Formel 1 Kolumne: Schumacher über Mercedes, WM-Kampf & Mick Schumacher
Schumacher: "Mercedes hat ein Grundsatzproblem"
23.06.2021 | 10:20 Uhr
Sky Experte Ralf Schumacher beleuchtet in seiner Kolumne die wichtigsten Themen rund um den Formel-1-Zirkus. Diesmal blickt er auf den GP von Frankreich zurück. Dabei richtet er seinen Fokus auf den WM-Kampf, die Personalie Valtteri Bottas und die erneuten Unstimmigkeiten beim Haas-Team zwischen Mick Schumacher und Nikita Mazepin.
Wir haben mit Max Verstappen einen verdienten Sieger in Le Castellet gesehen. Red Bull hatte eine super Strategie. Sie sind Risiken eingegangen und hatten auch das schnellste Auto. Verstappen hat das Beste daraus gemacht. Er ist teamintern, genauso wie Lewis (Hamilton, Anm. d. Red), Extraklasse.
Mercedes hat Probleme mit den Reifen
Letztendlich gab auch die In-Lap von Hamilton den Ausschlag für den Sieg von Verstappen. Diese war zwei Sekunden langsamer. Da muss Hamilton sicherlich nochmal nachschauen, warum das der Fall war. Danach hätte er schneller fahren können. Doch trotz mehrfachen Attackierens kam er nicht vorbei. So hat er sich dann auch seine Reifen ein Stück weit kaputt gemacht, was natürlich sehr schade war. Bleibt Lewis nach dem Stopp vorne, hätte Red Bull meiner Meinung nach auch mit der Undercut-Strategie nicht gewinnen können.
Mercedes ist nun seit drei Rennen ohne Sieg. Die neue Konstruktion respektive die aerodynamische Situation hat dem Team nicht wirklich geholfen in diesem Jahr. Das heißt: dieser viel zitierte Anstellwinkel, der bei Red Bull viel höher ist, spielt eine große Rolle. Allerdings hat Mercedes auch ein Grundsatzproblem, das Grip-Fenster des Reifens zu finden. Selbst in Le Castellet, wo es 50 Grad Asphalttemperatur hatte, hätte Hamilton im Qualifying noch eine Aufwärmrunde gebraucht. Das zeigt, dass man den Reifen nicht optimal nutzt und dementsprechend Probleme hat.
Bottas macht zu viele Fehler
Für die kommenden Wochen und Monate müssen wir uns bezüglich eines einseitig werdenden WM-Kampfes aber keine Gedanken machen. Mercedes ist nach wie vor ein Topteam. Sie haben in diesem Jahr bereits auch einige Rennen gewonnen. Spielberg wird ihnen sehr gut liegen. Es wird aber spannend werden, weil die Strecke auch Red Bull liegt. Die Frage für Spielberg wird sein: Kann Mercedes mit einem effizienten Aerodynamik-Paket kontern - a lá Red Bull? Die hatten aufgrund der kleineren Flügel einen großen Vorteil in Le Castellet.
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Auch das Thema Valtteri Bottas wird bei Mercedes weiterhin eine Rolle spielen. Valtteri hatte natürlich ein gutes Wochenende. Aber wenn es drauf ankommt, wenn er gebraucht wird, macht er wieder Fehler, verbremst sich. Er scheint auch die Reifen schneller abzunutzen als Hamilton. Das ist einfach nicht gut genug, schon gar nicht, wenn man eine WM fährt gegen so einen starken Gegner wie Red Bull. Das ist eine neue Situation für Mercedes, weil sie in den letzten Jahren keinen wirklichen Gegner hatten. Und da ist nun natürlich jeder Fehler ein großes Problem.
Funkspruch zeigt: Bottas ist sehr emotional
Wir haben es gesehen: Perez war ganz wichtig dafür, dass die Strategie für Verstappen funktioniert hat. Dementsprechend muss Bottas schon da sein und Verstappen dazu zwingen, manchmal Strategien zu wählen, die nicht so gut sind. Das wäre auch fast gelungen, als er am Anfang des Rennens stark an Verstappen dran war. Dann musste er aber abreißen lassen.
Wenn die Leistungen von Bottas so konstant bleiben wie an diesem Wochenende oder in Monaco, dann wird ein Fahrerwechsel in dieser Saison keine Rolle spielen. Aber sollte Bottas wieder abfallen, dann wäre es auf jeden Fall eine Überlegung wert.
Sein kritischer Funkspruch in Richtung Team bezüglich der Strategie dürfte ihn bei Mercedes sicherlich in keine bessere Position gebracht haben. Valtteri ist offensichtlich jemand, der sehr emotional ist. Ich persönlich hätte mich so etwas nicht getraut nach der bisherigen Leistung in diesem Jahr. Aber er wird schon wissen warum. Er wird wahrscheinlich wissen, dass er sowieso weg ist und versucht sich für ein anderes Team zu empfehlen. Er wollte damit klarstellen, dass eine andere Strategie besser gewesen wäre. Anders kann ich mir das nicht erklären.
Haas muss die beiden Fahrer einfangen
Einiges klarstellen muss man auch bei Haas. Es ist für uns Zuschauer auch ein Teil der Unterhaltung: Dass die Fahrer Kritik auch öffentlich ansprechen - auch wenn es unbequem und teamintern ist - freut uns ja. Es ist jetzt aber Aufgabe des Teams, beide Fahrer einzufangen. Das einzig Schlimme für Haas ist, wenn aus solchen Situationen sinnlose Unfälle entstehen und Geld verbraucht wird, was man eigentlich dringend für die Entwicklung benötigt. Budgetdeckelung ist ein Thema und das wäre der Hebel für Teamchef Günther Steiner, da jetzt Ruhe reinzubringen und interne Teamregeln einzuführen. Wir haben das früher auch so gemacht. In bestimmten Kurven und bestimmten Positionen war ganz klar geregelt, wem die Kurve gehört. Dann ist es viel einfacher.
Rückblickend auf das gesamte Jahr fährt Mick in seiner ganz eigenen Liga - im Gegensatz zum Teamkollegen. Das haben die sechs Zehntel Vorsprung im Qualifying erneut gezeigt. Aber auch das Rennen an sich, als Mick zu Beginn Probleme hatte, schon 15 Sekunden hinter Mazepin lag und doch noch vor ihm ins Ziel gekommen ist. Das zeigt sein Potential. Aber nochmal: Da ist jetzt der Teamchef gefordert, Ruhe und Regeln reinzubringen und dann ist alles gut. Der Rest ist Jugend forscht. Ich finde es gut, dass sie so lernen können. Es war ja jedem bewusst, dass wenn zwei Rookies loslegen, es nicht immer ganz einfach wird.