Erstmals seit 24 Jahren schickt Jamaika wieder einen Viererbob in ein Olympia-Rennen. Der Karibikstaat will schon bald nicht mehr "nur" mitfahren.
Chris Stokes hat einen Olympia-Traum. "2030", sagt der jamaikanische Bob-Pionier, "wollen wir es mit einem unserer Schlitten auf das Podium schaffen." Dass dies für den karibischen Inselstaat eine riesige Herausforderung werden dürfte, weiß Stokes natürlich. Aber er weiß aus eigener Erfahrung auch, wie verrückt der Wintersport manchmal sein kann.
Als 1988 in Calgary das erste jamaikanische Bob-Team einen olympischen Eiskanal runterratterte, hockte Stokes ziemlich unverhofft mit im Schlitten. Eigentlich war er von seinem Bruder Dudley, dem Piloten, nur als Zuschauer nach Kanada eingeladen worden. Doch dann verletzte sich ein Mitglied der Crew.
Erstmals seit 24 Jahren wieder ein jamaikanischer Vierer-Bob bei Olympia
"Ich hatte Erfahrung im Sprint und saß am Montag zum ersten Mal in einem Bob", erzählte Stokes in diesen Tagen am Rande der Olympia-Bahn in Yanqing im AFP-Interview. Am darauffolgenden Wochenende startete das Rennen - "Jambob" raste in die Herzen der Wintersportfans und war später Inspiration für den Disney-Kultfilm "Cool Runnings".
Am Samstag geht in Yanqing erstmals seit 24 Jahren wieder ein jamaikanischer Viererbob in ein olympisches Rennen. Chris Stokes, heute 58, hat als jahrelanger Präsident des nationalen Verbandes daran einen großen Anteil. Unter seiner Führung qualifizierte sich Jamaika für insgesamt drei Bobwettbewerbe in China - und er hat große Hoffnungen für die Zukunft.
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"Beim Bobsport geht es vor allem um Geschwindigkeit, Kraft und Hand-Augen-Koordination - darin sind wir gut", sagt er. Fehlendes Geld sei aber ein Problem, "denn die Zeit auf dem Eis ist teuer und für uns schwer zu bekommen, das ist die eigentliche Hürde".
So war bereits 2014 in Sotschi das Olympia-Comeback eines jamaikanischen Bobs nach zwölf Jahren nur möglich, weil unter anderem Fans auf der ganzen Welt in letzter Sekunde Geld gesammelt hatten. Mittlerweile gebe es, sagt Stokes, "eine professionelle Organisation, um die Marke zu verwalten und Einnahmen zu erzielen".
Es sei ein Unterschied von "Tag und Nacht" zwischen den damaligen "Cool Runnings"-Verhältnissen und heute. So existiert etwa anders als früher ein professioneller Trainingsstützpunkt in den USA, die 1988er Crew habe dagegen eher auf "unübliche" Dinge zur Vorbereitung setzen müssen, so Stokes.
Allerdings: Von der Weltspitze ist Jamaika noch immer weit entfernt. Jazmine Fenlator-Victorian belegte auf der Olympia-Bahn im Monobob der Frauen den vorletzten Platz. Shanwayne Stephens wurde im Zweier der Männer Letzter. Auch im Vierer geht das Team um Pilot Stephens nur als krasser Außenseiter an den Start. Stokes' Traum - er ist noch ziemlich unwirklich.