Geliebt, gehasst, gewichtig: Handball-Hanning sorgt für Wirbel
24.01.2020 | 20:26 Uhr
Die EM ist noch nicht vorbei, da prescht Bob Hanning schon wieder vor und spricht vom Ziel Olympiamedaille. Sein Auftreten sorgt für Kritik.
Bob Hanning kennt nur eine Richtung: Vollgas, nach vorne! Und so ist es kaum verwunderlich, dass der DHB-Vizepräsident - die EM ist nicht einmal vorbei - schon die nächste Parole ausruft: Eine Olympiamedaille sollte es im Sommer in Tokio bitte schön sein - dabei sind die deutschen Handballer noch längst nicht qualifiziert.
"Dabei bleibt es zu 100 Prozent. Auch bei dieser EM waren wir von einer Medaille nicht weit weg", sagte Hanning der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Damit das nächste große Ziel überhaupt angegangen werden kann, muss sich die Mannschaft von Bundestrainer Christian Prokop das Tokio-Ticket beim Qualifikationsturnier in Berlin (17. bis 19. April) erst einmal sichern.
Hanning prescht vor - immer und überall. Anstatt sich noch länger mit dem verpassten EM-Halbfinale zu befassen, kreiert der Mann mit dem Faible für ausgefallene Oberbekleidung die nächste Vision, hinter der sich seine Sportart versammeln soll. Der Handball, sagt Hanning, habe schließlich "allerbeste Chancen", aus der kommenden Periode "ein goldenes Jahrzehnt zu machen".
Hannings Wort hat Gewicht. Er setzt die Themen. Und kaum einer kann die öffentliche Meinung lenken wie der 51 Jahre alte Top-Funktionär. Das wurde in den vergangenen Tagen deutlich - und droht ihm nun auf die Füße zu fallen. Noch immer sorgen seine unglücklichen Kommentare in der Trainerfrage ("Was macht die Mannschaft mit ihrem Trainer") für kontroverse Diskussionen. Hanning selbst fühlt sich missverstanden, er habe Prokop nie öffentlich infrage gestellt. Doch in der Szene regt sich Kritik.
"Wie er die ganze Situation moderiert hat, passt doch total zu ihm", sagte 2007-Weltmeister Christian Schwarzer dem Tagesspiegel: "Zuerst macht er eine Trainerdiskussion auf, am nächsten Tag will er davon nichts mehr wissen und fühlt sich angeblich falsch verstanden." Hanning, so Schwarzer weiter, lege es "immer so aus, wie er es gerade braucht, das ist seine große Stärke, und damit stellt er die ganze Handball-Welt auf den Kopf. Damit habe ich ein Riesenproblem, zumal er ja nicht auf den Kopf gefallen ist. Dahinter steckt eine Strategie, ein ganz klarer Plan."
Bislang sind Hannings Pläne meist aufgegangen. So ist es auch diesmal, sagen die einen. Schließlich habe das deutsche Team mit dem deutlichen Sieg gegen Österreich ein klares Zeichen für seinen Trainer gesetzt. Und, im Sinne Hannings vielleicht noch wichtiger, Schlagzeilen und öffentliches Interesse produziert, obwohl es sportlich um praktisch nichts mehr ging.
Andere, wie Schwarzer, kritisieren das enorme Geltungsbedürfnis des "Handball-Napoleons". Sie halten derlei Aussagen für überflüssig und kommen mit dem Auftreten Hannings nicht zurecht. "Das geht bei vermeintlichen Nichtigkeiten los", sagt Schwarzer: "Einigkeit demonstriert eine Mannschaft, eine Delegation, durch gemeinsames Auftreten, angefangen bei der Kleidung. Sobald aber einer der Ansicht ist, immer aus der Rolle fallen zu müssen, wird das schwierig. Das sind Kleinigkeiten, die für mich bei so einem Turnierfazit eine ganz wichtige Rolle spielen."