Kretzschmar: Lösungsansätze für das Reizthema Belastung
Die Kolumne von Sky Experte Stefan Kretzschmar
03.03.2019 | 14:20 Uhr
Sky Experte Stefan Kretzschmar beleuchtet in seiner Kolumne jede Woche die wichtigsten Themen aus der Welt des Handballs. Diesmal nennt er Maßnahmen für eine bessere Belastungsteuerung. Zudem spricht er über die Baustellen bei den Rhein-Neckar Löwen und die Nominierung der DHB-Neulinge.
Das Thema, das in dieser Woche wieder Brisanz aufgenommen hat und den Handballsport vor allem in Deutschland seit längerem beschäftigt, ist die hohe Belastung für die Profis besonders in Jahren, in denen die Olympischen Spiele stattfinden. Es kam nun zu einem Treffen der Liga-Bosse und den 18 Kapitänen der Bundesliga-Klubs. Die Spieler fordern eine längere Sommerpause und würden als Folge auch mehrere Spiele in einem kürzeren Zeitraum absolvieren.
Diesen Vorschlag erachtete ich als sehr sinnvoll und als entscheidend. So lässt sich beispielsweise auch als NBA-Spieler der Stress von bis zu mehr als 100 Spielen wegstecken, weil eine ausreichend lange Sommerpause und damit eine gute Regeneration gewährleistet ist. Neben der Sommerpause sehe ich zwei weitere ganz entscheidende Maßnahmen, die getroffen werden müssen.
Professionelleres Reisen und Erweiterung der Kader
Zum einen muss die Art des Reisens viel stärker professionalisiert werden. Die Champions-League-Teilnehmer müssen in der Lage sein, sich Charter-Flugzeuge zu mieten, um die Reisen so angenehm wie möglich zu gestalten. Da sehe ich vor allem die EHF in der Pflicht, die Budgets der Klubs zu erhöhen, sodass die Vereine sich diese Art der Anreise auch leisten können. Als weitere Aufgabe sehe ich die Erweiterung der Kader der Champions-League-Teilnehmer, sodass einem Team zwei gleichwertige Mannschaften zur Verfügung stehen, um die Belastung für alle Spieler halbieren zu können. Das sind die Schlüsselaufgaben der nächsten Jahre.
Rhein-Neckar Löwen haben einige Baustellen
Ein Klub, dem die hohen Belastungen anzumerken sind, sind die Rhein-Neckar Löwen. Die Mannheimer haben einige Baustellen, die sie schließen müssen. Der Rückraum im Angriff - mit Ausnahme von Andy Schmid - schwächelt. Des Weiteren hat Mads Mensah Larsen nach seinem WM-Hoch noch nicht wieder in den alltäglichen Rhythmus gefunden. Die erste Partie nach der WM gegen Vardar Skopje war dafür bezeichnend, als er überhaupt nicht ins Spiel gekommen ist. Auch Alexander Petersson offenbarte zuletzt einige Schwächen. Hinzu kommt noch der Ausfall von Steffen Fäth, sodass die Alternativen fehlen.
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Qualitativ hat es Filip Taleski bislang noch nicht ganz geschafft, sich durchzusetzen. Da hat man sich bei den Löwen sicherlich mehr erhofft. Auch Vladan Lipovina ist auf der rechten Seite sicherlich kein adäquater Ersatz für Petersson. Wenn gerade der Isländer und auch Larsen nicht funktionieren, dann ist es einfach schwer für die Löwen.
Zudem merkt man, dass sich das Abwehrzentrum um Jesper Nielsen, Gedeon Guardiola und Ilija Abutovic immer noch in der Findungsphase befindet - obwohl das drei Weltklassespieler sind. Auch dort machen die Löwen nach dem Abgang von Hendrik Pekeler - der ihnen im Nachhinein sehr wehgetan hat - mehr Fehler als erwartet.
Platz Fünf wäre für die Löwen günstiger
Am Samstag steht für die Löwen nun das Champions-League-Spiel gegen einen namhaften Gegner wie den FC Barcelona an, wo man ein positives Zeichen setzen kann. Allerdings hat diese Begegnung für mich nur noch einen rein taktischen Charakter. Es wäre für die Löwen fast günstiger, Fünfter in der Gruppe zu werden, um im möglichen Viertelfinale Paris aus dem Weg zu gehen und auf Barcelona zu treffen. Dies wäre der etwas leichtere Weg für die Löwen ins Final4 nach Köln.
Dennoch werden sich die Löwen nicht abschlachten lassen. In der Hinrunde am 1. Spieltag gelang den Mannheimern ein Sieg gegen Barcelona, was gut fürs Selbstvertrauen war. Entscheidend für Samstag wird sein, welches Team den Sieg mehr will.
DHB-Neulinge haben sich Nominierung verdient
Nach der Champions League und dem anstehenden Bundesliga-Spieltag können zahlreiche Akteure aufgrund der Länderspielpause erstmal durchschnaufen. Auch für das DHB-Team steht die erste Begegnung nach der Heim-WM an; es geht in einem Testspiel gegen die Schweiz. Für diese Partie hat Nationaltrainer Christian Prokop mit Johannes Golla, Timo Kastening, Sebastian Heymann und Christopher Rudeck vier Debütanten nominiert, die sich alle die Einladung zur Nationalmannschaft verdient haben.
Bei Heymann war es klar, dass er seine Chance im DHB-Team bekommen wird. Dafür spielt er in Göppingen einfach zu gut. Er ist sehr talentiert und neben Julius Kühn der einzige Spieler mit klassischen Shooter-Qualitäten in Deutschland.
Rudeck leistet in der Bundesliga für den Bergischen HC Großartiges. Der Erfolg des BHC ist eng mit dem Namen Rudeck verbunden und jetzt kommt die richtige Zeit, ihn auch in der Nationalmannschaft zu testen.
Kastening gibt in Hannover den Ton an - Golla mit großer Konkurrenz
Mit Kastening hat man einen jungen, abgezockten Energizer nominiert. Er hat in der Persönlichkeitsentwicklung einen großen Sprung nach vorne gemacht und auch gezeigt, dass er in entscheidenden Situationen die Nerven behalten kann und keine Angst vor großen Namen hat. Zudem gibt er in Hannover in einer Mannschaft, die mit einigen Stars gespickt ist, als junger Spieler den Ton an. Es gefällt mir, dass so ein junger Spieler auch einmal die Chance im DHB-Team bekommt.
Und Johannes Golla hat es sich sowieso verdient, nominiert zu werden. Allerdings ist die Konkurrenz auf seiner Position am allergrößten, weil dort mit Pekeler, Wiencek und Kohlbacher drei absolute Weltklasse-Kreisläufer im Kader sind. Johannes hat zwar in letzter Zeit einen großen Schritt in seiner Entwicklung gemacht, die anderen drei haben ihm aber noch einiges voraus. Nichtsdestotrotz kann er sich jetzt mal zeigen und ich finde es gut, dass der Bundestrainer ihm eine Chance gibt.