Formel 1: Wechsel-Auswirkungen für Ferrari, Alfa Romeo, Williams & Mick Schumacher

Personal-Rochaden in der F1: Die große Chance für Mick Schumacher?

Von Peer Kuni

Frederic Vasseur wird neuer Teamchef von Ferrari. Alfa Romeo hat auf den Abschied reagiert & Andreas Seidl verpflichtet. Zudem erklärte Jost Capito seinen Abschied von Williams. Was bedeutet diese Stühlerücken für die Formel 1?

Personelle Wechsel haben die Besetzungen der Führungsetagen bei einigen F1-Teams durcheinandergewirbelt. Davon könnte insbesondere Mick Schumacher profitieren.

Nur kurze Zeit nachdem Alfa Romeo den Abschied seines langjährigen Teamchefs und Sauber-CEOs Fred Vasseur bekanntgab, verkündete Ferrari die Verpflichtung des 54-jährigen Franzosen. Vasseur, der in Maranello die Nachfolge von Mattia Binotto im Januar antreten wird, wird auch bei der Scuderia beide Ämter in Personalunion bekleiden.

Keine zwei Stunden nach dem Vasseur-Wechsel folgte der nächste Paukenschlag: Alfa Romeo sicherte sich die Dienste des bisherigen McLaren-Teamchefs Andreas Seidl, der ab Januar neuer Sauber-CEO wird. Zeitgleich verkündete McLaren, dass der bisherige Rennleiter Andrea Stella befördert wird und zum Teamchef und somit Seidl-Nachfolger aufsteigt.

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Allerdings sind damit noch nicht alle Stellen neu besetzt. Denn Seidls erste Aufgabe wird nun sein, einen neuen Teamchef für Alfa Romeo zu finden. Bereits am Montag hatte sich zudem Williams von seinem Teamchef Jost Capito getrennt. Auch Williams ist nun auf der Suche nach einem Nachfolger an der Teamspitze.

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Image: Die F1-Teamchefs für die Saison 2023 in der Übersicht. Bei Alfa Romeo und Williams ist die Position jeweils noch vakant.

Doch der Reihe nach.

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ZUM DURCHKLICKEN: DIE VERTRAGSLAUFZEITEN DER F1-PILOTEN

Der dreifache Weltmeister Max Verstappen bleibt noch bis 2028 bei Red Bull.
Der Vertrag von Sergio Perez ist von Red Bull bis 2026 verlängert worden.
Charles Leclerc hat bei Ferrari bis mindestens 2026 verlängert.
Carlos Sainz wird nach dann vier Jahren Ferrari am Saisonende verlassen. Den Spanier zieht es zu Williams.
Der Vertrag von George Russell bei Mercedes wurde bis 2025 verlängert.
Rekordweltmeister Lewis Hamilton wird die Silberpfeile am Ende des Jahres nach dann zwölf Jahren verlassen und zu Ferrari wechseln. Sein Nachfolger bei Mercedes wird Youngster Andrea Kimi Antonelli.
Lando Norris hat gezeigt, dass er bei McLaren die Nummer eins ist. Auch aus diesem Grund hat der Rennstall den Vertrag des Briten bis mindestens 2026 verlängert.
Auch Oscar Piastri wird bei McLaren mindestens bis Ende 2026 fahren.
Esteban Ocon verlässt Alpine am Saisonende 2024. Bei seinem neuen Arbeitgeber Haas hat er einen Vertrag über mehrere Jahre unterzeichnet. Bei Alpine wird Ocon durch Jack Doohan ersetzt.
Pierre Gasly hat 2024 einen neuen mehrjährigen Vertrag bei Alpine unterschrieben.
Routinier Fernando Alonso hat bei Aston Martin eine Vertragsverlängerung bis 2026 unterschrieben.
Lance Stroll wird mindestens bis 2025 für Aston Martin an den Start gehen.
Valtteri Bottas sitzt bei Sauber die Saison 2024 im Auto.
Auch Guanyu Zhou fährt die Saison 2024 für Sauber.
Nico Hülkenberg ist aktuell der einzige deutsche Pilot in der Formel 1. Zur Saison 2025 wechselt er von Haas zu Sauber.
Auch Teamkollege Kevin Magnussen verlässt den US-Rennstall am Saisonende.
Yuki Tsunoda wird auch 2025 für die Racing Bulls fahren.
Die Zukunft von Daniel Ricciardo bei den Racing Bulls und in der Formel 1 ist noch offen.
Alexander Albon hat im Mai einen neuen mehrjährigen Vertrag bis mindestens 2026 bei Williams unterschrieben.
Logan Sargeant musste seinen Platz mitten in der Saison räumen. Ab Monza sitzt mittlerweile Youngster Franco Colapinto im zweiten Williams.

Vasseur ein Leclerc-Vertrauter

Die begehrteste Position hat mit Sicherheit nun Vasseur inne, der Ferrari als "Gipfel der Motorsportwelt" bezeichnete. Wie für jeden Fahrer ist es auch für jeden Teamverantwortlichen ein Traum für die Scuderia zu arbeiten. Die Strahlkraft des erfolgreichsten Teams der F1-Geschichte ist ungebrochen.

Aufgrund seiner Erfahrung und seines Know-hows traut Ralf Schumacher Vasseur die Ferrari-Rolle auch zu. "Fred kann da schon was bewirken mit dieser Disziplin, die er hat. Er hat selbst auch Nachwuchsteams von der Pike aus betreut", erklärte der Sky Experte. Allerdings sei Vasseur "nicht der Kandidat Nummer eins gewesen. Dennoch kam der Wechsel für ihn zur richtigen Zeit, da er auch bei Audi nicht der Wunschkandidat war", so Schumacher weiter.

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Frederic Vasseur wird neuer Teamchef von Ferrari. Sky Experte Ralf Schumacher schätzt diese neue Zusammenarbeit ein und welche Auswirkungen sie für Fahrer Charles Leclerc haben wird.

Vasseur startet in jedem Fall mit großen Erwartungen der Bosse aus Maranello. Die Italiener warten seit 2007 (Kimi Räikkönen) auf einen Fahrertitel und seit 2008 auf die Konstrukteursmeisterschaft. Seit 2014 ist Vasseur bereits der fünfte Teamchef der Roten. Seine Vorgänger Stefano Domenicali, Marco Mattiacci, Maurizio Arrivabene und Binotto scheiterten allesamt am hohen Erfolgsdruck bei Ferrari.

"Fred wird jetzt erst einmal Kredit haben und die Frage wird sein, wen er mitbringen kann. Er wird mit Sicherheit einige Vertraute von Sauber zu Ferrari mitnehmen, weil es dort ja auch einige Umstrukturierungen geben wird. Aber es wird schwer für ihn werden, sich an die neue Kultur zu gewöhnen und dem Druck standzuhalten, den es bei Ferrari geben wird. Fred traue ich das aber zu, der hat einen breiten Rücken, ist finanziell absolut unabhängig und abgebrüht mit seinen Entscheidungen", meinte Schumacher.

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Insbesondere zu Starpilot Charles Leclerc hat Vasseur ein sehr gutes Verhältnis. Bereits in den F1-Nachwuchsserien schliff Vasseur den Monegassen und war zudem 2018 Leclercs Teamchef in dessen erster F1-Saison bei Sauber. Leclerc schaffte auf Anhieb den Durchbruch und wechselte nach einem überzeugenden Debütjahr zu Ferrari. "Binotto war eher ein Fan von Carlos Sainz, den er ja auch geholt hat. Darunter hat auch Charles Leclerc ein bisschen gelitten", sagte Schumacher. Nun bekommt Leclerc einen Vertrauten als Vorgesetzten.

Für Konfliktpotenzial könnte nur das schlechte Verhältnis von Vasseur zu Leclerc-Manager Nicolas Todt sorgen. "Beide waren mal Partner in der Formel 3, haben sich dann aber zerstritten. Da darf man gespannt sein, wie die dann zusammenarbeiten werden", stellt Schumacher heraus. Letztendlich wird Vasseur allerdings nur am sportlichen Erfolg gemessen. Und da die Vizemeisterschaft in 2022 für Binotto zu wenig war, um im Amt zu bleiben, ist klar, was die große Aufgabe für Vasseur im kommenden Jahr sein wird.

Seidl-Rückkehr absehbar

Anders als der Vasseur-Wechsel zu Ferrari kam Abschied Seidls von McLaren doch unerwartet. "Bei McLaren dauert das alles noch ein bisschen, bis sie wieder vorne mitfahren werden. Die Neustrukturierungen und der Windkanal-Bau, die zwingend erforderlich sind, brauchen noch Zeit. Andreas war das vielleicht alles zu lange. Wir hatten bei McLaren zudem eine Doppelspitze mit CEO Zak Brown. Ich weiß nicht, ob das immer so gut ist. Brown ist auch sehr explosiv", analysierte Schumacher die Gründe für den Zeitpunkt des Seidl Abschieds.

Sky Experte Ralf Schumacher über Andreas Seidl als Vasseur-Nachfolger bei Alfa Romeo.

Nach Informationen von Christian Nimmervoll, Chefredakteur von Motorsport-Total.com, gab es eine Abmachung zwischen McLaren und Sauber. Diese besagte, dass Seidl zum Audi-Einstieg 2026 als Teamchef kommen würde. Seidls Vertrag bei McLaren lief passenderweise Ende 2025 aus. Doch durch den Vasseur-Abschied tat sich allerdings nun bereits eine Lücke bei Sauber auf. Daher kam die Anfrage von Sauber-Boss Finn Rausing in Richtung McLaren für eine vorzeitige Freigabe bereits jetzt. McLaren stimmte dieser zu.

Seidl klettert dadurch auf der Karriereleiter weiter nach oben. Während er bei McLaren-Teamchef war, fungiert er zukünftig nun als Sauber-CEO. Das dürfte auch finanziell einen Sprung mit sich bringen. Rein sportlich gesehen bedeutet der Wechsel zumindest kurzfristig allerdings einen Rückschritt für den 46-jährigen Deutschen. McLaren sammelte 2022 159 Punkte in der Konstrukteurswertung, Alfa Romeo nur lediglich deren 55.

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Beim Wechsel spielte mit Sicherheit auch die Vergangenheit Seidls eine Rolle. "Andreas hatte bei Porsche mit dem VW-Konzern eine sehr erfolgreiche Zeit und dass er dann irgendwann wieder zurückgeht, war fast auch klar. Das ist eine super Möglichkeit. Audi ist jetzt nicht so aufgestellt, dass man unbedingt alles deutsch haben will. Aber die Erfahrung, die Andreas aus seiner Porsche Zeit und jetzt auch als Teamchef bei McLaren mitbringt, ist richtig viel Wert. Das wird richtig gut funktionieren", ist Schumacher überzeugt.

Alfa Romeo hat 2022 zudem nach Jahren am Ende des Feldes den Sprung ins Mittelfeld geschafft, hatte ein konkurrenzfähiges Auto und zudem entwicklungsmäßig große Sprünge in der jüngeren Vergangenheit vollzogen. Mit dem Audi-Einstieg erhofft sich die Sauber-Gruppe zudem mittel- und langfristig, um Siege in der Motorsport-Königsklasse mitfahren zu können. Die Weichen mit dem Seidl-Coup worden dafür nun gestellt.

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"Bei Sauber hat man jetzt Zeit, alles bis zum Audi-Einstieg aufzubauen. Ich bin gespannt, welche Vorstellungen Andreas bei den Fahrern hat. Guanyu Zhou ist mehr oder weniger fest im Sattel, er bringt ja auch eine Menge Geld mit, was bis 2026 nicht unwichtig ist für Sauber. Valtteri Bottas hingegen ist angezählt und soll nicht unbedingt allzu lange bleiben", sagte Schumacher.

Das könnte die Chance für Mick Schumacher sein, der nach seinem Aus bei Haas 2023 kein Stammcockpit in der F1 besitzt. Bereits in der abgelaufenen Saison gab es Gerüchte um einen Wechsel Schumachers zu Alfa Romeo. Für den deutschen Markt und auch für Sponsoren wäre die Kombination aus Audi, Seidl und Schumacher mit Sicherheit attraktiv.

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Williams-Chefs zu ungeduldig mit Capito

Anders als bei Ferrari und Alfa Romeo fehlt Williams nach dem Capito-Rücktritt noch der neue starke Mann. Capito war die vergangenen zwei Jahre sowohl CEO als auch Teamchef beim englischen Traditionsrennstall. Wie es bei Williams, das 2022 mit großem Abstand den letzten Rang in der Team-WM belegte, personell weitergeht, ist noch offen. Schumacher hat jedoch eine Vorahnung und eine klare Meinung zum Capito-Aus.

Jost Capito hat am Montag seinen Abschied von Williams erklärt. Diese Entscheidung hat Sky Experte Ralf Schumacher überrascht, er wirft den Investoren Ungeduld vor.

"Die Stelle wird intern besetzt. Ich bin überrascht, dass Jost gehen musste. Ich könnte mir vorstellen, dass die Investoren da mit dem Fortschritt unzufrieden waren. Das sieht man auch daran, dass auch weitere wichtige Leute im Team mit gehen mussten, die Jost ausgesucht hat. Für Jost tut es mir leid, da waren die Chefs zu ungeduldig. Er hätte noch ein wenig mehr Zeit bekommen müssen", so der Sky Experte.

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Neustart bei Williams, Alfa Romeo und Ferrari

Die personellen Rochaden bei Williams, Alfa Romeo und Ferrari sind ein klares Zeichen, dass die drei Teams auf einen Neustart setzen. Während Williams und Ferrari vor allem sportlich noch Luft nach oben sehen, denkt insbesondere Sauber bereits an den langfristigen Erfolg. Daher fielen auch jetzt schon die konsequenten Personalentscheidungen mit Blick auf 2023 und darüber hinaus.

"Teams wie Williams und Alfa Romeo müssen irgendwann den nächsten Schritt machen. Auch Ferrari. Was bei denen nach dem starken Saisonstart passiert ist, ist ja schon fast ein bisschen peinlich gewesen", betonte auch Schumacher. Ob die Rochaden in den leitenden Positionen bei den Teams letztendlich auch den gewünschten Erfolg bringen, wird erst die Zukunft zeigen.

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