Formel 1: Ferrari verliert im Strategiepoker von Monaco die Nerven
Ferraris WM-Trend setzt sich fort: Falsche Taktik & erfolgloser Protest
30.05.2022 | 13:52 Uhr
Ferrari hat das Rennwochenende in Monaco eigentlich dominiert. Am Ende steht aus Sicht der Scuderia allerdings ein enttäuschendes Ergebnis zu Buche. WM-Konkurrent Red Bull dagegen hat im Fürstentum alles herausgeholt, was möglich war. Das Rennen um die Fahrer-WM ist zum Dreikampf geworden.
Im vierten Anlauf in der Formel 1 wollte Charles Leclerc bei seinem Heimrennen in Monaco endlich den ganz großen Wurf landen. Doch wieder einmal wurde Monte-Carlo zu einer herben Enttäuschung für den 24-Jährigen.
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Dabei hatte der Ferrari-Pilot sowohl die Freien Trainings am Freitag als auch das Qualifying am Samstag fast schon nach Belieben dominiert. Wenn es über das gesamte Rennen hinweg trocken geblieben wäre, hätte Leclerc wohl auch den Grand Prix gewonnen. Doch am Ende sprang beim Sieg von Sergio Perez nur Platz vier für den Hometown-Hero heraus.
Ferrari patzt bei der Strategie
Grund dafür war eine verpatzte Boxenstopp-Strategie seines Teams. Nach einem Undercut von Sergio Perez auf Platz drei brach große Hektik bei der Scuderia aus. An der Box wurde intensiv über das Vorgehen diskutiert. Ferrari entschied sich dazu, Leclerc einige Runden nach dem Mexikaner ebenfalls für neue Intermediates reinzuholen. Der bis dato Führende kam genau hinter dem Red-Bull-Piloten zurück auf die Strecke.
Um Perez zu covern, hätte Ferrari Leclerc unmittelbar nach dem Mexikaner reinholen müssen. Oder die Italiener hätten den Stint Leclercs, der zu diesem Zeitpunkt mit soliden Rundenzeiten unterwegs war, hinauszögern müssen. Doch so musste der Monegasse nicht nur seine Trackposition an Perez abgeben, sondern bei abtrocknender Strecke kurz darauf noch ein zweites Mal an die Box.
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Da Teamkollege Carlos Sainz, der anders als Leclerc eben länger fuhr und direkt von Regen- auf Trockenreifen wechselte, in derselben Runde die Box ansteuerte, verlor Leclerc bei dem doppelten Pitstop von Ferrari hinter Sainz zudem einige Sekunden. Die Folge: Leclerc lag nun nicht mehr nur hinter Perez und Sainz, sondern auch Max Verstappen konnte ihn in der Box überholen.
Leclerc-Fluch in Monaco hält an
"Fehler können passieren, allerdings sind in diesem Rennen zu viele Fehler passiert. Bei diesen Bedingungen musst du dich auf das verlassen, was das Team sieht. Dann hat man mich gefragt, ob ich von den Regenreifen auf die Slicks umsteigen möchte. Dies wollte ich später im Rennen machen. Wo der Sinneswandel herkam, habe ich nicht verstanden. Dann kam der Undercut gegen uns und ich steckte hinter Carlos fest. Solche Fehler können wir uns nicht leisten", monierte Leclerc am Sky Mikrofon nach seiner verpatzten Boxenstrategie in Richtung seines Ferrari-Teams.
Schon während des Rennens sowie unmittelbar nach der Zieleinfahrt war der 24-Jährige am Funk mächtig am Fluchen. Die falsche Strategie hatte ihm den Sieg gekostet. "Es ist hart, die Jahre zuvor war es auch so. Ich gewöhne mich daran, dass es beim Heim-Grand-Prix enttäuschend für mich ist. Zu einem Zeitpunkt, wo wir die Pace haben, müssen wir die Chance nutzen und dürfen die Punkte nicht liegen lassen. Es geht nicht nur von Platz eins auf Platz zwei zurück, sondern auf Platz vier", so Leclerc, der noch hinzufügte: "Es tut weh."
Denn nach dem Durcheinander im Wetter-Chaos von Monte-Carlo in der ersten Rennhälfte entwickelte sich nach dem Crash von Mick Schumacher und einer trockenen zweiten Rennhälfte dann ein typisches Monaco-Rennen. Überholen war nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Somit war für Leclerc auch eine Aufholjagd auf der Strecke nicht mehr drin.
Red Bull behält kühlen Kopf
"Die Ruhe, die bei der Strategie von Red Bull da war, hat bei Ferrari gefehlt. Das hat ihnen den Sieg gekostet. Man hat gehört, wie viel Panik am Radio vorhanden war. Ich habe nicht verstanden, warum man diese Pace nicht weitergegangen ist oder früher reagiert hat. Mit Charles wusste man nicht, wohin. Man hat am Ende die falsche Entscheidung getroffen und damit wurde der Fluch von Leclerc in Monaco hochgehalten", analysierte Sky Experte Timo Glock.
Dabei ist es doch besonders verwunderlich, dass sich die Scuderia mit ihrer guten Ausgangsposition in der Frühphase des Rennens, von dem Perez-Stopp komplett aus der Ruhe hat bringen lassen. Denn wie Leclerc gab auch Sainz seinem Team dasselbe Feedback: "Beim ersten Stint habe ich gesehen, dass es eine trockene Linie gab. Da war mir klar, dass man auf die Slicks umsteigen muss."
Im Regen sind allerdings Entscheidungen an der Box auch immer ein bisschen Lotteriespiel. Daher fand Ralf Schumacher auch klare Worte Richtung Leclerc und dessen Ferrari-Kritik und erinnerte an den Fehler des Monegassen im Regen von Imola. "Er hat selbst genug Mist gebaut, daher sollte er kleinlaut sein. Das kann passieren. Man gewinnt zusammen und verliert zusammen. Das Team hat bisher weniger falsch gemacht, als er es getan hat", sagte der Sky Experte.
Das sind die Stimmen zum Grand Prix von Monaco
Perez steigt in WM-Kampf ein
Während die Stimmung bei Ferrari mehr als getrübt war, freute sich Red Bull über den Sieg. Motorsportchef Dr. Helmut Marko gab bei Sky zu, dass dieser "unerwartet" kam. Zur Verwirrung in der Ferrari-Box meinte Marko: "Ich kann nicht beurteilen, wie sie intern vorgegangen sind. Wir haben das, was uns serviert wurde, gerne mitgenommen."
Dabei lobte der 79-jährige Grazer vor allem Hannah Schmitz am Red-Bull-Kommandostand für den Erfolg. "Maßgeblich war die Strategie - ein riesiges Kompliment an unsere Chefstrategin. Mit der Ruhe und Souveränität, draußen zu bleiben, obwohl andere Teams bereits schnellste Runden auf den Intermediates gefahren sind, hat den Ausschlag gegeben", erklärte Marko.
Für Rennsieger Perez war es der erste Saisonerfolg. Damit liegt er in der Fahrerwertung mit 110 Punkten nur noch 15 Zähler hinter Verstappen und sechs hinter Leclerc. Das WM-Rennen ist also ein richtiger Dreikampf. Vor allem weil Perez in seinem zweiten Jahr bei Red Bull viel näher an Verstappen dran ist und in Monaco in allen drei Trainingssessions, im Qualifying und auch im Rennen schneller war als der Weltmeister.
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Verstappen betreibt Schadensbegrenzung
"Es ist ein Traum, der wahr wird. Als Fahrer träumst du davon, in Monaco zu gewinnen. Neben dem Heim-Grand-Prix gibt es kein Rennen, dass du so unbedingt gewinnen möchtest. Ich habe es geschafft, obwohl ich es mir zum Ende des Rennens schwer gemacht habe. Mit dem Reifenverschleiß durfte ich mir keine Fehler erlauben und mir Carlos vom Hals zu halten war nicht leicht. Es ist ein Riesentag für mich und mein Land", freute sich Perez, der nach der Zieldurchfahrt am Funk eine große Champagner-Party mit dem Team ankündigte.
Bei der wird sicherlich auch Verstappen mitmachen, obwohl er in Monte-Carlo überraschenderweise langsamer als sein Teamkollege unterwegs war. Denn an einem für ihn schwierigen Wochenende betrieb der Niederländer Schadensbegrenzung und fuhr vor seinem größten WM-Widersacher Leclerc über den Zielstrich. Damit baute er seine WM-Führung um drei Zähler aus.
"Ein ganz anständiges Ergebnis", resümierte Verstappen und meinte zudem: "Wir haben mit dem Team einen guten Job von der Strategie her gemacht und sind so vor die Ferraris gekommen. Als Team können wir zufrieden mit dem Sonntag sein - es war hektisch mit dem Regen. Ich hatte so ein Ergebnis nach dem Qualifying nicht erwartet."
Red Bull der große Monaco-Sieger
Während Red Bull Monaco als großer Gewinner verlässt, muss Ferrari nach einem neuerlichen Rückschlag nun schnell eine Antwort finden. Denn nicht nur in der Fahrer-WM ist die Scuderia gegenüber Red Bull im Hintertreffen, auch in der Konstrukteurs-WM beträgt der Rückstand nun bereits 36 Zähler.
Die einzig positive Nachricht für Ferrari und Leclerc: In zwei Wochenende steht mit Baku erneut ein Stadtkurs auf dem Programm. Und den Speed hatte der italienische Traditionsrennstall in Monte-Carlo allemal.
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