Die Strapazen der vergangenen Tage standen Alexander Zverev ins Gesicht geschrieben, als er Carlos Alcaraz am Netz gratulierte.
Der Kampfgeist, der ihn ins Viertelfinale der US Open getragen hatte, war erloschen, sein Körper forderte Tribut, sein Gegner erwies sich als übermächtig. Nach zweieinhalb Stunden war das Aus besiegelt. Offensichtlich angeschlagen verließ Zverev nach dem 3:6, 2:6, 4:6 die größte Tennisbühne der Welt.
"Mein Körper lässt mich momentan ein bisschen im Stich", sagte Zverev. Im zweiten Satz habe er sich am linken Oberschenkel verletzt, berichtete er. Aufgeben sei aber keine Option gewesen. "Ich höre nur auf, wenn ich am Boden liege wie in Paris." 2022 hatte sich Zverev bei den French Open folgenschwer am Knöchel verletzt, erst in diesem Jahr kehrte er zurück auf die Tour.
Zverevs Oberschenkel zwickt
In den Katakomben des Arthur-Ashe-Stadions hatte sich der Olympiasieger aus Hamburg behandeln lassen. Zverev zeigte an: Der Oberschenkel zwickt. Das dramatische Achtelfinale gegen Jannik Sinner (Italien), das zwei Tage zuvor erst tief in der Nacht beendet war, hatte Spuren hinterlassen. Derart gehandicapt konnte er Alcaraz (20) nicht gefährden.
"Ich habe eine Beule am Bein, das deutet auf einen Riss hin", sagte Zverev, dessen Einsatz im Davis Cup in Bosnien-Herzegowina (16./17. September) nun äußerst fraglich ist. Nach seiner Rückkehr aus den USA wolle er sich untersuchen lassen. "Das Traurige ist: Mein Tennis ist da. Wenn alles in Ordnung gewesen wäre, wäre es ein enges Match geworden", meinte Zverev.
So wurde es die nächste Machtdemonstration für Alcaraz, der Spanier bleibt damit auf Kurs Titelverteidigung und trifft nun auf den früheren Turniersieger Daniil Medwedew, der im russischen Duell gegen Andrej Rublew ebenfalls klar in drei Sätzen gewann. Das zweite Halbfinale in New York bestreiten Novak Djokovic (Serbien) und US-Youngster Ben Shelton.
Fahrig Vorhände von Alcaraz
Zverev muss sich damit trösten, eines seiner großen Saisonziele nach der schweren Knöchelverletzung im Sommer 2022 erreicht zu haben: Der 26-Jährige kehrt am Montag unter die Top 10 der Tenniswelt zurück, in Flushing Meadows sammelte er zudem wichtige Punkte für die Qualifikation zum ATP-Saisonfinale in Turin. Für sein zweites Grand-Slam-Halbfinale des Jahres oder gar für sein zweites Majorfinale nach den US Open 2020 reichte es jedoch nicht.
Dafür waren die Voraussetzungen allerdings auch äußerst ungünstig. Fast fünf Stunden hatte sich Zverev gegen Sinner gequält, fast sechs Stunden stand er bis zum Viertelfinale länger auf dem Court als Alcaraz, und dennoch war Zverev angriffslustig. "Ja, isses, danke", antwortete er auf die Frage, ob nach dem Kraftakt gegen Sinner noch etwas möglich sei gegen den Weltranglistenersten und Wimbledonsieger. Er werde "bereit sein", kündigte Zverev an.
Am Dienstag verzichtete er auf das Training auf der Anlage in Queens, und der freie Tag schien ihm zunächst geholfen zu haben. Während Alcaraz (20) fahrig Vorhände verschlug, wirkte Zverev zielstrebig, fokussiert und kam bei extrem belastender Luftfeuchtigkeit zu den ersten Breakbällen der Partie. Doch eine Rückhand landete im Netz, eine im Aus - und Alcaraz übernahm die Kontrolle. Nicht immer brillant, aber das war an diesem Abend auch nicht notwendig.
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