liga erwarte, konnte ich bei der WM nicht feststellen. Auffällig war die Linie der Schiedsrichter. Das war mir zu kleinlich! Deshalb hoffe ich, dass die Unparteiischen in der HBL wieder etwas großzügiger pfeifen und nicht jedes kleine Foul sofort mit zwei Minuten bestrafen.
Abwehrreihen dominierten die WM
Gefreut hat mich, dass wir nur selten den siebten Feldspieler gesehen haben. Das Handball-Spiel bei der WM wurde dominiert von den Abwehrreihen. Allen voran das deutsche: wir haben bis zum Halbfinale die beste Deckung der Welt gestellt! Es wird interessant zu beobachten, ob der Toreschnitt in der Liga weiter sinkt und noch mehr Augenmerk auf die Abwehr gelegt wird.
Außerdem gab es außer Niklas Landin keinen Torhüter, der dem Turnier seinen Stempel aufdrücken konnte. Ich gehe davon aus, dass wir da in der Liga wieder andere Torhüterleistungen sehen werden.