Die Voraussetzungen für den letzten Grand Prix vor der Sommerpause könnten kaum spannender sein: WM-Leader Sebastian Vettel führt hauchdünn vor Rivale Lewis Hamilton. Während Ferrari schwächelt, scheint Mercedes in Fahrt zu kommen.
Doch Sky Experte Marc Surer sieht trotzdem Vettels roten Boliden in Ungarn im Vorteil. Wer am Ende der Saison den Titel holen will, der darf laut Surer vor allem eins nicht: nett sein.
Skysport: Marc, der Vorsprung für Vettel auf Hamilton beträgt nur einen Punkt. Wird es in Ungarn einen Wechsel an der Spitze geben?
Marc Surer: Nein, ich glaube, dass die Strecke Ferrari entgegenkommt, deswegen rechne ich nicht mit einem Führungswechsel in der Weltmeisterschaft.
Skysport: Andererseits: Hamilton hat in Ungarn bereits fünf Mal gewonnen, bei der Jagd um die Pole Position schien Mercedes zuletzt beinahe unschlagbar. Der Trend spricht in Budapest nicht gerade für die Scuderia.
Marc Surer: Ferrari weiß, das Mercedes vor allem auf den Highspeed-Strecken stärker ist - auch dank der Motorleistung, die bei Silber besser ist. Aber der Hungaroring ist eine enge Strecke, der fast einem Stadtkurs gleicht. Hier hat Ferrari eine gute Chance.
Skysport: Warum hat Mercedes plötzlich diesen Lauf?
Marc Surer: Es ist eigentlich die normale Entwicklung bei einem Top-Team. Probleme werden analysiert und möglichst schnell behoben. Ich habe immer gesagt, dass Mercedes für mich der Maßstab in der Formel 1 ist. Zweifeln konnte man eher an Lewis Hamilton. Denn wenn Hamilton ein Problem hatte, dann hatte Valtteri Bottas keins. Es waren also keine Mercedes-Probleme, sondern Schwierigkeiten bei Lewis. Aber offensichtlich haben sie das Auto jetzt wieder mehr für ihn angepasst.
Skysport: Hatte Ferrari bei Vettels Reifenschaden in Silverstone einfach Pech - oder hätte man die Plattfußgefahr anhand der Daten erkennen können?
Marc Surer: Das ist schwer von außen zu sagen. Laut Reifenhersteller Pirelli war es ein schleichender Plattfuß. Komisch ist, dass es beide Ferrari erwischt hat. Es war immer die Stärke von Rot, dass sie die Vorderreifen auf Temperatur bekommen haben. In England war es vielleicht etwas zu viel des Guten. Das wäre zumindest eine Theorie. Die Reifen waren einfach am Limit und dann ist es schief gegangen.
Skysport: Neben Hamilton macht Vettel auch der Jungstar Verstappen immer wieder das Leben schwer. Der Belgier pfeift auf die Kritik des vierfachen Weltmeisters und sagt: "Auf der Strecke muss man auch mal ein Arschloch sein können". Hat Verstappen Recht?
Marc Surer: Nette Menschen werden nicht Weltmeister. Außer Jenson Button ist noch nie ein netter Mensch Champion geworden.
Skysport: Und Nico Rosberg?
Marc Surer: Rosberg hatte in dem Jahr, in dem er Weltmeister wurde nicht nur eine Schokoladenseite. Da hat er ein paar Mal richtig draufgehalten. Auch er hat gezeigt, dass man ein A… sein muss, wenn man am Ende ganz oben stehen will.