Sky Experte Philipp Kohlschreiber über den Doping-Wirbel um Jannik Sinner

Kohlschreiber über die Causa Sinner: "Ich will und kann ihn nicht verurteilen"

Von Malte Göttlinger

Image: Kurz vor dem Beginn der US Open dreht sich alles um den Fall Jannik Sinner.

Positive Dopingtests, ein Freispruch und Tennisstars in Aufruhr: Die Causa rund um die positiven Dopingproben bei Jannik Sinner erhitzt die Gemüter der Sportwelt. Der ehemalige Tennisprofi und Sky Experte Philipp Kohlschreiber spricht mit skysport.de exklusiv über den Fall.

skysport.de: Wie beurteilen Sie den Dopingfall Sinner sowie die Erklärung, die zur Aufhebung seiner Sperre führte?

Philipp Kohlschreiber: Ich will persönlich gar nicht den Fall Jannik Sinner einzeln herausnehmen und beurteilen, ob er schuldig oder unschuldig ist. Was die Geschichte mit dem Masseur betrifft, muss sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Was die unabhängigen Instanzen jetzt zu dem Fall sagen, da habe ich volles Vertrauen. Ich glaube nicht daran, dass hier aus Sympathie oder Wichtigkeit der Person entschieden wurde, da glaube ich an die Unabhängigkeit und ehrliche Entscheidung der Experten.

Ich kann auch nicht beurteilen, ob die Menge (des entdeckten Mittels im Körper, das Steroid Clostebol, Anm.d.Red.) ausschlaggebend für eine Wettkampfsteigerung ist. Über die Geschichte, wie das Mittel in seinen Körper gelangt ist, kann man schmunzeln oder sie komplett glauben. Ich will und kann Jannik Sinner nicht verurteilen und sagen, dass er lügt.

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skysport.de: Trotzdem haben sich einige Stars negativ geäußert ...

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Kohlschreiber: Was ich aus Spielerkreisen mitbekomme und was man auch kritisch hinterfragen müsste: Warum wurde der Fall so schnell behandelt? Bei ähnlichen Vergehen dauerte es monatelang, bis die Spieler überhaupt angehört wurden. Ich glaube, das stößt den meisten Spielern sauer auf: Dass es in dem Fall vielleicht eine Sonderbehandlung des zeitlichen Aspekts gab, die andere nicht bekommen haben.

Wir kämpfen alle für einen sauberen Sport. Alle Spieler sollten die gleichen Abläufe und Fristen bekommen.

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skysport.de: In wenigen Tagen steht der Beginn der US Open an, Sinner geht als einer der Favoriten an den Start ...

Kohlschreiber: Das ist ein unglaublich schwieriges Thema. Wenn jemand mit verbotenen Substanzen spielt, nimmt er jemandem den Startplatz weg. Auch die Gegner, die er besiegt, können sich selbst bei nachträglichen Entscheidungen über die Turnierteilnahme nichts mehr davon kaufen. Sie haben deswegen die Möglichkeit verpasst, weiter um Punkte und Preisgeld zu kämpfen. Aber schlussendlich wurde er von der ITIA und dem unabhängigen Gericht freigesprochen.

Der Weltranglistenerste Jannik Sinner hat souverän das ATP Masters in Cincinnati gewonnen. Der topgesetzte Italiener bezwang im Finale Lokalmatador Frances Tiafoe in zwei Sätzen mit 7:6 und 6:2 und holte erstmals den Titel in Cincinnati.

Wenn ich versuche, mich in seine Situation einzufühlen, würde ich es natürlich als unangenehm empfinden. Da wäre der mediale Fokus, aber es haben sich ja auch einige Spieler, unter anderem Kyrgios und Shapovalov, geäußert. Sie fordern mehr Informationen und sind nicht happy. Das merkst du schon im Lockerroom, bestimmt auch bei der ein oder anderen Pressekonferenz. In Cincinnati konnte er es noch extrem gut ausblenden und hat den Titel gewonnen. Aber vielleicht wird es jetzt noch mehr aufgebauscht, bei einem Grand Slam ist sowieso nochmal mehr Stress.

skysport.de: Sollte Sinner von einem Turnierstart absehen?

Eine Teilnahme Jannik Sinners an den US-Open hält Doping-Experte Dr. Fritz Sörgel für nicht tragbar. Es könnte sein, dass US-Anti-Doping-Agency Travis Tygart die Teilnahme unterbindet.

Kohlschreiber: Ein freiwilliges Zurückziehen wäre auch nicht richtig. Im Endeffekt muss man sagen, dass er sich in die richtige Richtung bewegt. Er wurde erst mal freigesprochen und es gilt die Unschuldsvermutung. Er hat die Mitteilung bekommen, dass alles abgeklärt ist. Er macht jetzt nichts Verbotenes mehr.

Das Interview führt Malte Göttlinger.

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