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Ex-Boxer Graciano Rocchigiani stirbt bei Autounfall

Graciano Rocchigiani wurde nur 54 Jahre alt.
Image: Graciano Rocchigiani wurde nur 54 Jahre alt.  © Getty

Der ehemalige Boxer Graciano Rocchigiani ist tot. Der 54-Jährige ist bei einem Autounfall in Italien ums Leben gekommen. Die Polizei Brandenburg bestätigte Berichte von Bild und BZ.

Bei dem tödlichen Unfall auf Sizilien war er in der Nacht von Montag auf Dienstag als Fußgänger unterwegs, das bestätigte Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer.

Rocchigiani wurde in dem Ort Belpasso bei Catania von einem Auto erfasst, erklärte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Der genaue Hergang des Unfalls müsse noch ermittelt werden - unter anderem ob auch Alkohol im Spiel war.

Rocchigiani hatte seit einigen Jahren eine italienische Freundin und pendelte regelmäßig zwischen Berlin und Italien.

Dritter deutscher Boxweltmeister

Rocchigiani gewann 1988 den IBF-Weltmeistertitel im Supermittelgewicht. Vor 6000 Zuschauern prügelte der damals 24-Jährige in Düsseldorf den Amerikaner Vincent Boulware (USA) im IBF-Titelkampf des Supermittelgewichts windelweich.

Er war der dritte deutsche Profi-Boxweltmeister nach Max Schmeling und Eckhard Dagge und zugleich der jüngste deutsche Boxweltmeister.

Zehn Jahre später gewann er im Halbschwergewicht den Titel der WBC. Insgesamt bestritt Rocchigiani 48 Profi-Kämpfe und siegte 41 Mal. 19 Mal gewann er durch K.o.

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Graciano Rocchigiani verlor 1995 zweimal gegen Henry Maske (r.).
Image: Graciano Rocchigiani verlor 1995 zweimal gegen Henry Maske (r.).  © Getty

Seine aktive Laufbahn beendete er im Jahr 2003. Zuletzt war "Rocky" als TV-Experte tätig. Er hinterlässt drei Kinder.

Leben in Saus und Braus

Rocchigiani war auch deshalb regelmäßig in den Medien, weil er ein Leben in Saus und Braus führte. Der Sohn eines sardischen Eisenbiegers erlernte im Westteil Berlins das Boxen, wurde zweimal Weltmeister, scheffelte Millionen, verprasste alles, stürzte ab und lebte lange von Hartz IV.

"In der Vergangenheit habe ich mich oft wie auf einer Achterbahn gefühlt. Für kurze Zeit ganz oben, als strahlender Sieger, und dann plötzlich wieder ganz unten, am Boden zerstört. Einmal fand ich mich im Straßengraben wieder und dreimal auch im Knast", sagte der Bad Boy des deutschen Boxsports einmal.

Das ganze Drama seines Lebens wurde deutlich, als Ex-Ehefrau Christine ihre Autobiografie ("K.o. nach zwölf Runden") vor einigen Jahren veröffentlicht hatte. Drogen, Prostituierte, häusliche Gewalt, Knast, Scheidung - Rocchigiani ließ keinen Skandal aus. Mehrmals musste der Mann aus Berlin-Schöneberg hinter Gitter - u.a. wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung oder wiederholten Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

WM-Titelverteidigung und Sieger vor Gericht

Die Ehefrau war auch dabei, als Rocchigiani einen der spektakulärsten Prozesse in der Geschichte des Profiboxens führte - und gewann. Am 22. März 1998 hatte sich der Rechtsausleger vor 9000 Zuschauern in der Berliner Max-Schmeling-Halle durch einen Sieg gegen den Amerikaner Michael Nunn den WM-Titel der WBC im Halbschwergewicht gesichert. Als erster deutscher Boxer widerlegte er das Motto "They never come back" und wurde zum zweiten Mal in seiner Karriere Champion.

Vier Monate später sorgte das World Boxing Council (WBC) für einen Eklat. Der Verband, in dem bereits Muhammad Ali Weltmeister war, ernannte plötzlich den Amerikaner Roy Jones zum neuen Champion. Rocchigiani fühlte sich bestohlen und zog in den USA vor Gericht. Am Ende wurden ihm 31 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen. Dem WBC drohte der Konkurs, 2004 ging Rocchigiani auf ein Vergleichsangebot ein und bekam 4,5 Millionen Dollar. Es dauerte aber nicht lange, da war auch diese Summe durchgebracht.

Dramatische Niederlagen gegen Maske und Michalczewski

Zur tragischen Figur wurde "Rocky" zur Zeit des deutschen Boxbooms in den neunziger Jahren in Kämpfen gegen die damaligen TV-Lieblinge Henry Maske und Dariusz Michalczewski.

1996 verlor Graciano Rocchigiani gegen Dariusz Michalczewski (l.).
Image: 1996 verlor Graciano Rocchigiani gegen Dariusz Michalczewski (l.).  © Getty

Beide Weltmeister hatte er am Rande einer Niederlage, verlor aber jeweils umstritten. Die Rückkämpfe gab er klar ab, sodass ihm der Aufstieg zum nationalen Helden verwehrt blieb. (sid)

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