Michael Reschke über Bayern-Transfers, Joshua Kimmich und Verhandlungen
Ex-Bayern-Kaderplaner: "Würde alles daransetzen, Kimmich zu behalten"
10.07.2024 | 19:01 Uhr
Der ehemalige Bayern-Kaderplaner Michael Reschke spricht im exklusiven Sky Interview über die Transfers des deutschen Rekordmeisters, die Arbeit von Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund und über die Zukunft von Joshua Kimmich.
Hiroki Ito und Michael Olise stehen als Zugänge fest, Josip Stanisic hat seinen Vertrag langfristig verlängert und auch Joao Palhinha wird den FC Bayern verstärken.
Sky hat exklusiv vermeldet, dass der Transfer des Portugiesen zum FC Bayern kurz vor dem Abschluss steht. Weitere Neuverpflichtungen wie Jonathan Tah könnten folgen, demgegenüber stehen mögliche Abgänge.
Michael Reschke, ehemaliger Kaderplaner des FCB, spricht im exklusiven Interview über die Transfers des deutschen Rekordmeisters, die Arbeit von Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund und über die Zukunft von Joshua Kimmich, den Reschke einst nach München geholt hatte.
Skysport.de: Herr Reschke, der FC Bayern hat bereits einige Transfers in trockenen Tüchern, andere sind auf der Zielgeraden. Wie bewerten Sie die Zugänge?
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Michael Reschke: Zunächst muss man sagen: Hut ab! Max Eberl und Christoph Freund sind sehr fleißig. Mit der Rückkehr von Stanisic ist die Position des Rechtsverteidigers sehr gut besetzt. Palhinha ist der defensive, zweikampferobernde Mittelfeldspieler gekommen, den man immer wieder gefordert hat. Olise ist ein hochtalentierter Außenstürmer, Ito hat in Stuttgart herausragende Leistungen in der Innenverteidigung gezeigt. Die bisherigen Verpflichtungen machen einen guten und schlüssigen Eindruck. Dazu muss man Boey und Zaragoza eigentlich auch als Neuzugänge bewerten. Sie sind zwar im Januar gekommen, aber sie haben in der vergangenen Saison fast gar nicht gespielt.
Skysport.de: Jonathan Tah soll noch kommen, auf der anderen Seite ist Matthijs de Ligt ein Abgangskandidat. Wie schätzen Sie die Situation in der Innenverteidigung ein?
Reschke: Wenn der Tah-Transfer auch noch über die Bühne geht, sind die Bayern hinten von der Anzahl der Spieler her viel zu breit aufgestellt. Sie müssen normalerweise noch Abwehrspieler abgeben, und zwar nicht nur wegen der Konkurrenzsituation, sondern ganz sicher auch aus wirtschaftlichen Gründen. Wenn es für de Ligt kein Angebot gibt, dem der Spieler zustimmt, dann wird er sicherlich erst einmal in München bleiben. De Ligt ist ein guter Spieler, er hat ein sehr gutes Selbstvertrauen und er wird sich einfach sagen: "Ich werde mich wieder durchsetzen."
Skysport.de: Wäre der Wechsel nach München für Tah der richtige Schritt?
Reschke: Ich bin da etwas zwiegespalten. Jonathan ist ein herausragender Bundesligaspieler und hat in Leverkusen auch Leaderqualitäten bewiesen. Die Leverkusener haben eine herausragende Saison gespielt und können auch in der Champions League eine sehr gute Rolle spielen, in der Bundesliga sowieso. Bei Tah schlägt mein Herz noch ein kleines bisschen für Leverkusen. Ich hätte mich gefreut, wenn er bei Bayer 04 geblieben wäre.
Skysport.de: Bei Bayern sind einige Positionen doppelt oder mehrfach besetzt, wie zum Beispiel auch auf den Flügeln. Wie sehen Sie die Situation und für wen sehen Sie einen Markt?
Reschke: Sie haben die offensiven Außenpositionen angesprochen, und das setzt sich im Mittelfeld fort. Wenn du sagst, Palhinha ist bei dem Investment normalerweise auf der Sechs gesetzt, dann hast du daneben auf der Achterposition mit Pavlovic, Laimer, Kimmich und Goretzka ein sehr großes Angebot. Es wird sehr herausfordernd sein, jetzt für diese Spieler interessante Märkte zu finden, bei denen der einzelne Spieler sagt: "Okay, das kann ich mir vorstellen." Das ist keine leichte Situation für Eberl und Freund.
Skysport.de: Einige der hoch dotierten Bayern-Verträge stammen aus der Zeit der Vorgänger von Freund und Eberl, damals waren Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic verantwortlich. Über die Arbeit der ehemaligen Führung gab es kritische Stimmen. Wie sehen das?
Reschke: In der Zeit von Kahn und Salihamidzic, speziell in Hasans Amtszeit, waren die Bayern sehr erfolgreich und haben die Champions League gewonnen. Alle diese Profis sind alle Spitzenspieler. Ich kann keine einzelnen Vertragssituationen bewerten, aber die Phasen, in denen die Jungs verpflichtet worden sind - teilweise noch zu meiner Zeit - und die Phasen, wenn Verträge verlängert wurden, waren für mich immer schlüssig und völlig nachvollziehbar. Wenn sich die Situationen geändert haben, was im Profifußball völlig normal ist, geht es für alle Beteiligten darum, sinnvolle Lösungen zu finden. Ich sage es noch einmal: Es wird nicht einfach, für jeden Spieler den entsprechenden Markt zu finden und dann auch noch die Wunschtransfersumme zu erwirtschaften.
Skysport.de: Wie geht man in solche Verhandlungen, wenn der Gegenüber genau um die Situation weiß, dass Spieler abgegeben werden müssen?
Reschke: Bayern München hat immer eine gewisse Position der Stärke, weil sie sagen können: "dann bleibt der Spieler halt hier", wenn man keine Lösung findet. Das ist auch Teil des Pokerspiels. Es geht um Verhandlungsgeschick und du musst manchmal auch hoffen, dass an einem Spieler zwei oder drei Vereine interessiert sind. Wenn der Spieler sich alle Klubs vorstellen kann, dann hast du die Chance, sie ein bisschen gegeneinander auszuspielen und du hast bessere Karten. Wenn du am Ende des Tages nur einen Interessenten hast, gerätst du unter Druck.
Skysport.de: Sie haben Joshua Kimmich zum FC Bayern geholt. Wie sehen Sie seine Situation und seine Zukunft?
Reschke: Wenn ich bei Bayern München noch verantwortlich wäre, dann kann ich nur sagen: Ich würde alles daransetzen, Kimmich zu behalten. Ein Spieler, der diese Mentalität und diese Ausstrahlung hat und der über Jahre hinweg auf internationalem Niveau so abgeliefert hat - und dann noch auf zwei Positionen: als Außenverteidiger und im inneren Mittelfeld.
Skysport.de: Wieso betonen Sie "inneres Mittelfeld"?
Reschke: Ich betone das bewusst, weil ich Kimmich immer mehr als Achter denn als Sechser gesehen habe. Deswegen könnte es mit Palhinha sehr gut passen. Was Joshua selbst im Kopf hat, das werden die nächsten Wochen zeigen. Es wird wichtige Gespräche mit den Verantwortlichen, vor allen Dingen mit dem neuen Trainer geben. Dann muss man sehen, was sich daraus entwickelt.
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