Der BVB hat sich nach dem Aus in der Champions League beim Chelsea und dem Derby-Remis mit einem 6:1-Kantersieg gegen Köln eindrucksvoll zurückgemeldet. Dabei brillierte Raphael Guerreiro erneut im zentralen Mittelfeld. Kommt es in dieser Personalie nun zu einem Sinneswandel?
Nach der bitteren letzten Woche in Liga und Königsklasse haben sich die Dortmunder gegen den Effzeh die schlechten Gedanken aus dem Kopf geschossen. Fangesänge in Richtung Meisterschaft oder die deutlich durchs Stadion hallende Aufforderung, den Bayern doch bitte "die Lederhosen auszuziehen", haben den BVB nach dem Knick schnell wieder in die Spur gebracht.
Guerreiro Top-Kandidat auf "Man of the Match"-Award
Marco Reus traf bei seinem Startelf-Comeback doppelt. Sebastien Haller, für den Trainer Edin Terzic unter der Woche noch um Geduld warb, durfte ebenfalls zweimal jubeln und seine Saisontore zwei und drei feiern. Donyell Malen spielte nach wachsender Kritik wie befreit, traf ebenfalls und steuerte eine sensationelle Vorlage zur 1:0-Führung bei.
Unter all den ausgezeichneten Dortmundern zauberte sich einer - trotz der großen Konkurrenz um den "Man of the Match"-Award - besonders in den Fokus: Raphael Guerreiro. Nachdem der Portugiese schon beim 2:2-Unentschieden im Revierderby auf Schalke der beste Spieler in Schwarz und Gelb war, überzeugte der 29-Jährige gegen den 1. FC Köln erneut in einer neuen, alten Rolle. Ein eiskalter Treffer, zwei Vorlagen mit Technik und Übersicht. Dazu eine starke Zweikampfquote von 67 Prozent und ein Laufpensum von über zwölf Kilometern.
Terzic macht es wie Tuchel
Wie schon bei Königsblau begann Guerreiro nicht auf seiner Stammposition in der linken Abwehr, sondern im Zentrum neben Jude Bellingham und Mahmoud Dahoud. Das Trio machte einen hervorragenden Job im Spielaufbau, aber auch in der Arbeit nach hinten. Viel Rotation, eine gute Koordination und Absprache der Aufgaben. Trotz der variablen Verteilung blieb keine Position unbesetzt.
Guerreiro im Zentrum: Was zunächst nach einem Experiment klingt, war in der Vergangenheit bereits sehr erfolgreich. In der ersten BVB-Saison des Portugiesen 2016/2017 wusste auch der damalige Coach Thomas Tuchel die Spielmacherqualitäten und Vielseitigkeit Guerreiros einzusetzen. Unter dem späteren PSG- und Chelsea-Trainer trumpfte der Europameister von 2016 ebenfalls im Zentrum und linken Halbfeld auf, kam auf sechs Treffer und acht Vorlagen in der Bundesliga.
Bensebaini soll Guerreiro als Linksverteidiger ersetzen
Danach etablierte sich der Portugiese - auch mangels Alternativen - unter den folgenden Dortmund-Übungsleitern auf der Position des Linksverteidigers. Dort hat Guerreiro wohl keine Zukunft bei der Borussia mehr. Nach Sky Informationen ist sich der BVB bereits mit Gladbachs Ramy Bensebaini über einen ablösefreien Wechsel im kommenden Sommer einig. Der Algerier soll die Dauerbaustelle hinten links endlich dicht machen. Der zweifelsfrei spielstarke Guerreiro offenbarte dort immer wieder defensive Defizite.
Der Vertrag des 29-Jährigen läuft im Sommer ebenfalls aus. Immer wieder betonte der Portugiese, dass er sich eine Zukunft in Dortmund vorstellen könne. Doch neben Bensebaini einen weiteren Top-Verdiener auf der Position zu halten, ist angesichts der von Sportdirektor Sebastian Kehl forcierten Gehaltseinsparungen nicht im Etat der Borussia. Nach Sky Infos hatte der BVB bis vor wenigen Wochen nicht geplant, Guerreiro ein neues Angebot zu unterbreiten.
Durch die (bislang) zwei starken Einsätze im Zentrum könnte sich die Denke der Funktionäre allerdings ändern. Im Mittelfeld will Dortmund im Sommer nachbessern. Der umworbene Bellingham, der eine dreistellige Millionensumme durch Interessenten wie Real Madrid oder dem FC Liverpool einspielen könnte, könnte den Verein verlassen. Der Abgang des am Samstag ebenfalls starken Mahmoud Dahoud ist bereits öffentlich kommuniziert. Plötzlich spielt sich Linksverteidiger Guerreiro in eine Top-Position in möglichen Gedankenspielen um eine Nachfolge-Lösung.
Terzic lobt Spielmacher Guerreiro: "Außergewöhnlich gut!"
Die erstklassigen Auftritte als Spielmacher sind Trainer Terzic nicht verborgen geblieben. Kurz und prägnant lobte der Coach das Köln-Spiel Guerreiros mit den Worten "außergewöhnlich gut". Auch Sky Experte Lothar Matthäus zeigte sich schon in der Halbzeitpause begeistert von der gesamten Rückrunde des Portugiesen: "Es kann nicht immer alles funktionieren. Aber er hat jetzt zwei Tore und sechs Vorlagen im Kalenderjahr 2023."
Starke Werte, weshalb sich der BVB nun wieder intensiv mit der Personalie Guerreiro beschäftigen muss. Entscheidend könnte dabei abermals das Budget der Dortmunder sein. Kehl peilt eine Bonus bezogene Gehaltspolitik an. Dieser müsste sich Guerreiro unterordnen. Kein leichtes Unterfangen, denn zahlreiche - zahlungskräftige - Klubs aus der Premier League sollen den ablösefreien Hochkaräter auf dem Zettel haben. In der Vergangenheit gab es zudem Gerüchte um Paris Saint-Germain und den FC Barcelona.
BVB darf sich nicht zu viel Zeit lassen
Der BVB darf mit einer Entscheidung pro Verlängerung daher nicht zu lange zögern. Einerseits wäre es umsichtig, die kommenden Spiele des oftmals in der Form schwankenden Neu-Spielmachers abzuwarten. Anderseits schläft die Konkurrenz nicht. Die bereits entschiedene Zukunft Guerreiros ist wieder völlig offen.
Als nächstes steht für die Schwarz-Gelben das "Meisterschaftsspiel" gegen den FC Bayern auf den Plan (Samstag, 1. April ab 17:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport Bundesliga und mit Sky WOW im Stream). Der Dreier gegen Köln hat die Dortmunder vorerst wieder an die Spitze - zwei Zähler vor dem FCB - katapultiert. Die Münchner könnten den Pottklub mit einem Sieg gegen Leverkusen am Sonntag allerdings wieder vom Thron stoßen.
Nach den Gala-Vorstellungen auf Schalke und gegen Köln ist Guerreiro mehr als nur ein heißer Kandidat für die Startelf. Dann kann er sich einmal mehr beweisen und eine Bewerbung auf die noch nicht gefundene Bellingham-Nachfolge abgeben. Fest steht: Ein Guerreiro in dieser Form wäre ein starker und kosteneffizienter Ersatz aus den eigenen Reihen für den Weltklasse-Achter.
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