Back on Track - die Formel 1-Kolumne von Sandra Baumgartner
10.04.2018 | 12:11 Uhr
Mit Bullshit meint Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff die Taktiken der Teams, in den Tests und den Trainings ihre wahre Stärke zu verschleiern. Denn wenn die Startampel erlischt und um die ersten WM Punkte des Jahres gekämpft wird, geht der Vorhang für die neue Formel -1-Saison auf.
Wer soll Lewis Hamilton und Mercedes stoppen? Diese Frage stellt sich 2018 wie schon in den Jahren davor.
Sebastian Vettel im Ferrari wird als Konkurrent Nummer 1 für die Silberpfeile eingeschätzt. Der deutsche viermalige Weltmeister ließ 2017 schon erkennen, welches Potenzial in der Paarung Vettel/Ferrari steckt.
Aber ich glaube, auch Red Bull hat enorm Potenzial und mit Daniel Ricciardo und Max Verstappen eine Fahrerpaarung, die nicht nur um die WM-Punkte, sondern auch die interne Rangliste kämpft. Beide Fahrer können sowohl Mercedes als auch Ferrari gefährlich werden.
Was für mich diese Saison den Kampf um den WM-Titel so spannend macht, sind auch die Charaktere der handelnden Personen:
• Lewis Hamilton: Ein intuitiver Fahrer, der abseits der Rennstrecke das Rampenlicht liebt und Hollywoodglamour in die Formel 1 bringt.
• Sebastian Vettel: Der akribische Arbeiter, der sich privat zurückzieht, seine Kraft aus dem Zusammensein mit seiner Familie tankt.
• Max Verstappen: Der Shootingstar, der mit seiner unkonventionellen Art zu fahren, die Fans in den Bann zieht.
• Daniel Ricciardo: Der australische Sonnyboy mit dem breiten Lächeln, das nur in wirklich schwierigen Situationen verschwindet.
Die Saison hat das Potenzial zu einem Krimi auf vier Rädern, bis zum letzten Meter des letzten Rennens. 2016 gab einen Vorgeschmack, als Nico Rosberg und Lewis Hamilton mit allen verfügbaren Mitteln um den WM-Titel gekämpft haben. Aber mal ehrlich: Es ist viel interessanter, wenn sich drei Teams duellieren, als wenn sich zwei Teamkollegen die Punkte gegenseitig wegnehmen und klar ist, dass ein Mercedes gewinnt.
Nicht nur der Kampf um die Spitze zieht mich dieses Jahr in den Bann. Auch die Teams dahinter sind näher zusammengerückt. Setze ich jetzt die deutsche Brille auf, dann wünsche ich mir den ersten Podestplatz für Nico Hülkenberg. Mit Renault hat der Le-Mans-Sieger von 2015 den richtigen Partner für dieses Ziel. Aber ebenso gerne würde ich Fernando Alonso zurück in der Erfolgsspur sehen.
McLaren hat den Motorenpartner gewechselt und hofft dadurch wieder Erfolg zu haben. Wie sich Williams schlagen wird mit den beiden recht unerfahrenen Piloten Stroll und Sirotkin, wird ebenso interessant wie die Frage, ob Toro Rosso mit kränkelnden Honda-Motor besser zurecht kommt als McLaren.
Halo ist die gravierendste, optische Änderung, doch die FIA hat auch noch einige, weniger sichtbare Änderungen vorgenommen:
• Halo: Die 14 Kilo Extra-Gewicht gehen zu Lasten der Schnelligkeit und aufgrund der eingeschränkten Sicht gibt es in Melbourne eine zweite Ampeleinheit, die tiefer hängt als gewöhnlich.
• Motoren: Um Kosten zu sparen, dürfen die Teams nur noch drei statt vier Motoren während einer Saison nutzen. Startplatzstrafen sind daher programmiert.
• Öl: Die Ölmenge pro 100 km wurde limitiert, um zu verhindern, dass die Teams Öl als Kraftstoffzusatz missbrauchen.
• Startzeiten: Die Rennen beginnen nicht mehr zur vollen Stunde, sondern zehn Minuten später. In Melbourne also um 7:10 Uhr. Bei den europäischen Rennen wurde der Start sogar um 70 Minuten verzögert. Statt 14 Uhr geht die Ampel jetzt um 15:10 Uhr aus.
Der Freitag in Melbourne mag vom Tableau ein gewohntes Bild liefern, Lewis Hamilton vor allen anderen. Doch das sagt noch nichts für das Wochenende aus. Vor allem Max Verstappen war mit seiner Leistung sehr zufrieden und gegen eine erste Startreihe aus Lewis Hamilton und Max Verstappen hätte ich nichts einzuwenden. Stimmt dann noch die Wettervorhersage und es regnet, bietet der Sonntag eine explosive Mischung für einen gebührenden Auftakt in die Saison 2018. Wie Toto Wolff so richtig sagt: "When the flag drops, the bullshit stops."
Autonärrin, Motorsportliebhaberin, Petrolhead
Motorsport ist seit ich denken kann meine absolute Leidenschaft. Seit sieben Jahren berichte ich als Journalistin für Sky über die Formel 1. Daher auch mein redaktionsinterner Spitzname "Die Düse", den ich von meinem Kollegen Noah Pudelko erhalten habe.